Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
zurückkehren und weitere Befehle abwarten.« Er wandte sich wieder dem Spanier zu. Der saß zusammengesunken da; sein kantiges Gesicht war aufs Äußerste gespannt, die Brust hob und senkte sich wie nach schwerem Kampf. Mit dumpfer Stimme erwiderte er: »Schon in Santa Cruz wußte ich sofort, Sie sind ein Mann, der nicht nur redet, sondern auch denkt.« Er schüttelte abwehrend den Kopf.
    »Lassen Sie mich zu Ende sprechen. Dieser Kapitän der Brigantine und sein Hintermann – wer es auch immer sein mag, der meine Landsleute in einen so schrecklichen Tod gejagt hat -, die wollen, daß Sie umkehren!«
    Fasziniert vo n der Kühnheit seines Denkens blickte Bolitho ihn an und wandte dann den Kopf ab. »Wenn Sie nicht hier säßen, Senor, dann hätte ich auch keine andere Wahl.«
    »Sehr richtig, Capitan.« Puigserver sah Bolitho über den Becherrand hinweg prüfend an; im Licht der Deckenlampe glänzten seine Augen wie brauner Bernstein.
    Bolitho fuhr fort: »Bis ich wieder in England bin, bis man dort neue Pläne macht und sich über sie geeinigt hat, könnten in Ostindien oder anderswo Dinge geschehen, die wir nicht mehr beeinflussen können.«
    »Geben Sie mir die Hand, Capitan!« Puigserver beugte sich vor, sein Atem ging schärfer. »In ein paar Minuten werde ich schlafen. Es war ein scheußlicher Tag für uns, aber für viele andere noch weit schlimmer.«
    Bolitho nahm die ausgestreckte Hand; Puigservers offenbare Aufrichtigkeit beeindruckte ihn mächtig.
    »Wieviel Mann sind auf diesem Schiff?« fragte der Spanier. Bolitho dachte an das Gesindel, das in Spithead an Bord gekommen war: zerlumptes Volk aus den Gefängnishulken, flüchtige Verbrecher aus London; der Geschützführer mit nur einer Hand. Alle diese Männer. »Es läßt sich etwas aus ihnen machen, Senor«, antwortete er. »Alles in allem zweihundert, einschließlich der Marineinfanterie.« Er lächelte, um die Spannung etwas aufzulockern. »Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich auch Ihre Überlebenden anmustern, ja?«
    Puigserver schien das nicht zu hören. Aber sein Händedruck war wie Eisen. »Zweihundert, eh?« Er nickte grimmig.
    »Genügt.«
    Bolitho sah ihn scharf an. »Wir machen also weiter, Senor?«
    »Sie sind jetzt mein Capitan. Was sagen Sie dazu?« Bolitho lächelte. »Das wissen Sie schon, Senor.«
    Puigserver seufzte erleichtert auf. »Wenn Sie diesen Narren Raymond zu mir schicken und Ihren Schreiber, dann werde ich mein Siegel unter diese neue Aktion setzen.« Seine Stimme wurde härter. »Heute habe ich gesehen und gehört, wie viele Männer in Angst und Schrecken umkamen. Wer auch hinter dieser Gemeinheit steht, ich werde mit ihm abrechnen. Und dann, Capitan, wird es eine Rechnung sein, an die unsere Feinde lange denken werden.«
    Es klopfte – Midshipman Armitage erschien im Türrahmen, von der Deckenlampe draußen auf dem Gang wie ein Schattenriß angeleuchtet.
    »Empfehlung von Mr. Herrick, Sir. Auffrischender Wind aus Nordest.« Wie ein Schüler, der dem Lehrer seine Lektion aufgesagt hat, stand er da.
    »Ich komme gleich an Deck.« Bolitho mußte plötzlich an Mudge denken, der besseren Wind prophezeit hatte. Er würde bei Herrick an Deck sein und auf Befehle für die Nacht warten. Das und noch mehr hörte er aus Armitages Meldung heraus.
    Was jetzt beschlossen wurde, entschied das Schicksal des Schiffes und jedes Mannes an Bord. Bolitho blickte Puigserver noch einmal an. »Es steht also fest, Senor!«.
    »Ja, Capitan.« Der Spanier wurde immer schläfriger. »Sie können mich jetzt ruhig allein lassen. Aber schicken Sie mir Raymond, ehe ich schnarche wie ein betrunkener Ziegenhirt.«
    Bolitho trat hinter dem Midshipman aus der Kajüte und sah, wie ungeschickt der Wachtposten an der Tür seine Muskete hielt. Wahrscheinlich hatte er gelauscht; bis zur Nacht würde das ganze Schiff Bescheid wissen: das war eine Reise, die nicht nur die Macht der britischen Flotte demonstrieren sollte, sondern eine, bei der mit wirklicher Gefahr zu rechnen war. Er lächelte grimmig, als er die Treppe zum Achterdeck hinaufstieg. Vielleicht würden sie in nächster Zeit nicht mehr so über das häufige Exerzieren an den Geschützen schimpfen.
    Herrick und Mudge standen beim Ruder; der Steuermann hielt eine Blendlaterne über seine Schiefertafel, auf welcher er Berechnungen in überraschend sauberer Schrift gemacht hatte.
    Bolitho ging auf die Luvseite, blickte prüfend zu den vollen Segeln auf und horchte auf die Bugwelle, die weiß schäumend

Weitere Kostenlose Bücher