Der Pirat und die Dirne: Erotischer Roman (German Edition)
plötzlich aus. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah … oh Gott … wenn ihr nicht gewesen wärt, dann wäre ich jetzt …“
Sie schlug die Hände vor das Gesicht und begann erneut zu schluchzen. „Was soll ich nur tun, Emilia?“
„Nimm dir eine Nacht für dich. Morgen sieht die Welt wieder anders aus.“
„Nein. Sie sieht immer gleich aus. Morgen werden sie wieder kommen. Und übermorgen … die Gesetze ändern sich ständig, aber das hält die Freier nicht davon ab, uns aufzusuchen. Gott, so habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt.“
„Ich weiß. Aber du hattest keine andere Wahl – genauso wenig wie ich. Dabei geht es uns gut bei Lara. Wir besitzen schöne Betten und bekommen jeden Tag warme Mahlzeiten. Das wäre ohne unsere Freier nicht bezahlbar. Das Bordell ist unser Zuhause. Denk an die Mädchen, die auf der Straße anschaffen gehen müssen. Denen geht es schlechter als uns.“
„Ach, wie gern würde ich ein bürgerliches Leben führen.“
Emilia seufzte. Sie konnte Rose nur zu gut verstehen. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte sie noch von einem Märchenprinzen geträumt, der sie aus der Armut rettete, sie heiß und innig liebte und ihr jeden Wunsch von den Augen ablas.
„Ich wünschte, ich wäre so stark wie du, Emilia.“
„Ich habe früh gelernt, auf mich selbst aufzupassen. Genau genommen wurde ich in dieses Gewerbe hineingeboren. Das hat mich abgehärtet. Meine Mutter war eine Kurtisane. Nach dem Tod meines Vaters war sie gezwungen, ihre Liebe zu verkaufen.“
„Du hast mir nie von deiner Vergangenheit erzählt.“
„Ich spreche auch nicht gern darüber. Mama hatte viele Liebhaber. Die Männer kamen und gingen, sie nahmen sie und warfen sie weg. Aber ihre Dienste wurden stets gut entlohnt. Um mich zu schützen, zog sie mich wie einen Jungen groß und nannte mich Emil.“
Ein Lächeln trat auf Roses Lippen. „Du als Junge?“
Emilia nickte. „Das war das Beste, was sie machen konnte. Die Kerle interessierten sich nicht für mich. Und ich schloss mich einer Jungenbande an, lernte zu stehlen und schlug mich Jahre später, nach dem Tod meiner Mutter, allein durch. Manchmal träume ich sogar noch von diesen Zeiten.“
„Du bist eine Abenteurerin. Wurdest du nie erwischt?“
„Doch. Öfter, als mir lieb war. Aber nun sind diese Zeiten vorbei.“ Ihre Worte klangen wehmütig. Für jedes Delikt, das sie begangen hatte, war sie schwer bestraft worden. Auch wenn sie keine körperlichen Narben zurückbehalten hatte, so brannten die seelischen Verletzungen noch heute und hielten sie davon ab, erneut diesen Weg einzuschlagen. „Leg dich schlafen, Rose. Morgen reden wir noch einmal über deine Pläne. Aber viele Alternativen bleiben dir nicht.“
Der Rotschopf nickte betrübt. „Wir sind Gefangene.“
„Das siehst du falsch. Als ich mich das erste Mal verkaufte, verspürte ich nur Abscheu. Doch ich erkannte auch, dass ich Macht habe, denn ich besitze etwas, dass sie wollen. Du solltest dir deine Kundschaft sorgsamer aussuchen.“
Es klopfte an der Tür. „Hier ist ein Herr für Rose“, erklang kurz darauf die Stimme von Kitty, einer jungen Dirne, die erst seit wenigen Wochen im Freudenhaus arbeitete.
„Ach herrje, das hatte ich völlig vergessen. Er kam am Nachmittag zu mir und bat um ein Treffen für heute Nacht.“
„Du erwartest heute noch jemanden?“ Emilia hob erstaunt eine Augenbraue.
„Sag ihm, dass ich gleich komme“, rief Rose in Richtung Tür.
„Gut, Schätzchen. Ich richte es ihm aus. Aber lass ihn nicht zu lange warten, ist ja ein echtes Schnuckelchen. Du findest ihn unten an der Theke.“ Kittys schlurfende Schritte entfernten sich.
Emilia sah Rose an und schüttelte eindringlich den Kopf.
„Ich weiß, was du denkst. Aber ich kann ihn schwerlich fortschicken, Emilia. Er kommt nicht aus London.“ Rose seufzte und erhob sich. „Du hast es doch gerade selbst gesagt, Emilia, wir haben keine andere Wahl.“ Ihr schlanker Körper, der trotz ihrer ausgeprägten Brüste zierlich wirkte, sah in diesem Moment noch zerbrechlicher aus als sonst. Mit hängenden Schultern trat sie vor einen zerbrochenen Spiegel, den ihr einst ein zufriedener Kunde geschenkt hatte. Nur ein paar Scherben hingen noch im Rahmen. Doch diese genügten, damit Rose ihre blasse Erscheinung sehen konnte.
Sie griff nach dem Puder, der auf ihrem Tisch neben dem Spiegel stand und machte sich frisch, richtete ihre Haare, zog ihr Kleid über und zupfte die rote Schleife an ihrer Schulter
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