Der Prinz der Hölle
»kämpfen erst seit kurzem mit dem Schwert. Da sie keine wirkliche Erfahrung und richtige Ausbildung damit haben, erfanden sie ihre eigene Art und Weise, die Klinge zu führen. Viele ihrer Hiebe und Stiche sind recht wirkungsvoll und können Schwertkämpfer aus anderen Ländern sehr wohl verblüffen. Ich zeige dir. einige, pass auf! Ich stelle mir vor, der Kushit kommt geradewegs auf mich zu, aber ich ahne, dass er einen Schritt zur Seite springen wird. Ich muss parieren. Statt wie üblich vorzustoßen, mache ich das …«
Geschickt stach sie vor, als wäre die Birke ihr Gegner.
Omerons Mann war nicht nur über die Geschicklichkeit der Frau verblüfft, sondern über den Hieb als solchen. »Einen solchen Zug habe ich noch nie gesehen!« gestand er.
»Er gibt einem einen Herzschlag lang Zeit, seinen Zug zu überlegen«, fuhr Sonja fort. »Er ist sicherer als die übliche Methode, wo man doch ungedeckter bei der Durchführung ist. Versuch es mal!«
Der Soldat tat es. »So?«
»Wenn du den Ellbogen ein bisschen höher bringst, ist es ausgewogener.«
Er versuchte es ein paar Mal, und Borkenspäne fielen von der Birke.
»Jetzt ist es richtig«, versicherte Sonja ihm lächelnd.
Omeron stand bei Sadhur und einigen seiner anderen Offiziere und erteilte ihnen letzte Anweisungen. Ilura war im Lager nicht zu sehen, und das gefiel Sadhur nicht.
»Ich möchte wissen, was die Hexe im Schilde führt«, brummte er. »Ich trau ihr nicht!«
»Uns bleibt keine Wahl«, erinnerte ihn Omeron. »Und ich . traue ihr, Sadhur. Vielleicht ist sie nur in den Wald, um einen Hilfszauber für uns vorzubereiten. Hab keine Angst, ich spüre, dass sie Du-jum nicht weniger hasst als wir, auch wenn sie keine Gefühle zeigt.«
»Trotzdem! Sie ist eine Zauberin, und ich bin mir über sie nicht im klaren.«
»Aber ich bin überzeugt, dass Ilura keine Gefahr für uns ist – doch ich fürchte andererseits, von nun an kann sie uns auch nicht mehr viel helfen. Wie dem auch sei, wir haben keine Wahl mehr. Kommt, ich will aufbrechen, sobald die Schatten dicht genug sind.«
Der Himmel verdunkelte sich nun schnell. Die Wolken, die den ganzen Tag tief gehangen hatten, verbargen jetzt den Blick auf den Sonnenuntergang. Ein paar Männer schauten flüchtig zu dem schimmernden Lichtband zwischen den Wolken und dem Horizont im Westen, dann spähten sie hinab nach Thesrad. Da fiel ihnen eine dunkle Wolke auf, die sich schnell bewegte und sich von den andern abhob. Seltsam, dachten sie, und wandten sich ab. Doch dann blickten sie wieder zurück und winkten ihre Kameraden in der Nähe herbei.
Die Wolke wuchs – es war keine. Es war zu kompakt, zu dunkel. Einige Männer deuteten nach oben. Einer rief: »Lord Omeron!«
Omeron schaute auf. Sein Blick folgte dem deutenden Finger himmelwärts. Nun sah auch Sonja erstaunt hoch. Als sie den riesigen dunklen Flecken sah, der sich von der Wolkendecke abhob, durchzog sie Eiseskälte.
Der Soldat, dem sie Unterricht erteilt hatte, schob sein Schwert in die Hülle und stemmte die Fäuste an die Hüften. »Eine seltsame Wolke«, brummte er.
»Es ist keine Wolke«, versicherte ihm Sonja. »Bei Erlik! Es ist Zauberei! Schnell, die Klinge heraus! Es kommt!«
Ein schrilles Kreischen erschallte, das die Männer mitten in der Bewegung erstarren ließ. Omerons Gesicht wurde aschgrau.
»Mitra!«
»Das ist Du-jums Hexerei, mein Lord!« schrie ein Soldat.
Wieder gellte das Kreischen, höllisch hallte es von den Bergen wider, und dann kam der schwarze Flecken herbei, genau wie Sonja gewarnt hatte. Und nun breitete er die Schwingen aus, und sein riesiger schwarzer Schatten hastete schneller und schneller den Hang empor und senkte sich über das Lager.
Männer schrien, duckten sich, rannten, stolperten, fielen. Mit dem Tosen eines Wirbelsturms kam er über sie und blies die Soldaten durch die Luftverdrängung und den Flügelschlag von den Füßen. Er flog über Omeron und die Männer um ihn, die dem Hang am nächsten waren, dann schwang er sich hoch in die Luft, und kurz bedeckte sein Schatten das ganze Lager. Und wieder kreischte er ohrenbetäubend.
»Omeron! Lord Omeron!« Das Flügelbrausen übertönte Sadhurs Stimme.
Sonja ließ sich auf die Knie fallen, hielt ihre Klinge hoch und ließ den Blick keine Sekunde von dem Riesenvogel. Er flog noch höher, flatterte und kreischte, dann kreiste er ein paar Mal und schoss plötzlich auf die Mitte des Lagers herab.
Die Männer dort nahmen in alle Richtungen Reißaus.
Als der
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