Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
Moment deutete ein Matrose, der neben einem Sechspfünder stand, nach oben, wo der Wimpel im Topp auf einmal energisch zu flattern begann. Wie ein langer, träger Vorhang hob sich der Dunst und zerstob. Endlose Strande, dichter Dschungel und schließlich weit hinten die sich überschneidenden Berge wurden sichtbar. Herrick ließ das Teleskop sinken.
    »Und das soll der Stützpunkt sein, Sir?«
    Bolitho behielt sein Glas vorm Auge; er wagte nicht, Conway ins Gesicht zu sehen. Was er zuerst für einen Haufen gefällter und aufeinandergeschichteter Baumstämme gehalten hatte, wurde nun zu langen, spitzen Palisaden, in unregelmäßigen Zwischenräumen von niedrigen Blockhäusern verstärkt. Als sich der Dunst vollends verflüchtigt hatte, konnte er die Gouverneursresidenz ausmachen. Das mußte sie sein, das größte Gebäude, das zu sehen war. Es war ebenfalls aus Baumstämmen erbaut, mit einem oberen und einem unteren Wehrgang und einem spinnenbeinigen Wachtturm in der Mitte, an dem die spanische Flagge sich manchmal in der schwachen Brise träge hob.
    »Um Gottes willen«, sagte Conway gepreßt – kaum wollten ihm die Worte aus der Kehle.
    Angestrengt spähte Bolitho hinüber, ob sich nicht außer der Flagge etwas regte – irgendein Zeichen menschlichen Lebens.
    Der Bau sah primitiv aus, war aber günstig gelegen und leicht zu verteidigen. Überall auf der Welt mußte es solche Stützpunkte geben. Aber wie hatte es hier vorher ausgesehen? Irgendwer mußte als erster aus einem Boot gestiegen und an Land gewatet sein, um eine Fahne zu hissen und damit das Gebiet für sein Vaterland in Besitz zu nehmen. Bolitho hatte von Inseln im Pazifik gehört, die abwechselnd von einem halben Dutzend Nationen als ihr Eigentum beansprucht wurden. Manchmal lag der echte Wunsch nach Kolonisierung vor; manchmal aber war nur ein Schiff eingelaufen, das nichts weiter wollte, als Wasser und Brennholz zu übernehmen.
    »Zehn Faden!« sang der Mann am Lot aus.
    »Wir ankern bei acht Faden«, sagte Bolitho zu Herrick. Allday machte sich bereits an der festgelaschten Gig zu schaffen. »Und dann die Boote zu Wasser, so schnell es geht!«
    Er betrachtete aufmerksam die kabbligen kleinen Wellen, welche die auffrischende Brise vor sich hertrieb: eine große, gutgeschützte Bucht. Wie es heißt, hatte die Königlich Spanische Handelsgesellschaft sie vor einigen Jahren beinahe zufällig in Besitz genommen. Eigentlich hatte sie ihren Stützpunkt weiter nördlich errichten wollen, um Zugang zum Handel mit den Philippinen zu gewinnen. Aber da war Fieber ausgebrochen, es hatte Verluste an Schiffen und Vorräten gegeben, und so hatten sie sich schließlich hier festgesetzt. Es war leicht zu verstehen, warum die Spanier den Mut verloren hatten, und noch leichter war einzusehen, wieviel wichtiger das Gebiet für die Briten sein würde. Beide Indien waren von hier aus erreichbar und desgleichen die weiträumigen, bisher kaum erforschten Reserven des Chinesischen Meeres. So konnte der Stützpunkt Teluk Pendang ein lebenswichtiges Bindeglied sein, vorausgesetzt, er bekam Zeit, sich zu entwickeln, und wurde geschickt regiert. Jetzt, da die Spanier und Franzosen sich aus dieser Gegend zurückgezogen hatten, gab es nur noch die Konkurrenz des holländischen Ostindienhandels.
    Bolitho warf einen raschen Blick auf Conways maskenstarres Gesicht. War er der Mann, so etwas in Angriff zu nehmen? Berufssoldaten sahen selten etwas anderes als die Taktik der unmittelbaren Situation. Und wenn ein solcher Mann noch dazu durch eigene Fehler verbittert und verzweifelt war, so würde er um so weniger zu Kompromissen bereit sein.
    »Da kommen Leute aus den Palisaden, Sir!«
    Bolitho hob sein Teleskop aufs neue. Zu zweit und dritt kamen sie; einige trugen Musketen, andere hinkten waffenlos über den Sand auf die lange, noch unfertige Pier aus Baumstämmen und Steinen. Manche waren so dunkelhäutig, daß man sie für Eingeborene halten konnte; aber ihre Uniformen waren ohne Zweifel spanisch.
    Keiner winkte. Sie standen oder saßen stumpf da und beobachteten das langsame Einlaufen der Fregatte.
    »Mein Gott!« murmelte Herrick. »Die sehen ja aus wie Vogelscheuchen.«
    »Was haben Sie denn erwartet, Mr. Herrick, Sir?« Ungesehen und ungehört war der Schiffsarzt aufs Achterdeck gekommen.
    Sein Gesicht und sein Hals sahen wie rohes Fleisch aus.
    Mit unbewegter Miene musterte Bolitho ihn. »Sie haben sich inzwischen erholt, Mr. Whitmarsh?«
    Der starre Blick des Arztes wanderte zum

Weitere Kostenlose Bücher