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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Zeit, in der Ilia Brusch festgesessen hatte, eine Zeit, die die Donaubanditen gewiß gut genug ausgenutzt hatten, so ergab es sich, daß die Schnelligkeit der Schute nur halb so groß wie die der Jolle war. Es erschien also nicht unmöglich, sie auf der Fahrt noch einzuholen.
    Beide fuhren nun auf der Stelle ab, und in den ersten Morgenstunden des 6. Oktobers wurde die bulgarische Grenze überschritten. Von hier aus hielt sich Serge Ladko, der bisher immer nahe dem rechten Ufer geblieben war, im Gegenteil so nahe wie möglich dem rumänischen Ufer, obwohl von Lom-Palanka aus eine Reihenfolge acht bis zehn Kilometer breiter Sümpfe die Annäherung an dieses verzögern und das Anlegen daran unmöglich machen mußte.
    So sehr er aber auch in seine Gedanken versunken war, war ihm der Strom selbst, sobald sie die bulgarischen Gewässer erreicht hatten, doch recht verdachterweckend erschienen. Darauf glitten eine Menge Dampfschaluppen, Flußtorpedos und selbst Kanonenboote mit der ottomanischen Flagge hin. In Voraussicht des Krieges mit Rußland, der nach weniger als einem Jahre ausbrechen sollte, begann die Türkei schon einen Wachdienst auf der Donau, die sie mit einer wirklichen Flottille bevölkerte.
    Bei der überall drohenden Gefahr zog es der Pilot vor, sich fern von den türkischen Schiffen zu halten, müßte er deshalb auch den rumänischen Behörden in die Hände laufen, denn er hoffte, denen gegenüber werde ihn Jäger ebenso wie vorher in Orsowa beschützen können.
    Die Gelegenheit, eine neue Probe von dem Einflusse seines Passagiers zu erleben, blieb jedoch aus; kein Zwischenfall unterbrach diesen letzten Teil der Fahrt, und am 10. Oktober Nachmittag gegen vier Uhr gelangte die Jolle endlich auf die Höhe von Rustschuk, das man am andern Ufer deutlich sehen konnte. Der Pilot steuerte da in die Mitte des Stromes, stellte zum ersten Male die Handhabung seiner Riemen ein und ließ den kleinen Anker auf den Grund sinken.
    »Was bedeutet denn das? fragte Karl Dragoch verwundert.
    – Ich bin an meinem Ziele, antwortete Serge Ladko trocken.
    – Am Ziele?… Wir sind aber doch noch nicht am Schwarzen Meere?
    – Ja, ich habe Sie getäuscht, Herr Jäger, gestand Serge Ladko ohne Umschweif. Ich habe nie die Absicht gehabt, bis zum Schwarzen Meer hinunterzufahren.
    – Bah! entschlüpfte es dem Detektiv, der etwas aufmerksamer wurde.
    – Nein, ich bin mit der Absicht abgefahren, in Rustschuk, wo wir jetzt sind, Halt zu machen.
    – Wo liegt denn Rustschuk?
    – Da drüben, erklärte der Pilot, der mit der Hand nach den entfernten Häusern der Stadt hinwies.
    – Warum fahren wir dann nicht vollends dahin?
    – Weil ich dazu die Nacht abwarten muß. Man spürt mir nach und verfolgt mich. Am Tage laufe ich Gefahr, nach den ersten Schritten dort verhaftet zu werden.«
    Die Sache wurde interessant. Sollte der ursprünglich von Karl Dragoch gehegte Verdacht also doch begründet sein?
    »Wie in Semlin? murmelte er halblaut.
    – Ja, wie in Semlin, bestätigte Serge Ladko höchst gelassen, doch nicht aus denselben Gründen: Ich bin ein ehrlicher Mann, Herr Jäger.
    – Das bezweifle ich nicht, Herr Brusch, obgleich es nur selten achtbare Gründe sind, weswegen man eine Verhaftung zu befürchten hat.
    – Die meinigen sind von dieser Art, Herr Jäger, versicherte Serge Ladko kühl. Erlauben Sie mir, sie nicht darzulegen. Ich habe mir geschworen, sie für mich zu behalten; diesen Eid verletze ich nicht.«
    Karl Dragoch billigte das durch eine Geste, die die vollkommenste Gleichgültigkeit ausdrückte. Der Pilot fuhr fort:
    »Ich begreife, Herr Jäger, daß Sie nicht wünschen, in meine Angelegenheiten eingemengt zu werden. Wenn Sie wollen, setze ich Sie auf rumänischem Boden ab. Sie entgehen damit allen Gefahren, denen ich ausgesetzt sein kann.
    – Wie lange denken Sie in Rustschuk zu bleiben? fragte Karl Dragoch, ohne auf jene Worte unmittelbar einzugehen.
    – Das weiß ich nicht, sagte Serge Ladko. Gestalten sich die Dinge hier für mich günstig, so werd’ ich vor Tage auf der Jolle zurück sein, dann aber nicht allein. Andernfalls weiß ich noch nicht, was ich tun werde.
    – Ich gehe mit Ihnen jedenfalls bis ans Ende, erklärte Karl Dragoch ohne Zögern.
    – Wie’s Ihnen beliebt!« beendete Serge Ladko das Gespräch ohne jede andre Bemerkung.
    Mit anbrechender Nacht ergriff er wieder die Riemen und näherte sich dem bulgarischen Ufer. Als er stromabwärts von den letzten Häusern der Stadt landete, war es ganz

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