Der Piratenlord
beiden, dann zu Gideon. „Ja . . . Gideon, ich habe sie mitgebracht, weil ich dachte . . . ich hoffte, dass du sie gern kennen lernen würdest.“
Das gut gekleidete Paar schaute ihn so eindringlich und prüfend an, dass er sich ganz unbehaglich fühlte. „Ach?“
Sara trat von ihm zurück und deutete mit der Hand zu dem älteren Paar. „Gideon, darf ich dich mit Lady Dryden, Eustacia Worley, bekannt machen. Mit deiner Mutter.“
Wie vom Donner gerührt sah Gideon an Sara vorbei auf die schlanke schwarzhaarige Frau. „Meine Mutter ist tot, Sara.“
Die Frau zuckte zusammen und wollte auf ihn zugehen, doch der hoch gewachsene Mann neben ihr hielt sie zurück.
„ Sie ist nicht tot “, sagte Sara sanft und lenkte damit Gideons Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Sie ist sogar sehr lebendig.“ Sara atmete zitternd ein. „Elias Horn hat dich damals belogen. Das einzig Wahre, was er dir erzählt hat, war, dass er der Lehrer deiner Mutter war und dass sie sich vorübergehend in ihn verliebt hatte. Alles andere war jedoch erfunden. Als er sie drängte, mit ihm durchzubrennen, weigerte sie sich. Sie ist nie mit Elias Horn geflohen. Stattdessen heiratete sie deinen Vater. “
Gideon war noch ganz schwindelig von der Erkenntnis, dass Elias ihn belogen hatte, da drangen ihre letzten Worte in sein Bewusstsein. „Sagtest du mein Vater?“ Sein Blick kehrte zu dem Paar zurück, das neben Barnaby stand. Diesmal musterte er den Mann, der so stolz und unerschütterlich dastand . . . den hoch gewachsenen Mann mit den blauen Augen .. . und Gideons Gesicht.
Gideons Herz begann zu hämmern, als er Saras Arm schmerzhaft umfasste.
„Hallo, Sohn“, sagte der Mann mit angespannter Stimme, dessen Augen von ungeweinten Tränen leuchteten.
Kopfschüttelnd wankte Gideon von Sara fort. „Das muss ein Missverständnis sein. Mein Vater ist tot. Meine Mutter ist tot.“
„Deine Mutter ist dort drüben“, sagte Sara mit fester Stimme. „Als sie Lord Dryden kennen lernte, wusste sie, dass Elias Horn nicht der richtige Mann für sie war. Sie hatte schon seine Neigung zum Trinken bemerkt und brachte ihm so freundlich wie möglich bei, dass sie ihn nicht heiraten wolle.“
Saras Stimme wurde schärfer. „Doch das hat Elias wohl nicht gefallen. Nachdem sie Lord Dryden geheiratet hatte, schickte er ihr Briefe und versuchte, sie dazu zu bringen, sich mit ihm zu treffen. Und als Lord Dryden dem Ganzen ein Ende setzte, schlug er zurück, indem er dich kurz nach deiner Geburt entführte. Als die Amme eines Tages mit dir in den Park ging, wartete er so lange, bis sie einen Augenblick nicht aufpasste, und nahm dich mit. “
„Nein, das kann nicht sein“, sagte Gideon heiser. „Elias war manchmal schon gefühllos, doch er würde nie . . .hätte nie . . .“ Seine Gedanken durchforschten in wildem Tempo seine Erinnerungen und versuchten vergeblich, sie dem anzupassen, was er gerade erfahren hatte. „Aber was ist mit der Brosche, die sie zurückgelassen hat?“ fragte er und berührte seinen Gürtel.
„Ich hatte sie an dem Tag, als du entführt wurdest, an der Innenseite des Korbs befestigt, in dem du gelegen hast“, erwiderte die Frau, die behauptete, seine Mutter zu sein. „Sie glitzerte so schön, dass du sie gern angeschaut hast.“
Ihre Stimme war so aufrichtig, dass er ihr fast glaubte. Fast. „Aber ich habe doch den Brief gesehen, den Sie an meinen ... an Elias geschrieben haben. Was ist mit dem Brief?“ „Welcher Brief?“ fragte Lady Dryden und sah zu Sara hinüber. „Wovon spricht er?“
Doch Sara schien sie gar nicht zu hören. „Du warst zehn Jahre alt, Gideon. Hast du daran gedacht, nach dem Poststempel zu schauen? Oder nach irgendeinem anderen Beweis? Natürlich nicht. Elias hat diesen Brief verfasst und ihn dir gezeigt, weil du beim Konsulat nachgefragt und ihm damit Ärger gemacht hattest.“
„O nein“, sagte Gideon erstickt. Er fühlte sich wie ein Boot, das in einem Sturm gekentert war. Wenn das stimmte, war alles, was er jemals über Elias und seine Mutter gedacht hatte, völlig falsch gewesen. „Das ist unmöglich.“
„Denk doch nach, Gideon“, sagte Sara mit mitfühlender Miene. „Wenn Elias wirklich dein Vater gewesen wäre, warum hätte er dich dann damit quälen sollen, dir einen Brief vorzulesen, der verletzen sollte? Kein liebender Vater würde freiwillig seinem Sohn sagen, dass seine Mutter ihn nicht gewollt hatte und dass die Familie seiner Mutter ihn für nichtswürdig hielt. Er hat es
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