Der Purpurkaiser
Das war das Herrliche an Spinnerseide. Sie machte aus jeder Frau eine strahlende Schönheit; aus jeder, die es sich leisten konnte, natürlich.
»Selbstverständlich, Hoheit. Bitte folgt mir.«
Blue ließ sich durch die Werkstatt geleiten. Die Herrinnen hatten ihre gesamte Werkstatt in den Palast geschafft; darauf deutete jedenfalls die Anzahl der Gewänder hin, die sie anfertigten. Blue hoffte nur, dass sie ihre Spinner zu Hause gelassen hatten. Sie mochte Spinnentiere – sie war sogar stolze Besitzerin eines illegalen psychotronischen Exemplars –, aber Seidenspinnen hatten die Ausmaße von Hunden, und das war selbst ihr zu groß.
Die Herrin öffnete die Tür zu einem zweiten Raum, der kleiner als der erste und frei von Werkbänken war. Dort hing, über einem hölzernen Gestell und sanft von einer Glühkugel beleuchtet, ein atemberaubendes Gewand in Gold und Purpur. Der Stoff schimmerte wie verzaubert.
Blue musste nach Luft schnappen. »Es ist… unglaublich.«
Die Herrin schmunzelte verhalten. »In der Tat, Hoheit.«
Spontan fragte Blue: »Wie heißen Sie?«
»Peach Blossom, Hoheit.«
»Das ist das Schönste, was ich je gesehen habe, Peach Blossom«, sagte Blue ernst. Sie trat einen Schritt näher an das Gewand heran. Obwohl es hier drin ein oder zwei Grad wärmer war als in der Werkstatt, bildete ihr Atem immer noch Wolken. »Muss ich mich ausziehen, um es anzuprobieren?«
»Ja, Hoheit. Die Maße werden natürlich stimmen, aber durch Eure Körperwärme wird sich das Material setzen und ein für alle Mal Euren Formen anpassen. Vorausgesetzt, dass Ihr es beim Anziehen nicht zerreißt.«
»Ich werde vorsichtig sein«, versprach Blue.
Das Material fühlte sich komisch an… als würde es einem ständig entgleiten. Es war nicht richtig schlüpfrig, aber irgendwie bekam man es auch nicht zu fassen, als gehörte es einer anderen Dimension an. Blue hätte sich das Kleid am liebsten sofort übergezogen – das Zimmer war so kalt, dass sie zu frösteln anfing –, aber sie zwang ihre klammen Finger zu langsamen, bedächtigen Bewegungen. Das Gewand glitt über ihren Kopf und an ihrem Körper hinab wie ein Film von Duftöl. Sofort war ihr nicht mehr so kalt und sie spürte den Umwandlungsprozess, mit dem die Spinnerfäden sich zu setzen begannen.
»Fertig, Hoheit«, sagte Peach Blossom schließlich. »Ihr könnt Euch wieder bewegen – jetzt kann nichts mehr passieren.«
Blue bewegte sich und das Gewand bewegte sich mit ihr. Sie war plötzlich voller Energie, als hätte jemand euphorisierende Duftkerzen entzündet.
»Ihr seht wundervoll aus, Durchlauchtigste Hoheit«, sagte Peach Blossom. »Bitte kommt mit und zeigt Euch den anderen Herrinnen.«
Blue hatte nie sonderlich auf ihr Aussehen geachtet, aber jetzt fühlte sie sich richtig anmutig, fast schön. Sie fand sich ebenso elegant wie die Seidenherrin. Ihre Bewegungen waren ein Tanz. Kein Wunder, dass die Herrinnen so hohe Preise für ihre Kleider verlangen konnten: Der Effekt, wenn man eines trug, war absolut unglaublich.
Als sie in die Werkstatt zurückkehrte, brach Applaus aus. Einige Seidenherrinnen standen sogar auf und strahlten. Blue lächelte dankbar und in diesem Moment des Triumphs kam ihr ein unerwarteter Gedanke: Wartet nur, bis Henry Atherton mich so sieht!
Drei
D er Mann, der aus dem Schatten getreten kam, war groß und dünn und trug eine knöchellange indigofarbene Toga, die mit Elektronik- und Planetensymbolen bestickt war. Er sah Henry durchdringend an. »Dir ist hoffentlich klar, dass dieses Zeug randvoll mit Suchtstoffen ist, ja? Speziell auf Katzen abgestimmt. Die blöden Viecher werden abhängig und rühren nichts anderes mehr an. Umso teurer kann man’s dann verkaufen.«
Henry starrte auf das Futter in seiner Hand, dann wieder auf die Gestalt mit dem finsteren Gesicht. »Mr Fogarty! Was machen Sie denn hier?«
»Ich wohne hier«, sagte Fogarty säuerlich.
»Nein, tun Sie nicht. Jedenfalls nicht diesen Monat.« Auf einmal war Henry ganz aufgeregt. »Wie geht’s Pyrgus? Was läuft im Reich?« Er versuchte ganz cool zu klingen. »Und wie geht’s, ähm, Prinzessin Blue?«
Fogarty bückte sich und öffnete den Schrank unter der Spüle. Er holte eine Dose hervor und suchte in der Besteckschublade nach einem Öffner – die Dose war so alt, dass sie nicht einmal einen Ring zum Aufmachen hatte. »Pyrgus ist die reine Katastrophe. Den interessiert die Wirklichkeit doch gar nicht, wie kann man da von ihm erwarten, ein
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