Der Präsident
mit den Bullen zu reden, solange ich nicht weiß, warum du mich belügst. Ich würde dich einfach für unzurechnungsfähig erklären lassen.«
»Jack, ich weiß zu schätzen, was du tust, aber –«
»Hör mal, Luther, Kate hat mir erzählt, was passiert ist; was sie getan hat, und warum sie es getan hat. Aber lass es mich dir unmissverständlich erklären. Wenn du diesmal ins Gefängnis wanderst, wird sich dein kleines Mädchen niemals davon erholen. Kapierst du das?«
Luther brachte nie zu Ende, was er sagen wollte. Plötzlich schien der Raum auf die Größe einer Konservendose zu schrumpfen. Er hörte nicht, wie Jack hinausging. Er saß nur da und starrte vor sich hin. Es war eines der wenigen Male in seinem Leben, dass Luther Whitney einfach nicht mehr weiter wusste.
Jack ging auf die Männer zu, die im Gang warteten. »Wer leitet den Fall?«
Frank sah ihn an. »Lieutenant Seth Frank.«
»In Ordnung, Lieutenant. Nur für das Protokoll: Mein Klient nimmt all seine Rechte wahr. Sie werden nicht versuchen, in meiner Abwesenheit mit ihm zu sprechen. Verstanden?«
Frank faltete die Arme vor der Brust. »Okay.«
»Wer vertritt die Anklage?«
»Staatsanwalt George Gorelick.«
»Ich nehme an, es gibt einen Anklagebeschluss?« Frank beugte sich vor. »Das Schwurgericht hat die Anklageschrift letzte Woche bestätigt.«
Jack zog den Mantel an. »Das kann ich mir denken.«
»Ihnen ist klar, dass Sie ihn nicht auf Kaution freikriegen.«
»Nun, wie ich die Sache sehe, ist er bei euch hier wohl sicherer. Passen Sie gut auf ihn auf, ja?«
Jack warf Frank seine Karte zu und marschierte zielstrebig den Gang hinunter. Bei der letzten Bemerkung wich das Lächeln von Franks Lippen. Er schaute auf die Karte, zum Befragungsraum, dann zurück zu dem davoneilenden Anwalt.
KAPITEL 20 Kate hatte sich geduscht und umgezogen. Das feuchte Haar hatte sie gerade nach hinten gekämmt, wo es offen bis auf die Schultern hing. Kate trug einen dicken, indigoblauen Pullover mit V-Ausschnitt, darunter ein weißes T-Shirt. Die verblichenen Jeans hingen lose um ihre schmalen Hüften. An den Füßen trug sie dicke Wollsocken. Jack betrachtete die Füße, die keinen Moment still standen, da ihre Besitzerin von Ruhelosigkeit geplagt war.
Gegenüber früher hatte sie sich etwas erholt. Doch der Schrecken stand ihr nach wie vor ins Gesicht geschrieben. Durch das Hinundhergehen schien sie ihn bekämpfen zu wollen.
Jack nahm sich sein Glas Mineralwasser und sank zurück in den Stuhl. Seine Schultern fühlten sich an wie ein Stück Holz. Als hätte sie es gespürt, blieb Kate bei ihm stehen und begann, ihn zu massieren.
»Er hat mir nichts davon erzählt, dass ein Anklagebeschluss vorliegt.« Kate klang wütend.
»Also hat er nicht die ganze Wahrheit gesagt. Seit wann nehmen es Bullen mit der Wahrheit so genau?«
»Wie ich sehe, denkst du schon wieder ganz wie ein Strafverteidiger.«
Sie bohrte kraftvoll in seine Schultern; es fühlte sich herrlich an. Als sie die steifsten Stellen bearbeitete, fiel ihr feuchtes Haar in Jacks Gesicht. Er schloss die Augen. Im Radio spielten sie Billy Joels River of Dreams. Was ist mein Traum, fragte sich Jack. Immer wieder schien ihm die Antwort zu entgleiten, wie ein Sonnenstrahl, den man als Kind einzufangen versucht.
»Wie geht es ihm?« Kates Frage holte ihn zurück ins Reich der Wirklichkeit. Jack trank sein Glas leer.
»Er ist verwirrt. Verängstigt. Nervös. All das, was ich mir an ihm nie vorstellen konnte. Übrigens hat man das Gewehr gefunden. Im Obergeschoss eines der alten Reihenhäuser entlang der Straße, wo du dich mit Luther getroffen hast. Wer auch immer die Kugel abgefeuert hat, er ist längst untergetaucht. Ich glaube, den Bullen ist es sogar egal.«
»Wann findet die Verlesung der Anklageschrift statt?«
»Übermorgen, zehn Uhr.« Er legte den Kopf zurück und ergriff ihre Hand. »Man wird ihn wegen Mordes anklagen, Kate.«
Sie hörte auf, ihn zu massieren.
»Das ist doch Quatsch. Ein Tötungsdelikt in Tateinheit mit Einbruch ist ein schweres Verbrechen mit Todesfolge, bestenfalls Totschlag. Sag dem Staatsanwalt, er soll das im Gesetzbuch nachlesen.«
»Hey, das klingt doch ganz nach mir, oder?« Erfolglos versuchte er, sie aufzuheitern. »Die Theorie des Staatsanwalts lautet, dass Luther in das Haus einbrach und von ihr auf frischer Tat ertappt wurde. Man wird die nachweisbare Gewaltanwendung – Würgemale, Schläge, zwei Schüsse – vorbringen, um das Tötungsdelikt vom
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