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Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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kommen. Collin jedoch wusste, dass der Mann nirgendwohin laufen würde.
    Nach dem Schuss wollte Collin die Waffe mit wenigen Handgriffen zerlegen und im Auto verstecken. Dann würde er, mit Dienstpistole und Ausweis bewaffnet, hinausgehen und sich unter die anderen Beamten mischen, die sich den Kopf darüber zerbrachen, was geschehen war. Niemandem würde einfallen, einen Wagen des Secret Service nach der Waffe oder dem Schützen zu durchsuchen, der soeben das Opfer ausgelöscht hatte.
    In den Augen des jungen Agenten war Burtons Plan hervorragend. Collin hatte zwar nichts gegen Luther Whitney, doch hier stand weit mehr auf dem Spiel als das Leben eines alternden Berufsverbrechers. Verdammt viel mehr. Es bereitete Collin nicht unbedingt Vergnügen, den Mann zu töten. Tatsächlich gedachte er den Vorfall so schnell wie möglich zu vergessen, nachdem die Sache erledigt war. Doch so war das Leben. Der junge Agent wurde für eine Aufgabe bezahlt, die sein Lebensinhalt war und die zu erfüllen er geschworen hatte. Brach er das Gesetz? Rechtlich gesehen, beging er einen Mord. Rechtlich. In Wirklichkeit tat er jedoch nur, was getan werden musste. Der Präsident wusste Bescheid, ebenso Gloria Russell. Und Bill Burton, ein Mann, den er mehr als alle anderen respektierte, hatte ihm den Auftrag erteilt. Collins Ausbildung gestattete ihm nicht, solche Befehle zu missachten. Außerdem war der Alte in das Haus eingebrochen. Dafür bekäme er bestimmt zwanzig Jahre. Die würde er nie und nimmer durchstehen. Und selbst wenn, wer wollte schon seinen achtzigsten Geburtstag im Gefängnis feiern? Collin ersparte ihm also eine Menge Elend. Collin an seiner Stelle hätte sich für eine Kugel entschieden.
    Der junge Agent schaute hinauf zu den Arbeitern auf dem Gerüst, die sich gerade abmühten, die neue Scheibe einzusetzen. Einer der Männer ergriff ein Seil, das an einem Flaschenzug befestigt war. Langsam hob sich das Ersatzteil.
    Kate sah von ihren Händen auf und erblickte ihn.
    Geschmeidig kam er den Gehsteig entlang. Schlapphut und Schal verbargen einen Großteil seines Gesichts, doch der Gang war unverkennbar. Als kleines Mädchen hatte sie sich stets gewünscht, einmal so mühelos und selbstsicher wie ihr Vater über die Erde zu gleiten. Sie wollte aufstehen, besann sich jedoch eines Besseren. Frank hatte nicht gesagt, wann er eingreifen wollte, doch Kate nahm an, er würde sich nicht lange Zeit damit lassen.
    Luther blieb vor dem Café stehen und betrachtete sie. So nahe war er seiner Tochter seit über zehn Jahren nicht mehr gekommen, und im Augenblick wusste er nicht recht, was er tun sollte.
    Kate spürte die Unsicherheit und zwang sich zu einem Lächeln. Unverzüglich trat er an ihren Tisch und setzte sich, mit dem Rücken zur Straße. Trotz der Kälte nahm er den Hut ab und steckte die Sonnenbrille in die Manteltasche.
    McCarty schaute durch das Zielfernrohr. Das stahlgraue Haar kam ins Fadenkreuz; sein Finger entsicherte die Waffe und legte sich über den Abzug.
    Kaum hundert Meter entfernt tat Collin dasselbe. Anders als McCarty ließ er sich Zeit, denn er hatte einen Vorteil: Er wusste, wann die Polizei einzuschreiten gedachte.
    McCartys Finger am Abzug krümmte sich. Ein- oder zweimal war sein Blick auf die Männer oben auf dem Gerüst gefallen, doch er hatte sie nicht weiter beachtet. Dies war erst der zweite Fehler, den er je in seiner Laufbahn begangen hatte.
    Die Spiegelscheibe bewegte sich ruckartig nach oben, als am Seil gezogen wurde und neigte sich in McCartys Richtung. Die untergehende Sonne spiegelte sich auf der Oberfläche, und die grellroten Strahlen stachen unmittelbar in McCartys Augen.
    Schmerz zuckte durch die Pupillen; unwillkürlich verriss er den Arm, als er feuerte. Fluchend schleuderte er die Waffe von sich. Fünf Sekunden vor Plan erreichte er die Hintertür.
    Die Kugel traf die Sonnenschirmstange und knickte sie, ehe sie abprallte und sich in den Asphalt bohrte. Kate und Luther warfen sich gleichzeitig zu Boden; instinktiv schützte der Vater die Tochter mit seinem Körper. Ein paar Sekunden später bildeten Seth Frank und ein Dutzend uniformierter Polizisten mit gezückten Waffen einen Halbkreis um die beiden und ließen die Blicke in höchster Alarmbereitschaft über jeden Winkel der Straße schweifen.
    »Riegelt die ganze verdammte Gegend ab«, brüllte Frank einem Sergeant zu, der Befehle in sein Funkgerät bellte. Polizisten schwärmten aus, zivile Streifenwagen rollten heran.
    Die Arbeiter

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