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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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wie der andere. Sie brachen beim ersten Licht auf, nach einem kalten Frühstück. Sie wateten voran durch nicht enden wollenden Schlamm und seichte Tümpel. Gelegentlich legten sie eine Rast ein, doch je länger ihre Reise dauerte, desto weniger erholten sie sich bei diesen Stopps. Manchmal fand Bernard ein wenig trockenes Holz, das ohne viel Rauch brannte, aber viel war es nie, und mehr als ein winziges Feuer mochte er nicht wagen.
    Dann kochten sie das Fleisch, das Bernard schießen konnte - meistens gab es Garim, ein geschmackloses, fettes Fleisch. Nachts konnten sie sich nie ein Feuer leisten, da man es Bernards Meinung nach meilenweit sehen würde, und ohne Feuer waren die Nächte einfach unerträglich.
    Auf trockenem Gelände hielten sie an, um sich auszuruhen, aber »trocken« hatte hier im Sumpf nicht die gleiche Bedeutung wie überall sonst. Die Feuchtigkeit zog in Decken und Kleidung, gleichgültig, was man versuchte, um es zu verhindern, bis Bernard so viele der kleinen Garimhäute erjagt hatte, dass sie daraus eine große Schlafunterlage machen konnten. Einer von ihnen musste stets Wache halten, daher konnten sie sich auch nicht aneinanderschmiegen und gegenseitig wärmen. So zitterte Amara selbst in der wenigen Zeit, in der sie schlafen konnte.
    Und natürlich wurden sie zu jeder Stunde des Tages und der Nacht von tausenden und abertausenden Insekten geplagt, Insekten, die krabbelten, Insekten, die flogen, Insekten, die schwammen.
Unablässig wischte Amara sich die Tiere, die stets die Luft erfüllten, aus Augen und Nase und Ohren und Mund.
    Sobald es hell wurde, standen sie auf und setzten die Wanderung fort.
    Tag um Tag um Tag.
    Obwohl Bernard behauptete, sich besser zu fühlen, bot er nicht an, die Führung wieder zu übernehmen, und Amara sah, wie er sich Augen oder Schläfen rieb, wenn er sich unbeobachtet fühlte. Der Erste Fürst schlief und döste die meiste Zeit, und obwohl er sich nicht vom Fieber erholte, schien dieses wenigstens nicht schlimmer zu werden.
    Vor einer Stunde hatten sie zum Essen angehalten, und Amara hatte noch den fetten Geschmack des Garimfleisches im Mund, als ihr eine Bewegung im Sumpf auffiel. Sie blieb stehen, hob eine Hand und blickte Bernard über die Schulter an.
    Sie standen hüfttief im Wasser, und Bernard legte sofort Bogen und Köcher auf Gaius’ schwimmende Trage und tauchte unter, bis nur noch sein Kopf herausschaute. Amara folgte seinem Beispiel. Lautlos watete er durchs Wasser zu ihr und blinzelte nach vorn.
    Amara hob die Hände, rief Cirrus und bat den Elementar, das Licht in dem Raum zwischen ihren Händen zu beugen. Kurz verschwamm die Luft, dann wurde sie schärfer und vergrößerte einen Bereich vor ihnen.
    Drei Männer zogen durch den Sumpf. Sie trugen Garimmäntel, Hosen und Stiefel. Die gesprenkelten Häute der Sumpfeidechsen verschmolzen fast vollständig mit dem Grün und Grau und Braun der Umgebung. Eigentlich hätte Amara sie überhaupt nicht bemerkt, wenn nicht …
    Sie bat Cirrus, das Bild noch ein wenig zu vergrößern, und richtete die Luftlinse auf den vordersten. An seinem Hals glitzerte ein polierter Metallring. Mit Hilfe ihres Elementars konnte sie sogar das Wort lesen, das in den Stahl graviert war: Immortalis .
    »Unsterbliche«, flüsterte sie. »Es sind Unsterbliche, Bernard.«

    Er antwortete nicht, doch sie konnte ihm die Sorge vom Gesicht ablesen. Die versklavten Krieger waren durch den elementargewirkten Ring, über den man sie nach Belieben zwingen konnte, den Willen des Besitzers auszuführen, in den Wahnsinn getrieben worden. Kalarus’ Unsterbliche hatten in der Nacht der Roten Sterne Dutzende von Cives ermordet, weil sie nur ein einziges Ziel kannten: ihrem Herrn und Meister Kalarus zu dienen. Amara hatte mit angesehen, wie diese Unsterblichen einfach weiterkämpften, obwohl man ihnen schon ein Schwert durch den Hals gestochen oder eine Gliedmaße vom Körper gehackt hatte. Sie nahmen alle Wunden willig hin, denn für sie zählte nur, den Mordauftrag auszuführen, den ihnen ihr Herr gegeben hatte.
    »Verfluchte Krähen«, murmelte Bernard.
    Einen Augenblick später entdeckte Amara im Dunst hinter den Unsterblichen noch etwas anderes.
    »Bernard«, flüsterte sie. »Ich sehe die Berge.«
    Er holte tief Luft, und plötzlich spürte sie seine Hand auf ihrem Rücken. »Wie weit ist es noch?«
    »Zehn Meilen«, schätzte sie. »Vielleicht auch zwölf.«
    Er nickte. »Also nah.«
    »Die Streife zieht an uns vorbei«, sagte sie.

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