Der Preis der Liebe
ihr hochgestecktes Haar glänzte feucht.
Doch dann schaute sie ihn an, und der Ausdruck in ihren Augen verriet ihm, dass sie viel zu viel mit angehört haben musste. Ihm wurde schlecht.
„Das hier, Papa, ist unser Cousin“, fuhr sie fort. „Marsden Griffith Knighton. Er ist leider der echte Mr. Knighton.“
19. KAPITEL
Fühlen Betrogene auch den Stachel des Verrats, lebt der Verräter doch für noch schlimmeres Weh.
William Shakespeare, „Cymbeline“
Warum habe ich Recht behalten müssen, fragte sich Rosalind. Warum hatte nicht alles so sein können, wie Griffith behauptet hatte - ein einfaches, albernes Täuschungsmanöver, das er jetzt, da er sie heiraten wollte, bereute?
Aber natürlich hatte er nicht ernstlich vor, sie zu heiraten, nicht wahr? Er wollte etwas ganz anderes. Und nachdem sie Zeuge der Unterhaltung zwischen ihm und ihrem Vater geworden war, wusste sie auch, dass er ein Recht darauf hatte.
Sie wünschte, sie wäre nie zu Papas Zimmer gegangen oder hätte sich wieder zurückgezogen, als sie Griffith’ Stimme vernommen hatte. Nichts zu wissen wäre ein solcher Segen gewesen. Doch sobald sie angefangen hatte zu verstehen, worum sich dieses Gespräch drehte, hätte sie keine Macht der Welt mehr zum Gehen veranlassen können.
Ihre Beine drohten nachzugeben, als sie ans Bett ihres Vaters trat.
„Wie lange hast du ... hier schon gestanden?“ erkundigte sich Griffith heiser.
Sie schaute ihn an und erkannte, dass sein Gesicht fast genauso fahl war wie das ihres Vaters. „Seit Papa etwas davon sagte, es wieder gutmachen zu wollen.“
Dann wandte sie sich wieder ihrem Vater zu, der Griffith völlig fassungslos anstarrte. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass ihr kranker Vater früher einmal so herzlos gewesen sein sollte. Er war schon immer ein schroffer, mürrischer alter Narr gewesen, aber für grausam hatte sie ihn nie gehalten. Und doch ahnte sie, dass die Geschichte stimmte, denn durch sie ergab plötzlich alles andere in diesem schlechten Theaterstück einen Sinn.
Jetzt verstand sie, warum Griffith so zornig geworden war, als sie ihn einen Bastard genannt hatte. Warum er überhaupt der Einladung ihres Vaters gefolgt war. Warum er sich diesen Rollentausch hatte einfallen lassen - und was er gesucht hatte.
Eine eiskalte Hand schien nach ihrem Herzen zu greifen. Und ja, jetzt wusste sie, warum er eine eher unattraktive ältliche Jungfer wie sie heiraten wollte.
Sie trat noch näher ans Bett und bemühte sich, nicht in Tränen auszubrechen, weil sie sich sonst verraten hätte. „Papa, gib mir den Schlüssel für die Schatulle.“
Er sah sie an. „Knighton sagte, er würde dich heiraten.“ Er hustete und schüttelte den Kopf. „Aber ... das war dieser andere, der Blonde.“
„Rosalind heiratet mich“, stieß Griffith hervor. „Nicht den Blonden. Ich bin Knighton, wie Rosalind richtig festgestellt hat.“
„Du brauchst nicht mehr von der Heirat zu sprechen, Griffith“, flüsterte sie und wagte nicht, ihm in die Augen zu gucken. „Du wirst bekommen, was du haben willst. Ich bin sicher, es befindet sich in dieser Schatulle.“ Zornig wandte sie sich an ihren Vater. „Es ist hier drin, nicht wahr? Gib mir den Schlüssel. Sofort!“
„Rosalind, mein Liebling ...“, begann Griffith.
„Bitte nicht“, flehte sie. „Das alles ist auch so schon schwierig genug. Mach es nicht noch schlimmer, indem du heuchelst.“ Sie drückte die Schatulle noch fester an sich und versuchte nicht zu weinen. Nein, sie würde nicht vor ihm zusammenbrechen, niemals!
„Heucheln?“ wiederholte Griffith. „Was sollte ich denn heucheln? Meinen Wunsch, dich zu heiraten? Verdammt, der ist nicht geheuchelt!“
Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. „Verstehst du denn nicht? Du kannst die Urkunde haben! Du brauchst mich deswegen nicht mehr zur Frau zu nehmen. Ich gebe sie dir, sie gehört dir. Wenn ich geahnt hätte, dass Papa sie benutzt hat, um dich dazu zu bringen, dass du eine von uns heiratest ... Wenn ich gewusst hätte, was sich hier drin befindet, als er mich bat, die Schatulle zu verwahren Rosalind musste sich räuspern, ehe sie weitersprechen konnte. „Gib mir jetzt den verdammten Schlüssel, Papa!“ fuhr sie ihn an.
Ihr Vater zuckte ganz leicht zusammen, doch dann zog er eine dünne Kette aus seinem Nachthemd hervor, an der ein Schlüssel hing. Er nahm sie ab und reichte sie ihr.
Rosalinds Hände zitterten so sehr, dass es ihr kaum gelang, den Schlüssel in das Schlüsselloch der
Weitere Kostenlose Bücher