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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Gläser guten Weines und die Schoppen vortrefflichen Bieres, die man ihn ersuchte, in den Gastwirtschaften am Ufer anzunehmen. Seine Verehrer mußten auf seine Gesellschaft verzichten und sich von ihrem Helden trennen, den sie jedoch am nächsten Tage bei seiner Abfahrt noch einmal zu begrüßen versprachen.
    Am nächsten Morgen fanden sie die Jolle aber nicht mehr. Ilia Brusch war schon mit dem ersten Tagesgrauen aufgebrochen, und die Einsamkeit der frühen Morgenstunde benützend, ruderte er eifrig, wobei er sich immer gleichweit von beiden Stromufern zu halten suchte. Von der schnellen Strömung unterstützt, passierte er um fünf Uhr früh Sigmaringen, nur einige Meter entfernt vom »Treffpunkt der Fischer«. Jedenfalls hätte sich etwas später ein oder das andre Bundesmitglied über den Balkon des Gasthauses hinausgebeugt um den ankommenden berühmten Kollegen zu erspähen…. Freilich vergebens. Der Fischer war, wenn dieselbe Geschwindigkeit seiner Fahrt andauerte, dann schon weit von hier fort.
    Einige Kilometer von Sigmaringen ließ Ilia Brusch den ersten Zufluß der Donau, eigentlich einen Bach, den Bauchart, hinter sich, der sich vom linken Ufer in den Strom ergießt.
    Da Ilia Brusch sich die verhältnismäßig große Entfernung zwischen den volkreichen Orten in diesem Teile des Stromlaufes zunutze machen konnte, trieb er sein Bot im Laufe des Tages mit allen Kräften weiter und angelte nur, soweit ihm das unumgänglich nötig erschien. Da er nur die für den eignen Bedarf hinreichende Menge Fische erbeutet hatte, ankerte er auf freier Strecke etwas oberhalb des Städtchens Mundelfingen, dessen Bewohner ihn gewiß nicht so in ihrer Nähe vermuteten.
    Dem zweiten Tage der Fahrt schloß sich der dritte mit ganz gleichem Verlaufe an. Ilia Brusch fuhr schon vor Sonnenaufgang schnell an Mundelfingen vorbei, und es war auch noch früh am Tage, als er an dem großen Flecken Ehingen vorüberkam. Um vier Uhr passierte er die Illermündung am rechten Ufer, und es hatte kaum fünf geschlagen, als er sein Boot am Kai von Ulm, nach der Hauptstadt Stuttgart die wichtigste Stadt Württembergs, an einem Eisenringe angelegt hatte 2 .
    Die Ankunft des berühmten Preisträgers war nicht angemeldet worden. Man erwartete diesen erst in den Abendstunden des nächsten Tages. Hier fehlte es also an dem gewohnten Gedränge, und sehr erfreut darüber beschloß Ilia Brusch, den Rest des Tages zu einem flüchtigen Besuch der Stadt zu benutzen.
    Wenn man sagte, daß der Kai völlig verlassen gewesen sei, so wäre das nicht ganz richtig. Hier wanderte wenigstens ein Mann auf und ab, und alles deutete darauf hin, daß dieser Wandrer Ilia Brusch erwartete, denn er war der Jolle von dem Augenblick ihres Auftauchens an längs des Ufers gefolgt. Aller Wahrscheinlichkeit nach entging der Preisträger des Donaubundes also auch hier nicht der gewohnten Huldigung.
    Als die Jolle aber am Kai festgelegt war, hatte sich der einsame Wandrer ihr nicht weiter genähert, sondern schien sie aus einiger Entfernung, und bemüht, selbst nicht gesehen zu werden, zu beobachten. Es war ein mittelgroßer, unfreundlich aussehender Mann mit lebhaften Augen, obwohl er gewiß schon über vierzig zählte. Er trug eine Kleidung nach ungarischer Mode und hielt einen ledernen Reisesack in der Hand.
    Ohne ihm eine weitere Aufmerksamkeit zu widmen, legte Ilia Brusch sein Fahrzeug fest an, schloß die Tür eines kleinen Aufbaues auf diesem, überzeugte sich, daß alle Kastendeckel durch feste Vorlegeschlösser gesichert waren, und sprang dann ans Land, um in der nächsten Straße der Stadt zu verschwinden.
    Der andre war ihm aber auf dem Fuße gefolgt, nachdem er den von ihm getragenen Ledersack in der Jolle niedergelegt hatte.
    Von der Donau durchflossen, gehört Ulm auf der linken Seite zu Württemberg, auf der rechten dagegen zu Bayern, ist aber auf beiden Seiten eine rein deutsche Stadt Ilia Brusch ging durch die alten Straßen mit alten, mit kleinen Türen versehenen Läden hin, welche die Kunden kaum je betreten, da die Einkäufe meist gleich in und durch die Schaufenster hindurch abgeschlossen werden. Bei stärkerem Winde gibt es da einen Heidenlärm von altem Eisen, da schwanken und knarren an ihren Armen die schweren Firmenschilder in Gestalt von Bären, Hirschen, Kreuzen und Kronen bunt durcheinander.
    Als Ilia Brusch die alte Stadtmauer erreicht hatte, spazierte er durch das Quartier, wo Fleischer, Kuttler und Lohgerber ihre Trockenböden haben, und dann kam

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