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Der Preis der Liebe

Titel: Der Preis der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Martin
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dem er sich mit Daniel geschlagen hatte, lag im selben Stock dieses Flügels. Daher brauchte er nur wenige Minuten, bis er das Schlafzimmer des Earl erreicht hatte.
    Er hatte befürchtet, dass vor der Tür ein Diener sitzen würde, um seinem Herrn bei Bedarf zur Verfügung zu stehen, aber es war niemand da. Vielleicht schlief der Mann ja. Ob er später wiederkommen sollte? Nein, je eher er mit dem Earl sprechen konnte, desto besser. Er öffnete vorsichtig die Tür und spähte hinein. Es dauerte eine Weile, bis seine Augen sich an das dämmerige Licht gewöhnt hatten, das von einer einzelnen Kerze auf dem Nachttisch des Earl ausging. Doch dann erkannte Griffith, dass der Mann aufrecht im Bett saß, obwohl seine Augen geschlossen waren.
    Als Griffith eintrat und auf das Bett zuging, überlegte er, was er tun sollte. Döste der Mann nur vor sich hin? Oder schlief er immer im Sitzen bei angezündeter Kerze?
    Eines stand fest - er war offensichtlich kränker, als Griffith gedacht hatte. Der Earl war erst etwa Ende fünfzig, sah aber wesentlich älter aus. Sein Atem ging bedenklich rasselnd, und die Haut seines Gesichts war schlaff und faltig. Im ganzen Zimmer roch es nach Medikamenten und Krankheit, und Griffith fühlte sich schmerzhaft an das Krankenzimmer seines eigenen Vaters vor so vielen Jahren erinnert.
    Er hatte schon beinahe beschlossen, lieber am nächsten Morgen wiederzukommen, als der Earl die Augen aufschlug und ihn erblickte. Ehe Griffith überhaupt ein Wort sagen konnte, breitete sich blankes Entsetzen auf den Zügen des Earl aus. Er zog hastig die Decke vor seine Brust und sank zurück in die Kissen.
    „Also bist du gekommen, um mich zu holen, nicht wahr?“ keuchte er. „Ist das der Beginn des Jüngsten Gerichts? Werde ich von dem Mann ins Grab geholt, dem ich am meisten Unrecht angetan habe?“
    Griffith blieb wie erstarrt im Halbschatten stehen. Was sollte das? Keine der Töchter hatte je erwähnt, dass ihr Vater allmählich den Verstand verlor. Träumte er etwa mit offenen Augen?
    „Ich hätte mir denken können, dass sie dich schicken würden. “ Der Earl hustete, wandte aber nicht den Blick von Griffith. „Wer sonst sollte mich wohl in die Hölle bringen, wenn nicht du, Leonard?“
    Jetzt begriff er. Seine Mutter hatte immer gesagt, Griffith sei das Ebenbild seines Vaters, doch bislang hatte er geglaubt, sie übertreibe. Dem war wohl offensichtlich nicht so.
    Er trat in den Lichtschein der Kerze, damit der Mann ihn besser sehen konnte, und zögerte. Einem dunklen Impuls folgend, sagte er schroff: „Und was hast du getan, wofür ich dich in die Hölle bringen soll?“
    Der Earl betrachtete ihn mit flackerndem Blick. „Quäle mich nicht, Geist! Du weißt, was ich getan habe. Aber ich versuche, es wieder gutzumachen. Bitte ... Gib mir nur noch ein paar Wochen, damit mir das gelingt, dann werde ich mich willig in mein Geschick fügen.“
    „Es wieder gutmachen?“ Griffith’ Puls beschleunigte sich. „Und wie willst du das anstellen?“
    „Dein Sohn wird meine Rosalind heiraten. Dadurch wird alles wieder gut.“
    Griffith brauchte eine Sekunde, um sich ins Gedächtnis zu rufen, dass der Earl Daniel für Mr. Knighton hielt, und nicht ihn.
    „Wenn sie geheiratet haben“, fuhr der Earl fort, und sein Atem ging pfeifend, „werde ich ihm die Heiratsurkunde aushändigen, den Beweis für seine legitime Abstammung.“
    „Warum gibst du sie ihm nicht gleich? Warum erst warten bis nach der Hochzeit?“ Obwohl Griffith vorhatte, Rosalind in jedem Fall zu heiraten, wollte er hören, wie dieser Mann sein schändliches Tun vor einer höheren Macht rechtfertigte.
    „Ich weiß nicht, ob dein Sohn verbittert ist über das, was geschehen ist. Er macht einen liebenswürdigen Eindruck, aber mir ist klar, dass er allen Grund hat, mich zu hassen. Wenn ich ihm die Urkunde jetzt schon gebe, könnte er uns alle in den Ruin stürzen.“
    Griffith ballte die Fäuste. „Dennoch gibst du zu, dass er Grund hat, dich zu hassen.“
    „Mich, ja. Aber nicht meine Familie.“
    „Also würdest du ihm sein Geburtsrecht verweigern, sollte er deine Tochter nicht heiraten?“
    „Nein! Ehrlich, das würde ich nicht tun!“ Er rang nach Luft und presste die Hand an seine eingesunkene Brust. „Ich würde ihm die Urkunde trotzdem geben. Ich möchte nicht sterben und seine unverdiente Unehelichkeit auf dem Gewissen haben!“ Griffith horchte erstaunt auf. Meinte er das ernst? Würde ein Sterbender einen Geist belügen?

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