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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
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an nicht nur sparsam, sondern richtig geizig sein werde.« Ich sonnte mich einen Augenblick lang in meiner Tugendhaftigkeit. »›Sparst du in der Zeit, so hast du in der Not‹, lautet meine neue Devise. Vielleicht mache ich sogar meine Putzmittel selbst. Erinnerst du dich an das Buch, das ich neulich auf dem Speicher entdeckt habe – das von Abigail? Ich glaube, ich rolle mich heute nachmittag damit auf dem Sofa zusammen und sehe mal nach, was man ohne Chemiekurs nachbrauen kann.«
»Das tust du aber nicht, weil du dir Sorgen um das Restaurant machst, oder?« Die Doppelfalte, die auf Bens Stirn entstand, paßte zu der am Kragen seines Regenmantels. »Hat dich Freddy mit seiner Liebe zum Dramatischen etwa schon zum Schlottern gebracht? Vielleicht siehst du uns schon Streichhölzchen verkaufen, damit wir etwas zu essen haben.« »Sag mir lieber, wieviel Sorgen du dir machst. Das ist alles, was ich wissen will, Liebling.« Ich betrachtete ihn forschend und erschrak, als ich erkannte, wie bedrückt er mit einem Mal wirkte. Wenn jemals jemand so aussah, als wappne er sich für einen Schicksalsschlag, dann war es mein Mann just in diesem Augenblick.
»Das ist gar nicht mein Regenmantel«, murmelte er, betastete seine Vorderseite und stocherte mit den Händen in den Taschen herum.
»Was in aller Welt erzählst du da?«
»Ich habe meinen während des Gottesdienstes ausgezogen, weil es in der Kirche so stickig war, und ihn über die Rückenlehne der Kirchenbank gelegt. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, fällt mir ein, daß Brigadegeneral Lester-Smith neben mir dasselbe getan hat. Sein Mantel hat dieselbe Farbe wie meiner. Verdammt! Ich muß mir den falschen geschnappt haben.« Bens blaugrüne Augen schauten ganz entsetzt, und das war mit Sicherheit nicht gespielt. Der Brigadegeneral war ein ausgesprochen pingeliger Mensch, der auch da Knitterfalten sah, wo es gar keine gab. »Bist du sicher, daß du den falschen gegriffen hast?« Ich gab mir Mühe, nicht zu lachen. »Der hier sieht genauso aus wie deiner.«
»Die Manschetten.« Ben streckte die Arme vor. »Hier ist noch ein zweiter Knopf. Und sieh mal.« Er schlug die Vorderseiten zurück. »Das Futter ist ganz anders. Das hier ist braun. Meines hat ein grün-blaues Schottenkaro.«
Ich fuhr mit den Händen über die feuchten Schultern. »Kein Grund zur Panik, Liebling. Ich glaube nicht, daß Brigadegeneral Lester-Smith jetzt schon bei der Polizei sitzt und tobt, daß man dich verhaften soll. Es ist ja auch denkbar, daß er derjenige war, der deinen Mantel genommen hat. Offensichtlich hat er den Irrtum auch nicht bemerkt, denn sonst hätte er bestimmt etwas gesagt, als ihr gegangen seid.« »Irgendwie komisch, nicht?« Ben wirkte jetzt eher verwundert als besorgt. »Der Brigadegeneral ist doch sonst so genau – wieso hat er das nicht gleich bemerkt? Aber es ist sein Mantel, daran besteht überhaupt kein Zweifel. Schau nur.« Wieder klappte er die Vorderseiten zurück. »Da stehen seine Initialen – W.L.S.« »Das sieht ihm tatsächlich nicht ähnlich«, gab ich zu. »Aber vielleicht hatte der Herr General seinen Kopf heute woanders. Soll ich ihn anrufen und dafür sorgen, daß die Mäntel wieder dahin kommen, wo sie hingehören?« Dieser Vorschlag schien Bens Stimmung zu heben. Dann sagte er mit einem Blick auf die Küchenuhr, daß er nun wirklich los müsse, auch wenn Freddy dawäre, um darauf zu achten, daß sich niemand mit dem Gebäude aus dem Staub mache. Er zog mich an sich, küßte mich mit der Hingabe eines Mannes, den man gerade aus einem Schiffswrack gezogen hat, und war schon fast aus der Tür, als er auf dem Absatz wieder kehrtmachte und den Regenmantel des Brigadegenerals mit dem abgewetzten blauen Mantel vertauschte, der in der Nische hing. Männer sind eigenartige Wesen. Sie können ganze Regierungen auseinandernehmen und neu zusammensetzen, Weltkarten umzeichnen und Kriege planen, als wären es Golfrunden – und wenn es sein muß, passiert das alles an nur einem einzigen Nachmittag. Aber wenn es darum geht, Rasierschaum umzutauschen, weil der weder geschäumt noch sonst einen Mucks von sich gegeben hat, oder, wie in diesem Fall, den Hörer in die Hand zu nehmen, um ein einfaches Mißverständnis aufzuklären, fangen sie an zu flattern und werden plötzlich kopfscheu. Ich wußte die Nummer des Brigadegenerals auswendig. Er war ebenso wie ich Mitglied im Bibliotheksverein und regelmäßiger Teilnehmer bei den Zusammenkünften der Salongesellschaft.

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