Der Putzteufel geht um
Außerdem hatte ich ihm bei der Einrichtung seines Hauses in der Herring Street geholfen, das sich zwei Häuser neben dem von Mrs. Malloy befand. Der Brigadegeneral – ein Mann, der exakt nach der Uhr lebte – aß jeden Sonntag punkt zwölf zu Mittag. Aber erst als das vierte oder fünfte Klingeln im Dröhnen unserer Standuhr unterging, wurde mir klar, daß es gerade Mittag war, und ich sehr rücksichtslos vorging. Doch just als ich den Hörer wieder auflegen wollte, ertönte seine Stimme an meinem Ohr. »Hier Walter Lester-Smith.« Er klang gehetzt. »Brigadegeneral, hier ist Ellie Haskell.« Ich mußte schreien, um die Glockenschläge der Standuhr zu übertönen. »Bitte entschuldigen Sie die Störung – «
»Kein Problem.« Ich hörte, wie er heftig atmete. »Sie haben mich nicht gestört.«
»Es war furchtbar unbedacht, so einfach in Ihr Mittagsmahl zu platzen.«
»Mittagsmahl?« Er sagte das in einem Ton, als handele es sich dabei um ein Fremdwort. »Nein, nein, Ellie, ich habe noch nicht einmal mit den Vorbereitungen begonnen, von essen kann überhaupt noch keine Rede sein. Sie sind in gar nichts geplatzt.« Seine Beteuerungen klangen so eigenartig, daß ich neugierig wurde und eigentlich ganz gern gewußt hätte, warum der Brigadegeneral so aus dem Tritt geraten war. Aber ich wollte nicht aufdringlich sein. Er war in vieler Hinsicht ein sehr diskreter Mensch und das galt es zu respektieren. Immerhin war er ein Freund. Also fing ich gleich eifrig an zu erzählen, daß Ben mit dem falschen Regenmantel nach Hause gekommen… aber er würgte mich mitten im Satz ab. Dies sah ihm nun erst recht nicht ähnlich. Brigadegeneral Lester-Smith legte größten Wert darauf, Frauen ausreden zu lassen, wenn es sein mußte, auch eine geschlagene Woche lang.
»Dann werde ich wohl Bens Mantel haben, Ellie. Ist mir noch gar nicht aufgefallen.« Und das bei einem Mann, dem die Leute nachsagten, er sei mit seiner Kleidung verheiratet! »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bringe ihn wieder zurück. Wenn es Ihnen paßt, gleich heute Nachmittag.« Der Brigadegeneral hielt inne und schnappte nach Luft. »Meine Güte!« rief er dann, in höchstem Maß aufgebracht. »Ich bin schon zehn Minuten über die Zeit. Wir unterhalten uns später weiter, Ellie!« Damit warf er den Hörer auf die Gabel und ließ mich in der Luft hängen. Ich hatte keinen Dunst, wovon er geredet hatte. Leider blieb mir auch keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn als ich aufsah, erblickte ich Jonas, der die Treppe heruntergestapft kam. Er sah aus, als sei ihm eine Laus über die Leber gelaufen. Schnurrbart und Augenbrauen sträubten sich wild in alle Richtungen, und das Treppengeländer packte er so grimmig, als sei es ein Arm, in den er kneifen wolle. »Was denkst du dir eigentlich, Ellie?« fuhr er mich an, als er die unterste Stufe erreicht hatte. »Mich den ganzen Tag über schlafen zu lassen! Ich kann mich noch lang genug ausruhen, wenn ich unter der Erde liege.« »Es ist Sonntag«, hielt ich ihm entgegen. »Jeder Mensch, außer dem Pfarrer, hat heute das Recht, ein bißchen länger im Bett zu bleiben. Komm, ich mache uns was zu essen. Ben ist ins Restaurant gegangen, und die Kinder sind in der Nachbarschaft bei Miss Whitcombe.«
»Wer ist denn das schon wieder?« Jonas folgte mir durch die geflieste Eingangshalle in die Küche. »War die früher mal Kindermädchen und kann ohne so kleine Stimmchen um sich herum nicht mehr leben?«
»Keine Ahnung, was sie früher gemacht hat,« erwiderte ich. Falls ich mich ein wenig schroff anhörte, dann nur deshalb, weil ich mich selbst schon zum wiederholten Mal gefragt hatte, ob es richtig gewesen war, Abbey und Tarn in Miss Whitcombes Obhut zu lassen.
»Weißt du was, ich glaube, ich gehe sie lieber holen«, sagte ich, nachdem ich Jonas eine Tasse Tee und einen Käsesandwich gemacht hatte. »Wahrscheinlich ist Miss Whitcombe sowieso schon an dem Punkt, an dem sie liebend gern auf die beiden verzichten wird. Außerdem wollte Tarn sich unbedingt eine Fernsehsendung anschauen, die in einer Stunde beginnt. Löwen in Afrika, oder so etwas in der Art.« »Na prima, dann darf ich bestimmt wieder meinen Safarihut überstülpen und so tun, als wären wir Wildhüter, die sich die Moskitos auf den Armen totklatschen.« Jonas klang immer noch mürrisch, aber an der Art, wie seine Augenbrauen zuckten, erkannte ich, daß das Schlimmste ausgestanden war. Ich gab ihm einen Schmatz auf die Wange, schnappte mir eine alte Jacke
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