Der Prinz der Hölle
Männer werden uns bereitwillig begleiten wollen – aber wenn einige zaudern, weshalb auch immer, so zwingt sie nicht. Ich will, dass die Gründe eines jeden geachtet werden. Wir sind alle kampferfahren, haben alle tapfer gefochten, und ein jeder hat ein Recht auf seine eigene Einstellung.«
Sadhur brummte bestätigend, und die anderen nickten.
»Also«, fuhr Omeron fort, »nachdem wir heute Abend aufgebrochen sind, wirst du, Ergas, zwei Tage und zwei Nächte auf unsere Rückkehr warten. Sind wir dann noch nicht zurück – oder wenn du schon zuvor erfährst oder spürst, dass sich etwas Schlimmes in der Stadt tut –, schickst du einen berittenen Kurier zu Fürst Sentharion in Ribeth und ersuchst ihn um Verstärkung. Klar? Und ich überlasse es deiner Entscheidung, uns dann nach Thesrad zu folgen oder zu warten, bis Fürst Sentharion ankommt.«
»Wir werden folgen!« rief Ergas und verkrampfte die Finger um den Schwertknauf.
»Entscheide dich nicht jetzt, sondern warte, bis die zwei Tage um sind.«
Widerwillig sprach Ergas: »Wie mein Lord befehlen.«
Die Offiziere machten sich daran, Steinchen im Lager und am nahen Waldrand zu sammeln. Die Soldaten, die nach Kompanien getrennt um die Feuer saßen, schauten ihnen verwundert zu. .
Als sie erfuhren, worum es ging, scheute nicht einer davor zurück, Lord Omeron nach Thesrad zu begleiten, um gegen den Zauberer zu kämpfen, der die Stadt zur Hölle gemacht hatte.
Omeron ging durchs Lager auf die Rote Sonja zu, die völlig wiederhergestellt auf einem Stein neben einem kleinen Feuer saß. Sie hatte ihr blankes Schwert über den Knien liegen und schärfte es.
Sie blickte nicht auf, als Omerons Stiefel in ihr Blickfeld kamen, doch als er stehen blieb und zu ihr hinabschaute, sagte sie ruhig: »Ich komme mit.«
»Ihr kommt mit?«
»Hinunter in Eure Stadt, wenn Ihr gegen diesen Hexer kämpft, der sie eingenommen hat.«
»Aber ich habe Euch ja noch gar nicht …«
Jetzt erst blickte sie zu ihm hoch. Ihr zerzaustes rotes Haar fiel zurück und rahmte ihr bleiches Gesicht ein. Ihre erstaunlich klaren Augen blickten fest in seine. »Ich weiß, was Ihr mitgemacht habt. Ich habe mich mit einigen Eurer Männer unterhalten.«
»Und?«
»Ihr habt mir das Leben gerettet. Dafür schulde ich Euch etwas. Und ich lasse Schulden nie unbezahlt. Außerdem bin ich grundsätzlich gegen Zauberei. Sie hat bereits früher meinen Weg gekreuzt. Einmal sah ich, wie sie eine ganze Stadt wie die Eure vernichtete und ihren Herrscher …«
Abrupt hielt sie inne. Sie hatte bereits zuviel gesagt. Die Erinnerungen an die Stadt Suthad und Lord Olin, den sie aus ganzem Herzen hätte lieben können, überwältigten sie flüchtig. Schlimme Erinnerungen waren es, schmerzende … { * }
Omeron blickte sie scharf an.
»Verdammt die Zauberei nicht voreilig, Sonja.«
»Was meint Ihr damit?« Sie schob ihr Schwert in die Hülle und stand auf. Nun fiel Omeron erst auf, wie groß sie war. Ihre Augen waren fast in einer Höhe mit seinen.
»Gewiss, es waren meine Männer und ich, die Euch fanden und pflegten, so gut wir konnten. Doch nicht wir vertrieben Euer Fieber und machten Euch gesund, sondern eine Zauberin.«
Sonja hob die Brauen. Sie blickte ihn fragend an, doch dann wanderte ihr Blick wie von selbst zu der fremden Frau, die am Rand des Lagers saß. »Jene?«
»Ilura, ja.«
»Sie ist eine Zauberin? Und sie heilte mich?«
»Ja. Und nicht nur Euch, sondern auch viele meiner Männer – alle, die krank und verwundet waren …«
Sonja holte tief Atem. »Trotzdem stehe ich in Eurer Schuld und werde sie begleichen. Ich kämpfe mit Euch um Eure Stadt. Ihr brecht heute Abend auf?«
»Ja, bei Mondaufgang.«
»Dann komme ich mit. Und … es sieht so aus, als schulde ich auch Ilura meinen Dank.«
»So ist es«, bestätigte Omeron erfreut. Diese Frau war selbstbeherrscht›willensfest und stolz wie seine besten Soldaten.
Sonja wandte sich von ihm ab und durchquerte das Lager. Ilura, die spürte, dass sie zu ihr kam, erhob sich und blickte ihr entgegen. Ihr Gesicht war unbewegt, ihre Augen ruhten gleichmütig auf der Hyrkanierin, doch ihre Haltung verriet Wachsamkeit. Sonja ihrerseits verriet, instinktives Misstrauen, indem sie unwillkürlich die Hand zum Schwertknauf hob, und in den langen Schritten, die sie vorwärtstrugen.
Nur ein paar Fuß vor Ilura blieb sie stehen, und wie sie es üblicherweise tat, blickte sie ihrem Gegenüber fest in die Augen. Seltsam, nicht eine Spur von Bösem ging von
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