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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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schwieligen Fingern und kurz geschnittenen Nägeln.
    Marcel stürzte hin. Der Körper des alten Arabers blockierte die Tür. Aus seiner durchschnittenen Kehle war das Blut gespritzt. Ein fast schon vertrauter Anblick. Das Kinderbett war leer. Das Zimmer war verwüstet, die Metallkugeln eines Boule-Spiels waren in alle Richtungen gerollt. Marcel drehte sich um. Sein Herzschlag stockte. Am Fuß des Bettes lag Nadja auf dem Bauch. Bevor Jean-Jean eingreifen konnte, hatte er sie umgedreht. Geschlossene Augen, leicht geöffnete Lippen, ein großes Hämatom an der Schläfe, Blut an den Händen. Er legte die Hand auf ihr Herz.
    »Sie lebt.«
    Seine Finger tasteten nach dem Ursprung des Bluts. Eine Wunde am Hinterkopf.
    Jean-Jean war schon am Telefon. Marcel hörte ihn sprechen, kurze Sätze, die er schon hundert Mal gehört hatte.
    Nadja öffnete die Augen. Ihr Blick schien über die Gegenstände zu irren, ohne sie zu erkennen, wurde dann langsam klarer. Marcel!
    »Marcel!«
    »Der Krankenwagen ist gleich da.«
    »Er hat Momo mitgenommen.«
    »Wir kümmern uns darum. Mach dir keine Sorgen.«
    Nadja versuchte sich aufzurichten.
    »Bleib liegen.«
    »Ich habe nichts«, protestierte sie. »Er hat … er hat Ahmad getötet! Er hat ihn getötet und Momo mitgenommen!«
    Marcel hob eine der blutverklebten Boule-Kugeln auf; die weit geöffneten Augen des Alten starrten ihn an, er drückte sie sanft zu. Nadja, die sich hingesetzt und an das Bett gelehnt hatte, versuchte aufzustehen.
    Marcel half ihr und nahm sie in die Arme. Jean-Jean sah sie schweigend an. Dann deutete er auf den Alten und fragte:
    »Was ist geschehen?«
    »Ich bin aufgewacht, weil ich Lärm gehört habe, dann einen Schrei. Ich bin in Momos Zimmer gelaufen. Da war dieser Mann, er hatte Momo am Hals gepackt, und Ahmad versuchte, ihn wegzureißen; dann hat er den Arm gehoben, und Ahmad ist zusammengebrochen, das Blut ist durchs Zimmer gespritzt, ich habe mich auf ihn gestürzt, auf ihn eingeschlagen, dabei hat er sein Rasiermesser losgelassen. Ich habe mich über meinen Schwiegervater gebeugt und einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen, dann weiß ich nichts mehr. Der arme Ahmad, er hat geschrien: >Lass mein Kind, lass ihn!<. Er wird ihn umbringen, nicht wahr? Er wird Momo umbringen .«
    Marcel dachte an Ahmad, der sich mit durchgeschnittener Kehle zur Tür geschleppt hatte, um den Mann zurückzuhalten, der seinen Enkel mitnahm. Doch die Tür hatte sich für immer hinter seiner Verzweiflung geschlossen.
    »Warum hat er nicht mich getötet?«, schrie Nadja.
    »Damit du leidest«, antwortete Marcel, »damit du daran krepierst.«
    Jean-Jean kratzte sich am Kopf.
    »Georges hat etwas über diesen Paulo herausgefunden. Er hat mit Marron darüber gesprochen. Wir müssen ins Archiv.«
    »Vor allem müssen wir ihn finden.«
    »Vielleicht gibt es dort etwas, das uns auf die richtige Spur bringt. Wenn er den Jungen entführt hat, dann, um ihn als Faustpfand zu benutzen.«
    »Er weiß, dass er erledigt ist. Er hat nichts mehr zu verlieren«, gab Marcel zu bedenken.
    »Niemand gibt sich gern geschlagen. Kommen Sie dann nach.«
    Um diese Zeit war das Archiv wie ausgestorben. Jean-Jean konnte in aller Seelenruhe die Tür aufbrechen.
    C … Compaux, Consigli, Constand, Contadini … Die Akte bestand aus einem dünnen blassblauen Hängeordner. Er öffnete sie, las die vergilbten Seiten und schloss sie wieder. Jetzt hatte er verstanden. Der arme Georges war Opfer seines allzu guten Gedächtnisses geworden.
    Ein Geräusch auf der Treppe. Marcel erschien, gefolgt von Nadja, die einen provisorischen Kopfverband hatte.
    »Und?«
    Wortlos reichte ihm Jean-Jean die Akte. Marcel und Nadja überflogen sie. Es war schwer gewesen, die Aussage des Jungen zu bekommen, er hatte unter Schock gestanden, geknurrt und versucht, jeden zu beißen, der sich ihm näherte. Man hatte ihn in die Psychiatrie eingewiesen, und der Therapeut hatte Wahnzustände diagnostiziert.
    »Der Liebhaber der Mutter wurde vom Blitz erschlagen?«, wunderte sich Nadja.
    »So was kommt vor«, bemerkte Jean-Jean, »aber es war sicher nicht der Blitz, der die Axt ins Zimmer gebracht hat! Mein Gott, welcher Idiot hat sich bloß mit diesem Fall beschäftigt?«
    Marcel überflog das Protokoll: Man hatte tatsächlich die Reste eines halb geschmolzenen Beils neben dem Skelett des Mannes gefunden. Er gab Jean-Jean die Akte zurück.
    »Glauben Sie, dass …?«
    »Ich weiß nicht. Ein Mann, eine Frau, ein Kind. Der Mann stirbt, die

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