Der Prinz der Hölle
Armen und dem Hals strömte Blut von Schnabel- und Krallenwunden.
Nachdem Du-jum seine Vogelarmee zurückgepfiffen und den schwarzen geschnitzten Vogel zurück an die Halskette gehängt hatte, befahl er seinen Soldaten, die Überlebenden in die große Vorhalle zu treiben. Dort wurden die Gefangenen in Gruppen zusammengestellt und die Schwerverwundeten in eine Ecke geschoben.
Von der untersten Stufe der Treppe zum Thronsaal aus ließ Du-jum seinen Blick über alle schweifen, dann deutete er auf die Verwundeten. »Tötet sie!« wies er seine Leute an. »Und fangt ihr Blut für den Urmutempel auf. Die anderen schafft ihr in den Thronsaal und bindet sie nackt in Ketten. Sie kommen uns für unser Fest heute Abend gerade gelegen.«
Er wandte sich an Yarise, die zitternd neben ihm stand. »Du wolltest doch ein Fest, nicht wahr? Und als Unterhaltung lehrreiche Folterungen für unsere thesradischen Gäste? Du sollst es haben. Schick gleich Diener mit Einladungen an die Edlen.«
»Ja, Liebster, ja, ja«, antwortete sie atemlos, doch ohne ihn anzusehen. Ihr Blick wanderte suchend über die blutigen Gefangenen.
Du-jum betrachtete sie. »Hältst du Ausschau nach Omeron?« fragte er sie flüsternd.
Mit aufgerissenen Augen starrte sie zu ihm hoch. »Ist er … ist er unter ihnen?« Aus ihren Lippen war jede Farbe gewichen.
Ein freudloses Lächeln huschte über Du-jums Lippen. Er schaute auf, ließ den Blick über die Gefangenen schweifen, dann deutete er in Richtung der Männer. »Bringt Lord Omeron herbei.«
Füssescharren war zu hören, ebenso heftige Verwünschungen. Du-jums Soldaten drohten mit den Schwertern, als sie sich einen Weg durch die Verwundeten bahnten und Omeron herbeizerrten, der stark hinkte. Vier Soldaten hielten ihn. Er trug den Kopf hoch und blickte Yarise nicht an, Du-jums finsterem Blick begegnete er jedoch grimmig.
»Omeron …«, murmelte Yarise.
Er kämpfte gegen sein Zittern, sein Gefühl der Schmach und seinen an Wahnsinn grenzenden Zorn an. »Der Höllenfürst«, sagte er trocken, und auch jetzt schaute er Yarise nicht an, »und seine Hure.«
Yarise erblasste, dann verzog das Gesicht sich in wilder Wut. »Tötet ihn!« schrie sie. »Tötet ihn!«
»Schafft ihn in mein Gemach«, befahl Du-jum den Wächtern. »Kettet ihn nackt an die Wand. Ich komme dann.«
Omeron schluckte schwer und blickte flüchtig auf Yarise, als er fortgebracht wurde. Er sah Augen voll Qual und Zorn zugleich.
»Die finsteren Geister werden viele Nächte prassen können«, murmelte Du-jum, dann wandte er sich laut an seine Soldaten: »Bringt nun die Verwundeten sogleich zu Urmu!«
»Dieser Gang führt zu den Verliesen«, erklärte Elath, der kurz stehen blieb.
Sonja und die sechs Soldaten, die den Kampf im Hof überlebt hatten, waren den verschlungenen Gängen tief unter dem Palast gefolgt.
»Wie könnt Ihr das wissen, Elath?« fragte Sonja.
Die Öllampe flackerte plötzlich, doch nicht von einem durch ihre Bewegung entstandenen Luftzug. Elath drückte schweigengebietend einen Finger an die Lippen. Nun blieben auch die anderen stehen.
»Ich spüre menschliches Leben in der Nähe. Menschen voll Furcht, doch nicht ohne Hoffnung.«
Er streckte den Arm mit der Lampe aus und wandte das Gesicht von ihr ab, damit sein Atem die Flamme nicht beeinflusste. Trotzdem flackerte sie weiter, als käme von irgendwoher eine leichte Brise.
»Wir müssen vorsichtig sein«, mahnte ein Soldat.
Sie schlichen auf Zehenspitzen weiter, und nachdem der Gang mehrere Biegungen gemacht hatte, wurde der Luftzug stärker, und sie hörten den gedämpften Klang von Stimmen.
Lauschend blieben sie stehen. Sonja, die den Abschluss bildete, konnte das Stimmengemurmel kaum hören. Leicht benommen von der modrigen Luft, lehnte sie sich mit einer Schulter an die Wand. Da gab der Stein nach.
Erschrocken duckte sie sich und sah im Geist eine Hand, die nach ihr greifen wollte, einen Dolch, der nach ihr stach und einen Strick, der sich um ihren Hals schlang.
Doch da war nichts dergleichen, nur das Scharren des alten Steins, der sich nach innen drehte und gerade noch am Rand des Steins unter sich balancierend anhielt.
Die anderen vor Sonja waren bei dem Scharren herumgewirbelt. Sie hatte sich inzwischen wieder aufgerichtet und betastete die Wand.
»Was ist los?« erkundigte sich der vorderste, der jetzt auf sie zukam.
»Die Wand ist hohl!« flüsterte sie.
»Sonja, wir haben jetzt keine Zeit, um …«
»O doch, dafür haben wir Zeit. Möglich,
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