Der Prinz von Astrilandis
über seinen Körper hinwegrauschen zu lassen. Er konnte sich stundenlang in den Wellen wälzen und die vorbeiziehenden Wolken am Horizont beobachten. Nach jedem Bad in dem kristallklaren Wasser fühlte er sich wie neu geboren. Schon vor langer Zeit hatte er sich selbst das Schwimmen, das eigentlich mehr ein Tauchen war, beigebracht. Es war für ihn die natürlichste Sache der Welt, mit dem Kopf unter Wasser zu gehen und in die bunte Welt einzutauchen, die allen anderen Astrilandiern verborgen war.
Niemand hatte ihn beobachtet, als er in den Fluten die Bekanntschaft einer neugierigen Seeschlange gemacht hatte, die ihn seither bei seinen Tauchgängen begleitete. Diese Kreatur war viel größer als der größte Fisch, den Hero je gesehen hatte, und als er sie zum ersten Mal sah, hatte sie ihm einen riesigen Schrecken eingejagt. Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt, dass sie jedes Mal neben ihm auftauchte, wenn er aufs Meer hinaus schwamm. Er konnte sie sogar anfassen und sich von ihr durchs Wasser tragen lassen.
Nicht einmal Mita hatte er von dieser Begegnung und seiner Leidenschaft für das Meer erzählt. Er wollte sie nicht beunruhigen, denn der Gedanke an eine Seeschlage hätten sie nicht nur in helle Aufregung versetzt, sie hätte es bestimmt ihren Brüdern erzählt. Und Hero wollte vermeiden, dass sich diese heimliche Bekanntschaft im Palast herumsprach.
4. Kapitel
Die Verbündeten
Am folgenden Abend kamen vom Süden her über das Meer zwei große Schiffe gefahren. Eines hatte auf dem höchsten Mast in der Mitte ein weißes Segel gesetzt mit dem schwarzen Mondzeichen des Inselreiches Miatris. Die Salsivaren kamen, weil Pantheer nach ihnen gerufen hatte. Zur gleichen Zeit erschallte vom Aussichtsturm ein hoher langgezogener Ton aus einem goldenen Horn. Dieser Ruf war so laut und durchdringend, dass er auch auf den Nachbarinseln noch schwach zu hören war. Im Norden hatten die Späher eine Reiterschar ausgemacht, die in einer Staubwolke geradewegs auf Astrilandis zu kam. Ihnen voran ritt ein Mann mit einem langen Speer, an dessen Ende eine goldene, mit funkelnden Steinen besetzte Spitze, erglühte. Pantheer selbst stand auf dem Aussichtsturm und sah mit großer Genugtuung, dass Mastros, der Anführer der Massonier selbst aus den Bergen herbeieilte, um sich mit ihm zu treffen.
Der mächtige Fürst aus dem Nordland war einst ein erbitterter Feind Astrilandis gewesen, aber seit er eine Schwester Pantheers zur Frau hatte, stand dieses Bergvolk nicht mehr auf Karikootos Seite, sondern hatte freundschaftliche Bande mit Astrilandis geknüpft. Pantheer wusste, dass seine Schwester so bald wie möglich einen Thronerben zur Welt bringen musste, wenn dieser Bund nicht wieder zerfallen sollte. Sie hatte schon drei Mädchen das Leben geschenkt, aber nur ein Sohn konnte den Thron erben und seine Schwester war schon wieder in Hoffnung. Nun wartete er noch auf weitere Verbündete, die gleichzeitig erbitterte Feinde Karikootos waren: Das Volk der Falken mit seinen drei Anführern Mika, Toka, und Sati. Diese drei Brüder waren durch ihren Vater mit Astrilandis verbunden. Sie alle waren Nachfahren des berühmten Astrilandis Stammes. Pantheer fühlte für diese drei Brüder eine enge Verbundenheit, weil sie zusammen mit ihm ihre Kindheit im Palast verbracht hatten. Doch bis jetzt gab es von ihnen noch keine Spur.
Als die Sonne bereits untergegangen war, es war zur zehnten Stunde, versammelten sich die Ankömmlinge in der großen Säulenhalle des Palastes. Pantheer trug einen weißen Mantel, der ganz mit goldenen Ranken bestickt war. Seine Krone mit den edelsteinbesetzten Sternen saß auf einem Fellring tief in seiner Stirn. Jeder der 5 Sterne hatte eine andere Edelsteinfarbe. Ein langer Fuchsschweif hing auf der Rückseite bis auf Pantheers Schultern. Pantheer war so groß, dass er die meisten der Anführer um mehr als einen Kopf überragte, auch in einer einfachen Tunika war er als Herrscher zu erkennen. Als seine majestätische Gestalt durch die Wartenden schritt, neigten sich die versammelten Gäste tief, keiner wagte dem König ins Gesicht zu schauen. Pantheer hielt sich nicht lange mit Begrüßungszeremonien und Vorreden auf. Im vorderen Bereich des Saales stand eine Reihe von Säulen, die in der Mitte durch einen schwarzen Ebenholzthron mit reichen Schnitzereien unterbrochen war. Seine beiden Geparde Man und Tan folgten ihm auf leisen Sohlen bis zum Thron. Bevor er sich setzte, übergab er die Leinen der
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