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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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er, ziellos weiter schlendernd, nach der Hauptkirche, einem der kühnsten Bauwerke ganz Deutschlands. Ulms Münster sollte an Höhe sogar den Straßburgs übertreffen. Diesen Anspruch hat er jedoch, wie das im Leben so oft vorkommt, aufgeben müssen: die äußerste Spitze des württembergischen Bauwerkes ragt nur dreihundertsiebenunddreißig Pariser Fuß (107.78 Meter), die des Straßburger 142 Meter empor 3 .
    Da Ilia Brusch nicht zur Familie der Bergfexe gehörte, kam ihm gar nicht der Gedanke, den Münster zu besteigen, von dem aus er die ganze Stadt und weithin deren Umgebung hätte übersehen können. Wenn er es getan hätte, wäre ihm jedenfalls jener Unbekannte nachgefolgt, der ihn nicht verließ, ohne daß er etwas davon bemerkte. Er wäre von dem andern begleitet worden, wenn er nach seinem Betreten des Gotteshauses das Tabernakel bewundert hätte, das ein französischer Reisender (Duruy) mit einer Bastion mit kleinen Zellen und Verteidigungserkern verglichen hatte, oder wenn er die Chorstühle betrachtet hätte, die ein Künstler des 14. Jahrhunderts mit den Holzbildern berühmter Persönlichkeiten aus jener Zeit geschmückt hat.
    Einer hinter dem andern kamen die beiden am Rathause, einem ehrwürdigen Bau aus dem 12. Jahrhundert, vorüber und begaben sich dann wieder nach dem Strome zu.
    Ehe sie jedoch den Kai erreichten, machte Ilia Brusch einen kurzen Halt, um sich eine auf Stelzen dahermarschierende Gesellschaft anzusehen. Dieses Stelzenlaufen ist in Ulm sehr beliebt, obgleich dessen Einwohner dazu nicht gezwungen sind, wie das in der alten Universitätsstadt Tübingen der Fall ist, wo sich der feuchte und schluchtig zerrissene Erdboden kaum für Fußgänger eignet.
    Um das Schauspiel besser genießen zu können, das hier eine Gruppe lustiger junger Burschen, hübscher Dirnen und kleiner Knaben und Mädchen aufführte, hatte sich Ilia Brusch in einem Case niedergesetzt. Sofort hatte auch der Unkannte an einem Tische in der Nähe Platz genommen, und beide ließen sich jetzt ein Glas des berühmten hiesigen Bieres bringen.
    Zehn Minuten später gingen sie wieder weiter, jetzt aber in umgekehrter Ordnung. Der Unbekannte ging beschleunigten Schrittes voraus, und als Ilia Brusch, der ihm, ohne sich etwas dabei zu denken, folgte, seine Jolle erreichte, fand er den andern, der schon darin saß und nur auf ihn zu warten schien.
    Es war noch heller Tag. Ilia Brusch bemerkte schon von weitem den Eindringling, der sichs, einen gelben Ledersack zu Füßen, auf dem Hinterteil des Bootes bequem gemacht hatte.
    »Entschuldigen Sie, mein Herr, sagte er, Sie haben sich wohl geirrt?
    – Keineswegs, antwortete der Unbekannte. Gerade mit Ihnen wünschte ich zu sprechen.
    – Mit mir?
    – Mit Ihnen, Herr Ilia Brusch.
    – Und in welcher Angelegenheit?
    – Ich möchte Ihnen ein Geschäft vorschlagen.
    – Ein Geschäft? wiederholte der Fischer höchst verwundert.
    – Und sogar ein ausgezeichnetes Geschäft«, versicherte der Unbekannte, der den andern durch eine Geste aufforderte, sich niederzusetzen.
    Das war ja eine etwas merkwürdige Einladung, denn es ist doch nicht Sitte, dem, der einen bei sich empfängt, einen Sitz anzubieten. Dieser Fremde sprach aber so entschieden und mit so ruhiger Sicherheit, daß Ilia Brusch sich unwillkürlich fügen mußte. Ohne ein Wort zu erwidern, folgte er der ziemlich unpassenden Aufforderung.
    »Wie alle andern, begann jetzt der Unbekannte, kenne auch ich Ihren Plan und weiß also, daß Sie, ausschließlich von dem Ertrag des Fischfanges lebend, die ganze Donau hinunterfahren wollen. Auch ich bin ein leidenschaftlicher Liebhaber des Angelns und wünschte deshalb lebhaft, mich an Ihrem Unternehmen zu beteiligen.
    – In welcher Weise denn?
    – Das werd’ ich Ihnen gleich sagen. Vorher erlauben Sie mir jedoch eine Frage. Wie hoch schätzen Sie den Wert der Fische, die Sie im Laufe Ihrer Fahrt voraussichtlich fangen werden?
    – Das heißt wohl, wieviel sie mir einbringen werden?
    – Jawohl. Ich höre, daß Sie davon zu verkaufen gedenken, was Sie nicht zum persönlichen Unterhalt verbrauchen.
    – Nun, etwa auf hundert Gulden.
    – Ich biete Ihnen dafür fünfhundert.
    – Fünfhundert Gulden! wiederholte Ilia Brusch ganz bestürzt.
    – Ja, fünfhundert Gulden, die ich Ihnen vorweg bar bezahle.«
    Ilia Brusch sah sich den Mann, der ihm das anbot, jetzt genauer an, und sein Blick mußte sehr sprechend gewesen sein, denn der andre ging gleich auf den Gedanken ein, den der Fischer

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