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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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sagte er, nachdem sie eine Weile geflogen waren, „ich hab nämlich die Explosion genau gesehen. Es kann nur so sein, daß sich unter der Pflanzendecke Sumpfgas sammelt. Wenn nun die Proxima besonders stark scheint, erhöht sich die Sauerstoffproduktion der Moose, und an einigen Stellen entsteht eine explosive Gasmischung, die sich dann entzündet. Gut, was?“
    Irina antwortete nicht, und einen ganz kurzen Augenblick ärgerte sich Uwe. „Ein blindes Huhn findet auch manchmal ein Korn!“ sagte er, aber dann fuhr er lachend fort: „Wenn du ein Blindenhund wärst, würdest du wenigstens ab und zu bellen.“
    „Ich sehe jetzt eine Stelle, wo wir landen können“, erklärte Irina, ohne auf Uwes Worte einzugehen. „Richte dich genau nach dem, was ich sage. Gleitflug – so, jetzt eine leichte Linkskurve, halt, geradeaus weiter – jetzt abfangen, stärker – langsam nachlassen, so, noch einen Meter – gut.“
    Aufatmend landete sie neben Uwe und half, die Schwingen abzulegen. Dann putzte sie ihm notdürftig den Helm ab und legte sich seufzend auf den Felsboden, der hier um ein paar Meter die anscheinend immer noch feuchte Umgebung überragte.
    „Wenn man eine Weile blind war, ist sogar die Proxima eine schöne Sonne!“ scherzte Uwe.
    „Du produzierst dich hier als Bruder Leichtfuß“, sagte Irina ruhig, „und ich richte mich nach dir, weil ich gewöhnt bin, mich immer nach dir zu richten. Und dann stellt sich das als Fehler heraus – und darüber soll ich noch lachen?“
    „Ich schweige und gehe in mich!“ sagte Uwe.
    „Deine gespielte Zerknirschung ist auch nur Übermut“, erwiderte Irina, „ich meine es aber ganz ernst. Du bist auf eine Art seltsam, die ich noch nicht gekannt habe. Wie ein kleiner Junge, der voller Seligkeit schnurstracks durch die tiefsten Pfützen patscht. Anfangs schien mir das ganz lustig, aber jetzt mache ich mir Sorgen, denn dieser Tiefflug war wieder ein unverzeihlicher Leichtsinn. Es sind uns auf diesem Planeten schon so viele unerklärliche Gemütsbewegungen begegnet, daß ich auch in diesem Falle eine Gefahr wittere. Aber ich weiß nicht, wo sie liegt.“
    „Ich glaube, du hast recht“, sagte Uwe, jetzt auch ernst. „Und selbst wenn du dich irren solltest – wir müssen jeder Gefahr vorbeugen. Schlaf jetzt, ich werde darüber nachdenken.“
    Irina verdunkelte mit einem Knopfdruck den Klarsichthelm und gab sich den Einschlafbefehl.

    Das Gebirge war nun schon ganz nahe gerückt. Sie hatten nach der Pause gegessen und ihre Gedanken ausgetauscht, waren aber nur bis zu der Vermutung gekommen, daß wohl doch die ungewohnte Freiheit der Bewegung ein gewisse übermütige Stimmung provoziere. Um ihr nicht weiter zu erliegen, hatten sie für den Rest des Fluges ein strenges Reglement eingeführt, Flughöhe, -richtung und -ordnung betreffend. Auch sollten, damit sie sich nicht gegenseitig anstecken konnten, nur sachliche Dinge besprochen werden.
    Trotzdem fühlte sich Uwe immer noch so frisch und froh wie seit langem nicht mehr. Als sie nun auf Südkurs gingen, um möglichst nahe an die Stelle heranzukommen, wo der Fluß durch das Gebirge brach, bedauerte er fast, daß dieser Tag und dieser Flug bald zu Ende sein würden.
    „Da ist der Fluß!“ rief Uwe, als am Horizont ein golden blinkendes Band auftauchte.
    Aber Irina antwortete nicht. Erst nach etwa einer Minute sagte sie: „Hör mir jetzt zu und tu, was ich sage. Ich weiß jetzt ungefähr, was mit uns los ist. Wir müssen unbedingt innerhalb der nächsten Minuten einen geeigneten Landeplatz finden. Wenn dann einer von uns beiden nicht mehr kann, muß wenigstens der andere noch um jeden Preis die Rakete starten und das Funkfeuer aufstellen. Wundere dich nicht und frage nicht, sammle alle Energie, die du hast.“
    Uwe war verwirrt, er sah keinen Sinn in dem, was Irina sagte, aber ihre Stimme hatte ganz klar geklungen, und deshalb ordnete er sich unter.
    Ein langgestreckter, ziemlich flacher Ausläufer des Gebirges bot sich an. Uwe landete – und knickte in den Knien ein. Sein Körper war ihm plötzlich so schwer, als sei er über die Kräfte lange im Wasser geschwommen und versuche nun, ein hochliegendes Ufer zu erklimmen. Er streifte im Liegen die Schwingen ab und erhob sich dann schwerfällig. Mit Mühe zog er die Teile der Funkrakete aus den Taschen. Seine Hände zitterten, als er sie zusammensetzte. Er war plötzlich unendlich müde und gleichgültig, aber er durfte nicht gleichgültig sein, irgend etwas mußte er doch

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