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Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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der Palisaden entspringt. Ohne ihn wäre schon längst alles aus gewesen. Stellen Sie sich vor, Herrick, Sie wären hier Offizier, müßten versuchen, die Moral aufrechtzuerhalten, ständig gegen einen unsichtbaren Feind kämpfen, und hätten Tag für Tag ein paar Männer weniger. Jeden Morgen bei Sonnenaufgang suchen Sie die Kimm ab, beten um ein Schiff, irgendein Schiff, das Hilfe bringen könnte. Nur eins kam in der ganzen Zeit, aber der Kapitän ließ niemanden an Land, aus Angst vor der Pest. Er warf nur Depeschen ab und segelte weiter. Ich kann das, weiß Gott, verstehen. Die da drüben sehen aus wie lebende Skelette.« Ein Boot legte vom Rumpf ab, und er wandte sich um. »Hoffen wir, daß unser Arzt jetzt weniger an sich selbst denkt und lieber anderen hilft.«
    Leise fragte Herrick: »Was gedenkt Admiral Conway zu tun, Sir?«
    Bolitho schloß die Augen und erinnerte sich an die kleine Konferenz im Turmzimmer des Palisadenforts, wo Puigserver mit bebender Stimme den Bericht des Hauptmanns Vega, des einzigen überlebenden spanischen Offiziers, übersetzt hatte.
    Die Überfälle hatten nicht aufgehört. Einmal, als eine Patrouille in einen Hinterhalt geraten war, wurden die Verteidiger im Fort schier verrückt von den furchtbaren Schreien ihrer Kameraden, die in Sichtweite zu Tode gemartert wurden.
    »Westlich von uns liegt eine kleine Inselgruppe, die Benuas«, sagte Bolitho. Obwohl Herrick den Zusammenhang nicht verstand, nickte er. »Ja, wir haben sie gestern passiert.«
    »Sie beherrscht den Eingang zur Straße von Malakka, zwischen Borneo, Sumatra und Java.« Bolithos Stimme klang stahlhart.
    »Dieser Fürst von eigenen Gnaden, Muljadi, hat dort seine Festung. Vor vielen Jahren haben die Holländer sie als Fort errichtet, gaben sie aber auf, nachdem fast die ganze Besatzung an einer Seuche starb.« Düster blickte er zum Heckfenster hinaus. »Nicht so ein Blockhaus wie Conways neue Residenz, Thomas. Eine richtige Festung aus Stein.«
    Herrick versuchte, Bolitho aus seiner Depression zu reißen.
    »Aber mit ein paar Schiffen und genügend Soldaten müßte man doch diesem Muljadi eins verpassen können, Sir.«
    »Einmal vielleicht.« Bolitho trank aus und starrte in das leere Glas. »Heute morgen wurde wieder ein Versuch gemacht, die Verteidiger hier zu überwältigen. Ich nehme an, die Angreifer sahen die Undine gestern die Meerenge passieren und wußten daher, daß sie sich beeilen mußten. Jetzt sind sie im Urwald verschwunden. Hauptmann Vega von der Garnison sagt, sie ziehen sich westwärts in die Marschen an der Küste zurück, dort werden sie abgeholt und über See in Muljadis Festung gebracht.« Er seufzte laut. »Im ganzen Stützpunkt leben gerade noch fünfzig Menschen. Giftpfeile, Musketenkugeln – denn die Wilden haben europäische Waffen – und auch das Fieber forderten einen furchtbaren Zoll. Es hat sogar eine Meuterei gegeben, und Vegas Leute mußten gegen ihre eigenen Eingeborenen kämpfen; dabei wußten sie vor Trunkenheit und Verzweiflung kaum noch, was sie eigentlich hier sollten.«
    Entsetzt starrte Herrick ihn an. »Und was ist mit Oberst Pastor, Sir? Wurde auch er getötet?«
    Bolitho rieb sich die weiße Narbe auf der Brust. »Darauf wollte ich gerade kommen. Vor ein paar Wochen traf tatsächlich ein Schiff ein – aber nicht um zu helfen, nicht um Menschen, die immerhin vom selben Erdteil stammen, Unterstützung zu gewähren. Es war die Argus, Thomas.« Er fuhr herum, und die Mattigkeit fiel von ihm ab wie ein Mantel.
    »Eine Fregatte von vierundvierzig Kanonen, unter dem Befehl von Capitaine Le Chaumareys. Er kam selbst an Land und verhandelte mit Oberst Don Pastor. Unter anderem brachte er eine Botschaft von Muljadi. Persönlich.« Bolitho hielt sich mit beiden Händen am Tischrand fest. »Und er forderte Pastor auf, die Flagge zu streichen und sich im Namen Spaniens aller Ansprüche auf diesen Stützpunkt zu begeben.«
    »Mein Gott!«
    »Das kann man wohl sagen. Anscheinend sprach der Oberst von Hilfe, die bald eintreffen würde, aber Le Chaumareys lachte ihn aus. Keine Rede von Hilfe, sagte er; kein einziges Schiff würde durchkommen.«
    »Dann haben also die Franzosen ihre Finger hier drin, Sir?«
    »Ganz erheblich.« Bolithos Miene erhellte sich. »Merken Sie nichts, Thomas? Le Chaumareys hatte Instruktion, die Spanier zur Aufgabe ihrer hiesigen Besitzung zu zwingen. Er wußte besser als jeder andere, daß die Nervion oder die Undine – oder beide – mit allen zur Verfügung

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