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Der Professor

Titel: Der Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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entschieden und bei klarem Verstand sein konnte, während er eine Sekunde später wie von einem unsichtbaren Wind an einen anderen Ort getragen wurde. »Ich denke, ich werde hingehen und …«
    »Warten Sie«, sagte Terri. »Wo hingehen?«
    »Nun, ich hatte noch nicht oft das Vergnügen, mit Sexualverbrechern zu reden, zumindest nicht wissentlich, man weiß ja nicht alles über die Menschen, mit denen man im Alltag in Berührung kommt, aber ich denke, ich sollte meine Nachforschungen mit diesem Mann beginnen.«
    »Nein«, sagte Terri. »Sie würden meine Ermittlungen behindern.«
    Adrian schüttelte den Kopf und lachte trocken. »Tatsächlich? Das glaube ich kaum. Aber meine Hilfe ist bei Ihnen offenbar nicht erwünscht, daher muss ich es wohl, um es einmal so zu sagen, auf eigene Faust versuchen.«
    Terri streckte wie der Blitz die Hand aus und packte Adrian am Unterarm, nicht so sehr, um ihn einzuschüchtern, sondern um ihn am Gehen zu hindern. »Warten Sie«, sagte sie. »Ich denke, wir sollten versuchen, uns gegenseitig etwas besser zu verstehen. Sie wissen, ich habe einen Job und …«
    »Ich habe ein Interesse. Ich werde mich engagieren, egal, was Sie davon halten. Und ich bin mir keineswegs sicher, ob Ihr Job mehr Gewicht hat als meine Faszination.«
    Terri seufzte. Ein guter Polizist bekommt ein Gespür dafür, ob und wie weit jemand ihm Ärger machen oder eine Hilfe sein wird. Bei Adrian, schätzte sie, deutete alles darauf hin, dass er ein bisschen von beidem für sie bereithielt. Da sie in einer Stadt lebte, in der es von Akademikern wimmelte, durfte sie sich nicht wundern, wenn jeder glaubte besser zu wissen, was der andere zu tun und zu lassen hatte.
    »Professor Thomas, versuchen wir, die Sache hier richtig zu machen«, sagte sie im vollen Bewusstsein, ihm einen Spaltbreit eine Tür zu öffnen, die sie besser fest verriegelt hätte. Doch in diesem Moment sah sie keine Alternative. Sie wollte wahrlich nicht, dass dieser Ex-Universitätsprofessor mit dem leichten Dachschaden mal eben so in ihrem Fall herumtrampelte, vorausgesetzt, es gab überhaupt einen Fall.
Gönn ihm also eine Prise Realität, das sollte dann aber auch genügen.
    Sie warf einen Blick auf die gestapelten Papiere. Sie wollte die Polizei am Bostoner Busbahnhof anrufen und sich die Aufnahmen der Überwachungskameras von dem Abend schicken lassen, an dem Jennifer verschwunden war, und von dem Zeitpunkt, als die Fahrkarte gekauft wurde. Sie seufzte innerlich. Das würde noch ein paar Stunden warten müssen. »Also gut, Professor Thomas«, sagte sie. »Ich werde hinfahren und dem Mann ein paar Fragen stellen, und Sie können mich begleiten. Aber von da an möchte ich, dass Sie sich auf einen Anruf bei mir beschränken, wenn Ihnen etwas einfällt, und nicht mit der Tür ins Haus fallen. Und ich bitte Sie, keine eigenmächtigen Ermittlungen mehr zu unternehmen. Ich will nicht, dass Sie Leute beschatten. Ich will nicht, dass Sie Leute befragen. Ich will, dass Sie das von jetzt ab lassen. Das müssen Sie mir versprechen.«
    Adrian lächelte. Er wünschte sich, Cassie oder Brian wären da und könnten dieses bescheidene Zugeständnis der Polizistin hören. Waren sie aber nicht. Andererseits brauchten sie vielleicht nicht zuzuhören, um etwas zu verstehen.
    »Ich denke«, sagte er ruhig, »das klingt ganz vernünftig.«
    Obwohl er ihr nichts versprochen hatte, schien die Ermittlerin zufrieden. Außerdem gefiel ihm das Wort »vernünftig«. Er glaubte nicht, dass er noch allzu lange in der Lage sein würde, vernünftig zu agieren, doch er war entschlossen, die kurze Zeit zu nutzen.
     
    »Hören Sie«, sagte Terri. »Halten Sie den Mund, es sei denn, ich frage Sie etwas. Sie sind nur als Beobachter dabei. Das Reden ist meine Sache.« Sie schielte zu dem alten Mann neben ihr hinüber. Er nickte zwar, doch sie glaubte nicht wirklich, dass er sich an ihre Regeln halten würde. Sie warf einen Blick auf das Haus mit dem kleinen beigefarbenen Wagen davor. In der abendlichen Dunkelheit wirkte jeder Schatten länger und breiter. Die wenigen Lichter im Haus kämpften gegen die hereinbrechende Nacht. Aus einem Zimmer drang der metallisch graue Widerschein eines Fernsehapparats, während sich hinter einer dünnen Gardine eine Gestalt bewegte und den Blick durchs Fenster versperrte.
    »Also gut, Professor Thomas«, sagte sie forsch. »Das hier ist simpelste Ermittlungstätigkeit. Hier ist kein gutaussehender Schauspieler mit übernatürlichen Fähigkeiten am

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