Der Prinz von Astrilandis
doppelt so alt wie Myadne, aber er war ein Mann, dem sie den Thron und ihre Tochter gerne anvertraut hätte. Ihre Wahl war auf Fürst Macia gefallen, weil er der einzige im ganzen Inselreich war, der ihr Vertrauen genoss. Er war reich, zurückhaltend, gut aussehend und würde Myadne ein guter Ehemann sein. Er war geeignet die Geschicke von Miatris zu führen. Myadne sollte nicht wie sie selbst, allein die Bürde der Macht tragen müssen. Was sollte sie nun diesem Bewerber sagen? Es war eine schwierige Aufgabe, Myadne umzustimmen, doch Laonira würde so schnell nicht aufgeben. Plötzlich durchfuhr sie ein Gedanke: War ihre Tochter vielleicht verliebt und sie hatte nichts davon bemerkt? Vielleicht war ihr einer der jungen Männer, die sie beim Perlentauchen begleiteten, zu nahe gekommen. Das würde auch erklären, dass Myadne Fürst Macia für einen alten Mann hielt. Laonira atmete tief durch. Sie würde die Göttin Sanivala um Rat bitten. Sie erhob sich, um noch einmal den Tempel auf der anderen Seite des Palastes zu besuchen.
Allmählich erwachte der Palast zum Leben. Die Wasserträger liefen in einer langen Kette hinunter zum See, um die vielen Becken, zur Erfrischung und für die Reinlichkeit der Palastbewohner, wie jeden Morgen aufzufüllen. Die Fischer verließen ihre Behausungen, um ihre Schiffe aufs Meer hinauszufahren.
Zur Mittagszeit würde der Ältestenrat zusammentreten, um Laoniras Wünsche und Befehle entgegen zu nehmen. Laonira blickte auf das rege Treiben überall an den Kraterwänden. Sie würde nicht versuchen ihre Tochter noch einzuholen, Myadne musste diese Neuigkeit erst verdauen, bevor sie ein zweites Mal mit ihr darüber sprechen konnte.
Myadne rannte in ihrer Verzweiflung hinunter in den Hafen. Dort sprang sie auf das nächstliegende Schiff der Perlentaucher, die gerade dabei waren, die Leinen zu lösen. Die Männer und Frauen, die ihre Körbe und Fangnetze bereits verstaut hatten, sahen Myadne erstaunt an. Die Tochter der Herrscherin war zwar sehr beliebt, aber wenn sie auf dem Schiff mitfuhr, musste man ihr die besten Fanggründe überlassen. Myadne beachtete die neugierigen Blicke nicht, sie wandte sich an den Bootsmann und sagte: „Fahr heute auf die Außenseite des Riffs, denn dort habe ich beim letzten Tauchgang die größten Muscheln gesehen.“ Der Bootsführer wandte ein: „Heute ist starker Seegang und es ist nicht ungefährlich die nördliche Route zu nehmen.“ Myadne schüttelte unwillig den Kopf. „Tue einfach, was ich dir sage!“, dabei blickte sie dem Mann, den sie um einen Kopf überragte, triumphierend in die Augen. Der Kapitän verbeugte sich vor der jungen Frau, dann wandte er sich von Myadne ab, ohne ihr zu antworten. Er befahl das vordere Segel zu setzen und auszulaufen. Der Bootsführer wagte nicht, der jungen Herrscherin zu widersprechen. Sie hätte selbst das Kommando übernommen, wenn er gewagt hätte, sich ihr zu widersetzen, da sie selbst eine gute Seglerin war und die meisten der Taucherinnen in der Fähigkeit, unter Wasser zu bleiben, übertraf. Myadne sog die frische Seeluft tief ein. Lieber würde sie für immer bei den Perlentauchern leben, als an der Seite eines alternden Fürsten die Geschicke der Inseln zu lenken. Sie konnte sich nicht vorstellen, warum ihre Mutter ausgerechnet diesen Mann für sie ausgesucht hatte. Ihren Wunsch, einmal nach Astrilandis zu fahren, um sich dort auf dem Kontinent umzusehen, wurde ihr von Laonira stets verwehrt. Vielleicht gab es dort einen geeigneten Prinzen, der sie zur Frau nehmen würde. Die wenigen Gelegenheiten, in denen sie die Bekanntschaft astrilandischer Seeleute gemacht hatte, waren ihr in lebhafter Erinnerung geblieben. Es war ein riesiger Spaß gewesen, ihnen ihre Schwimm- und Tauchkünste vorzuführen. Die Astrilandier waren selbst keine großartigen Schwimmer. Sie mieden das Wasser. Myadne hatte beobachtet, dass ein paar der jungen Seeleute vom Kontinent nach ihren Booten Ausschau hielten. Sie kreuzten vor dem Riff und warteten, bis die Perlentaucher ihre Boote verankert hatten, dann kamen sie näher, um den Frauen zuzusehen. Ihrer Mutter hatte sie von diesen Begegnungen nichts erzählt. Sie fürchtete, dass sie ihr dann endgültig verbieten würde, mit hinauszufahren.
Die Abneigung, die Laonira gegen Astrilandis hatte, war für Myadne ein Rätsel. Es gab so viele Mythen und Geschichten über den großen Kontinent und viele der Salsivaren trieben Handel mit den Astrilandiern. Von dort kamen wunderschöne
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