Der Präsident
Stabschefin auf die Palme getrieben. Doch sein Tonfall hielt sie zurück. Die Jacke spannte sich über seinem Pistolenhalfter. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass sie von bewaffneten Leuten umgeben war. Überall schienen sie zu sein. Mittlerweile machten sie auch Gebrauch von den Waffen. Sie hatte sich mit sehr gefährlichen Leuten eingelassen. Schweigend nahm sie Platz und schaute ihn an.
»Collin hat gar nicht gefeuert.«
»Aber –«
»Aber irgendjemand hat geschossen.« Er nahm einen großen Schluck. Russell überlegte, ob sie sich selbst einen Drink holen sollte, beschloss aber, es bleiben zu lassen.
Der Agent sah sie an. »Walter Sullivan. Dieser Hundesohn. Ich habe ihn unterschätzt. Richmond hat es ihm erzählt, nicht wahr?«
Russell nickte. »Glauben Sie, Sullivan steckt dahinter?«
»Wer sonst? Er denkt, dass dieser Kerl seine Frau getötet hat. Er hat das nötige Geld, um die besten Berufskiller der Welt anzuheuern. Und er war der einzige Außenstehende, der genau wusste, wo und wann die Sache steigen würde.« Er sah sie an, schüttelte dann angewidert den Kopf. »Stellen Sie sich nicht so blöd, Lady, dafür haben wir keine Zeit.«
Burton erhob sich und ging im Zimmer auf und ab.
Russell dachte zurück an die Fernsehnachrichten. »Aber der Mann sitzt in Haft. Er wird der Polizei alles erzählen. Ich habe gedacht, die Bullen stehen vor der Tür.«
Burton hielt inne. »Der Kerl wird überhaupt nichts erzählen. Zumindest vorläufig nicht.«
»Wovon reden Sie?«
»Ich rede von einem Mann, der alles tut, um das Leben seines kleinen Mädchens zu schützen.«
»Sie – Sie haben ihm gedroht?«
»Ich bin sicher, er hat mich auch ohne Worte verstanden.«
»Woher wissen Sie das?«
»Augen lügen nicht, Lady. Er weiß, wie das läuft. Redet er, heißt es Abschied nehmen vom Töchterchen.«
»Sie – Sie würden doch nicht wirklich –«
Burton packte die Stabschefin, hob sie mühelos hoch und hielt sie in Augenhöhe vor sich.
»Ich werde verdammt noch mal jeden umbringen, der mir den Arsch aufreißen kann, verstanden?« Er warf sie zurück auf den Stuhl.
Kreidebleich starrte sie zu ihm hinauf.
Burtons Gesicht war rot vor Zorn. »Sie haben mich da hineingezogen. Vom ersten Augenblick an wollte ich die Bullen rufen. Ich habe nur meine Arbeit getan. Gut, ich habe die Frau getötet, aber kein Geschworener auf der ganzen Welt würde mich dafür schuldig sprechen. Mit Ihrem Geschwafel von einer weltweiten Katastrophe und der Sorge um den Präsidenten haben Sie mich rumgekriegt. Ich Idiot bin darauf hereingefallen. Jetzt drohen zwanzig Jahre meines Lebens im Ausguss zu verschwinden, und das stimmt mich nicht unbedingt fröhlich. Falls Sie das überhaupt begreifen.«
Schweigend saßen die beiden sich einige Minuten lang gegenüber. Russell wagte nicht, Burton von der Nachricht zu erzählen, die sie erhalten hatte. Was würde es auch bringen? Am ehesten würde Burton die Pistole ziehen und sie auf der Stelle erschießen. Der Gedanke an den drohenden Tod ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
Unsicher lehnte Russell sich zurück. Im Hintergrund tickte eine Uhr; es war, als zähle sie die letzten Sekunden ihres Lebens.
»Sind Sie sicher, dass er nichts sagen wird?«, fragte sie.
»Sicher ist gar nichts.«
»Aber Sie haben doch gesagt –«
»Ich sagte, der Kerl wird alles tun, damit seinem kleinen Mädchen nichts passiert. Aber er ist gerissen. Wenn er diese Gefahr beseitigt weiß, atmen wir die nächsten Paar Jahre gesiebte Luft.«
»Wie will er das machen?«
»Wenn ich das wüsste, brauchte ich mir keine solchen Sorgen zu machen. Aber ich kann Ihnen versichern, der Kerl sitzt jetzt in seiner Zelle und zerbricht sich genau darüber den Kopf.«
»Und was können wir da tun?«
Er nahm den Mantel und packte sie am Arm. »Kommen Sie, es ist an der Zeit, mit Richmond zu reden.«
Jack blätterte seine Notizen durch, dann blickte er in die Runde. Sein Team für die Transaktion bestand aus vier Soziussen, drei Kanzleimitarbeitern und zwei Teilhabern. Jacks Coup mit Sullivan hatte sich rasch in der Firma herumgesprochen. Jeder der Männer sah mit einer Mischung aus Ehrfurcht, Respekt und etwas Furcht zu Jack auf.
»Sam, Sie kümmern sich bitte um die Rohmaterialverkäufe, die über Kiew laufen. Unser Mann vor Ort ist ein fähiger Kopf, aber er liebt das Risiko. Lassen Sie ihm weitgehend freie Hand, doch behalten Sie ihn im Auge!«
Sam, seit zehn Jahren Teilhaber, schloss die Aktentasche.
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