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Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Schatten spendete; kritisch beobachtete er die täglichen Routinearbeiten des Schiffsdienstes. Eben erklangen vom Vorschiff her acht Glasen, und er hörte, wie Herrick und Mudge ihr Mittagsbesteck verglichen, während Soames, der Wachoffizier, ruhelos am Niedergang herumstrich und auf seine Ablösung wartete.
    Zuzusehen, wie langsam und müde die Männer auf den Decksgängen und dem Geschützdeck umherschlichen, war anstrengend genug. Vierunddreißig Tage waren vergangen, seit die Nervion auf dem Riff zerschellt war, und fast zwei Monate, seit sie in Spithead Anker gelichtet hatten. Die ganze Zeit hatten sie hart arbeiten müssen; seit dem Tage, an dem das spanische Schiff gesunken war, herrschte an Bord eine so gespannte und drückende Atmosphäre, daß es kaum zu ertragen war.
    Am schlimmsten waren die letzten Tage gewesen. Vorher hatte die Mannschaft bei der Äquatortaufe und den damit verbundenen althergebrachten Bräuchen einigen Spaß gehabt.
    Bolitho hatte eine Extraration Rum ausgeben lassen, und eine Zeitlang hatte sich die Abwechslung ganz segensreich ausgewirkt. Die Neuen hatten die Äquatorüberquerung als eine Prüfung angesehen, die sie nun bestanden hatten. Die Befahrenen kamen sich noch befahrener vor und erzählten allerlei wahre oder erlogene Geschichten von früheren Reisen in diesen Gewässern. Ein Mann hatte sich als Fiedler entpuppt und nach kurzem, verlegenem Vorspiel mit seiner Musik ein bißchen Fröhlichkeit in das tägliche Einerlei gebracht.
    Aber dann starben dicht nacheinander die letzten schwerverletzten Spanier, und das drückte stark auf die allgemeine Stimmung. Whitmarsh hatte getan, was er konnte, hatte mehrere Amputationen ausgeführt, und bei den Schmerzensschreien der Unglücklichen schwand Bolithos kurze Befriedigung darüber, daß es ihm gelungen war, seine Mannschaft zusammenzuschweißen. Der Todeskampf des letzten Spaniers hatte tagelang gedauert. Beinahe einen Monat hatte er sich quälen müssen, schluchzend und stöhnend, oder auch friedl ich schlafend, während Whitmarsh stundenlang bei ihm wachte. Es war, ais wolle der Arzt seine Kräfte erproben, als erwarte er, daß wieder etwas in ihm zerbräche. Die letzten Opfer unter seinen Patienten waren jene gewesen, die von den Haien besonders schlimm zerfleischt worden waren oder so schwere Brüche und Quetschungen erlitten hatten, daß auch eine Amputation sie nicht mehr retten konnte. Wundbrand hatte bei ihnen eingesetzt, und durch das ganze Schiff zog ein so furchtbarer Gestank, daß selbst die Mitleidigsten für einen baldigen Tod der Ärmsten beteten.
    Unterhalb des Achterdecks wurde eben die Nachmittagswache gemustert, während Leutnant Davy achtern darauf wartete, daß Soames seinen Bericht im Logbuch unterzeichnete. Selbst Davy sah erschöpft und leicht schmuddelig aus, sein gutgeschnittenes Gesicht war in den langen Dienststunden so tief gebräunt, daß er einem Spanier glich.
    Alle mieden Bolithos Blick. Als ob sie Angst vor ihm hätten oder ihre ganze Energie brauchten, um auch nur einen weiteren Tag hinter sich zu bringen.
    »Wache achtern angetreten«, meldete Davy.
    Soames funkelte ihn böse an. »Bißchen spät, Mr. Davy.«
    Aber Davy warf ihm nur einen angewiderten Blick zu und wandte sich an den Steuermannsmaaten. »Rudergasten ablösen!«
    Wütend stapfte Soames zum Niedergang und verschwand unter Deck.
    Bolitho preßte die Hände hinterm Rücken zusammen und machte ein paar Schritte vom Mast weg. Das einzig Gute war der Wind. Tags zuvor, als sie beim Kreuzen auf Ostkurs gegangen waren und der Ausguck weit querab Land in Sicht gemeldet hatte, machte sich der Westpassat bemerkbar. Bolitho beschattete die Augen mit der Hand, blickte nach oben und sah, wie der Wind ungeduldig und kraftvoll in jedes Segel drückte und die Großrah unter dem Druck vibrierte wie eine gigantische Armbrust. Dieser verschwommene Fleck Land war Cap Agulhas gewesen, die südlichste Spitze des afrikanischen Kontinents. Nun dehnte sich vor dem Wirrwarr der Wanten und Schoten die blaue Leere des Indischen Ozeans; und ebenso wie viele seiner neuen Matrosen stolz darauf waren, daß sie den Äquator überquert hatten, konnte er sich mit einigem Stolz vor Augen halten, was sie alle zusammen geleistet hatten, um überhaupt so weit zu kommen. Seiner Vorausberechnung nach hatte das Kap der Guten Hoffnung etwa die Hälfte ihres Weges bezeichnen sollen, und bis jetzt schien seine Rechnung zu stimmen. Meile um Meile, einen sonnendurchglühten Tag

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