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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hatten jene Verkleidung und das Vorhandensein des Bildes einen ganz harmlosen Grund.
    Bei seinem jetzigen Gedankengange fühlte sich Karl Dragoch mehr zum Mitleid geneigt. Deshalb hatte ihn auch tief das naive Geständnis Serge Ladkos ergriffen, das dieser unter Umständen ablegte, die es entschuldigt hätten, wenn er auch seinem besten Freunde mißtraute.
     

    Der befragte Schenkwirt hatte von dem Unbelaunten eine Beschreibung geliefert. (S. 216.)
     
    War es nun so unmöglich, diese Empfindung von Mitgefühl mit seinen Amtspflichten soweit in Übereinstimmung zu setzen, daß er sogar wieder in der Jolle Platz nahm? Wenn Ilia Brusch wirklich Ladko hieß, und dieser Ladko war ein anerkannter Verbrecher, würde Karl Dragoch, indem er sich ihm anschloß, dessen Mitschuldige auf falsche Spuren verleiten. Wenn er aber unschuldig war, würde er ihm vielleicht trotzdem den wirklichen Schuldigen zuführen, von dem man seit dem Vorfalle in Szalka wenigstens schon eine Art Schattenbild besaß.
    Diese etwas gewagten Schlußfolgerungen entbehrten doch nicht gänzlich der Logik. Das elende Aussehen Serge Ladkos, der übermenschliche Mut, den er bei seiner so phantastischen Entweichung an den Tag gelegt hatte, vor allem aber auch die Erinnerung an den Dienst, den er ihm früher mit so heroischer Einfachheit geleistet hatte, taten noch das übrige. Karl Dragoch verdankte sein Leben dem Unglücklichen, der keuchend, mit blutigen Händen und im Gesicht von Schweiß überrieselt vor ihm stand. Sollte er ihn als Dank in die Semliner Hölle zurücksenden? Nein, das brachte der Detektiv nicht übers Herz.
    »Kommt, kommt!« sagte er nur auf den freudigen Ausruf des Flüchtlings, den er mit sich zum Strome hinzog. –
    In den letztverflossenen acht Tagen waren zwischen den beiden Männern nur wenige Worte gewechselt worden. Serge Ladko schwieg ja gewöhnlich still und nahm alle seine Kräfte zusammen, die Schnelligkeit des Bootes zu vergrößern.
    In abgebrochnen Sätzen, die ihm schon mehr abgerungen werden mußten, schilderte er seine unerklärlichen Abenteuer von der Mündung der Ipoly an. Er berichtete von der langen Hast im Semliner Gefängnis, die er nach einer noch unerklärlicheren Einsperrung an Bord eines ihm unbekannten Schiffes erlitten hatte. Diejenigen sprachen also nicht die Wahrheit, die ihn zwischen Budapest und Semlin gesehen haben wollten, da er auf dieser Strecke ja mit gefesselten Händen und Füßen auf einer Schute eingeschlossen gewesen war.
    Auf diese Mitteilungen hin, veränderte sich die ursprüngliche Anschauung Karl Dragochs mehr und mehr. Wider seinen Willen konstruierte er sich doch einen Zusammenhang zwischen dem Überfall, dessen Opfer Ilia Brusch geworden war, und dem Auftreten eines Doppelgängers in Szalka. Ohne Zweifel war der Fischer irgend jemand im Wege und der Verfolgung eines unbekannten Feindes preisgegeben, dessen Personbeschreibung mit der des wirklichen Verbrechers übereinzustimmen schien.
    So näherte sich Karl Dragoch also der Wahrheit. Außerstande, seine Schlußfolgerungen zu kontrollieren, fühlte er wenigstens, daß der von ihm früher gehegte Verdacht sich mehr und mehr verflüchtigte.
    Nichtsdestoweniger dachte er keinen Augenblick daran, die Jolle zu verlassen, um zurückzukehren und seine Nachforschungen, neuen Spuren folgend, wieder aufzunehmen. Sein Spürsinn als Polizist sagte ihm, daß die jetzige Spur eine gute wäre, und daß der wahrscheinlich schuldlose Fischer doch in irgendwelcher Weise mit der Geschichte der Räuberbande von der Donau verknüpft sei. Längs des obern Flußlaufes herrschte übrigens vollkommne Ruhe, und die nacheinander verübten Schandtaten lieferten den Beweis, daß auch ihre Urheber auf dem Strome, mindestens bis Semlin, hinuntergefahren waren. Da sprach also sehr vieles dafür, daß sie während der Hast Ilia Bruschs ihre Fahrt stromabwärts fortgesetzt haben dürften.
    Hiermit täuschte sich Karl Dragoch nicht. Iwan Striga war bei der Abfahrt von Semlin, mit zwölf Tagen Vorsprung gegenüber der Jolle, auf der Weiterfahrt zum Schwarzen Meere begriffen. Diese zwölf Tage Vorsprung verlor er aber nach und nach die Entfernung zwischen den beiden Fahrzeugen verminderte sich mehr und mehr, und Tag für Tag, Stunde für Stunde, Minute für Minute näherte sich die von Serge Ladko mit allem Kraftaufwand angetriebne Jolle unerbittlich der vorausfahrenden Schute.
    Serge Ladko hatte freilich nur ein Ziel: Rustschuk, nur einen Gedanken: Natscha. Wenn er die

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