Der Preis -Thriller (German Edition)
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Nolde hatte insgeheim seit Tagen damit gerechnet , dass irgendetwas geschehen musst e. A ls es dann tatsächlich geschah, war er höchstens von der Art und Weise wie es geschah erstaunt.
Am Morgen des 28. April 2012 wartete man in den Büros von Nolde Securities vergeblich auf den Firmengründer und geschäftsführenden Partner Lenin Albert Nolde.
D enn Nolde saß zu der Minute zu welcher er gewöhnlich seine Firma betrat in dem weichen Ledersessel eines Privatjet und flog in 10.000 Meter Höhe über das südwestliche Frankreich hinweg den Alpen entgegen.
Am Morgen – eigentlich noch fast in der Nacht – war er von einem Mann in einem mittelteuren Anzug aus dem Bett geklingelt worden., der ihm eine Visitenkarte Milenas vorwies und ihn in einer Limousine zum Flughafen Charles de Gaulle Roissy chauffierte, wo ein startbereiter Learjet bereits auf ihn wartete .
Nolde hatte sich ein böses, dünnes Lächeln nicht verkneifen können , sobald er den Jet in Roissy sah. Zu sehr erinnerte ihn diese Geste an seine eigene Idee von dem Heli , mit dem er Milena seinerzeit sozusagen in ihr neues Leben einfliegen ließ. So gesehen geschah ihm dieser Jet nur ganz recht.
Der Fahrer, der Nolde in Genf erwartete, hätte ein Zwillingsbruder des Mannes sein können, der ihn in aller Herrgottsfrühe in Auteuil aus dem Bett ge klingelt und nach Roissy chauffiert hatt e.
Die Villa lag etwas außerhalb der Stadt. Für Normalsterbliche war sie unerschwinglich, für Leute, die ihre Gäste mit einem Privatjet einfli egen ließen, allerdings beinah zu moderat.
Milena erwartete Nolde an einem Tisch auf ihrer Veranda. Sie hatte die Morgensonne im Rücken und erhob sich weder von ihrem Stuhl, noch reichte sie Nolde ihre Hand, nachdem der die zweihundert oder mehr Meter lange Auffahrt herab, bis zu ihr auf die Veranda gegangen war. Nolde hatte allerdings auch gar keinen Austausch konventioneller Höflichkeiten erwartet.
„Glückwunsch, Milena. Sie haben gewonnen“, sagte er und blieb in einigen Metern Abstand vor Milenas Tisch stehen.
„Fragt sich nur, was ich gewonnen habe…“
Das war wohl so, dachte Nolde.
Er wies über die Villa, den großen gepflegten Garten und schloss in seine Geste vielleicht sogar den Fahrer und seinen Wagen am Tor mit ein.
„Jedenfalls kann es kaum der Trostpreis gewesen sein .“
Milena hatte sich seit ihrer letzten Begegnung in Paris verändert . Eine leichte Müdigkeit stand in ihrem Gesicht und um ihre großen Augen schien sich eine Form von Entschlossenhe it eingenistet zu haben, die genauso gut Härte hätte sein können .
„Ich habe Ihre Nachricht in dem Appartement in Paris gefunden. Falls Sie hofften, dass die mir Kopfschmerzen bereiten würde, muss ich Sie enttäuschen. Was mich daran gewundert hat, war nur, dass Madame Vaux derart schlampig mit ihren Abrechnungen umgeht.“
„So schlampig war sie gar nicht damit. Selbst ich brauchte Wochen, um diese spezielle Abrechnung zu fin den. Und ich bin ziemlich gut bei dem, was ich tue.“
Nolde konnte dem nicht widersprechen.
Er wusste inzwischen, dass eine gewisse anonyme Investmentgesellschaft mit einem Anteil von 74.512 Euro an der Übernahme von Madame Vaux Konzern beteiligt gewesen war. Gemessen daran, dass der mehrere Milliarden wert war und die Investoren etwas über 600 Millionen Risikokapital aufzubringen hatten, um ihn zu übernehmen, waren diese knapp 75.000 Euro nicht der Rede wert.
74.512 Euro – das entsprach auf den Cent der Summe, die Madame Vaux Milenas Entführung gekostet hatte.
Nicht schwer Eins und E ins zusammenzuzählen: Milena hatte den Investoren verraten, wann sie mit ihrer Übernahme Erfolg haben würden, weil Madame Vaux Konzern vorübergehend zu knapp an frei verfügbaren Mitteln war, um die Übernahme entschlossen genug a b wehren zu können .
„Weshalb haben Sie mich kommen lassen, Milena? Um mir diesen Heliflug seinerzeit heimzuzahlen? Wenn es das war – ist Ihnen gelungen. Vielen Dank. Die Nachricht ist eindeutig angekommen und verstanden worden.“
Milena sagte nichts, sondern schenkte eine zweite Tasse Kaffee ein. Diese zweite Tasse war für Nolde gedacht. Und e s war sehr guter Kaffee und Nolde hatte heute Morgen längst noch nicht genug davon gehabt. Trotzdem ignorierte er die sti llschweigende Einladung, die in Milenas Geste lag.
„Jeder liebt den Verrat, keiner liebt den Verräter – so ist es doch, oder Monsieur? Trotzdem bin ich ziemlich sicher, dass Sie zu denen gehören, die in dieser
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