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Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wollen...«
    Ein Matrose kam aus der Kombüse und verschwand in einem Niedergang; er trug Pütz und Schrubber.
    »Der Schiffsarzt hat sich schon wieder übergeben«, sagte Herrick müde. »Der Mann da soll vermutlich seine Kajüte klarieren.«
    »Betrunken, natürlich?«
    »Sieht so aus. Aber er hat eben wenig zu tun, Sir; unsere Leute sind bemerkenswert gesund.«
    »Ist auch besser so.« Unvernünftigerweise wurde Bolitho jetzt gereizt. »Was, in drei Teufels Namen, soll ich bloß mit Whitmarsh machen?«
    »Es geht ihm eine Menge im Kopf herum, Sir.«
    »Anderen Leuten auch.«
    Herrick bemühte sich, gelassen zu sprechen. »Er hat zusehen müssen, wie sein jüngerer Bruder wegen eines Verbrechens gehängt wurde, das er, wie sich später herausstellte, nicht begangen hatte. Und selbst we nn er schuldig gewesen wäre, dann wäre es immer noch ein furchtbares Erlebnis gewesen.«
    Bolitho stieß sich von der Reling ab und fuhr herum. »Wie haben Sie denn das erfahren?«
    »In Madras. Er kam betrunken an Bord, und ich war ein bißchen grob mit ihm. Da brüllte er mir die Geschichte ins Gesicht. Es macht ihn kaputt.«
    »Ich danke Ihnen, daß Sie es mir erzählt haben – wenn auch ein bißchen spät.«
    Herrick wich nicht zurück. »Sie waren sehr beschäftigt, Sir. Ich wollte Sie nicht belästigen.«
    Bolitho seufzte. »Verstehe schon. Aber in Zukunft möchte ich solche Dinge sofort hören. Die meisten Schiffsärzte sind bloße Schlächter. Whitmarsh ist etwas Besseres. Aber ein ständig betrunkener Arzt ist eine Gefahr für jeden an Bord. Die Sache mit seinem Bruder tut mir leid; ich kann seine Gefühle verstehen.« Er blickte Herrick ruhig ins Gesicht. »Wir müssen sehen, was wir tun können, damit er wieder einigermaßen in Ordnung kommt, ob es ihm nun paßt oder nicht.«
    Herrick nickte ernsthaft. »Ganz meine Meinung, Sir. Der Patient kann seine Krankheit selbst am wenigsten beurteilen.« Er unterdrückte ein Grinsen. »Wenn Sie verstehen, was ich meine, Sir.«
    Bolitho schlug ihm auf die Schulter. »Bei Gott, Thomas, Sie gehen wirklich zu weit. Es wundert mich gar nicht, daß Ihr Vater Sie zur See geschickt hat.« Damit ging er das schrägliegende Deck hinauf nach Luv und überließ es Herrick, die Wache zu kontrollieren.
    Also wußten alle Bescheid. Bolitho strich über die Uhrtasche seiner Hose. Was hätte Herrick erst gesagt, wenn er die Gravur auf der Innenseite des Deckels hätte lesen können?
    »Wir gehen gleich über Stag, Mr. Herrick.« Bolitho trat zum Kompaß und blickte über Mudges Schulter. »Kurs Nordnordost.«
    Herrick faßte an den Hut. »Aye, aye, Sir«, sagte er, ebenso dienstlich wie sein Captain.
    Fünf Tage waren vergangen, seit sie über Viola Raymond und über des Doktors private Probleme gesprochen hatten; und Bolithos Stimmung war besser denn je. Auf dem Schiff hatte sich eine regelmäßige, gelassene Routine eingespielt, sogar das Exerzieren ging ohne Klagen vor sich. Die Mannschaft der Undine hatte zwar in bezug auf Geschützdienst noch allerlei zu lernen, aber immerhin arbeitete jetzt an jeder Kanone eine eingespielte Bedienung und nicht ein kopflos durcheinanderstolpernder Haufen.
    Bolitho hob das Fernrohr und studierte die neuen Formen und Muster des Horizonts. Mudge hatte ihm versichert, daß Pendang Bay nur noch etwa fünf Seemeilen voraus lag, aber trotzdem war es schwer zu glauben, daß sie das Ziel ihrer Reise so gut wie erreicht hatten. Nach fünftausend Meilen eine andere Welt. Ein ganz anderes Leben.
    »Alle Mann an die Brassen!« Bolitho hörte Schritte hinter sich und wandte sich um, denn er wollte sehen, was Conway, der eben an Deck kam, für ein Gesicht machte. Es war früher Morgen, und ein paar Sekunden lang dachte Bolitho, er bilde sich bloß ein, was er sah. Aber Conway trug wirklich große Konteradmiralsuniform mit Degen und Dreispitz. Den ersten hielt er etwas ungeschickt wie einen Zeigestock, als wäre er nicht sicher, was die Leute dazu sagen würden.
    »Guten Morgen, Sir!« grüßte Bolitho. Herrick starrte sie beide an, die Sprechtrompete in der halberhobenen Hand vergessend.
    Conway trat zu Bolitho an die Reling und lüftete grüßend den Hut. Die mächtigen Rahen knarrten im Chor; keuchend vor Anstrengung, holten die Matrosen die Brassen dicht.
    »Na, was meinen Sie dazu?« fragte Conway argwöhnisch.
    »Ich finde, Ihre Uniform ist dem Anlaß durchaus angemessen, Sir.«
    Conways Lippen wurden plötzlich schmal, und die Mundfalten vertieften sich noch mehr.

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