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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
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ist, dann wäre es ihm sicher ganz entsetzlich« – die Röte stieg ihr in die Wangen –, »furchtbar entsetzlich, wenn er auch nur einen Moment lang annehmen müßte, daß ich hier und da den Eindruck erweckte, daß wir uns beim Vornamen nennen. Wenn Sie so freundlich sein wollen und dieses kleine Versehen unerwähnt ließen…« »Von mir erfährt es keine Menschenseele«, versprach ich ihr. »Vielen Dank, meine Liebe.« Miss Whitcombe drückte meine Hand mit offensichtlicher innerer Bewegung. »Gerüchte sind so schnell in die Welt gesetzt, und wenn ein Mann alleinstehend ist und so vornehm und gutaussehend wie der Brigadegeneral – nun, Sie wissen sicher, was ich meine.« Ihr Gesicht war mittlerweile tomatenrot. »Es wäre mir äußerst unangenehm, wenn er glauben müßte, daß ich unsere kurze Bekanntschaft mißverstehe, oder wenn er annähme, es gäbe auch nur die kleinste Möglichkeit, daß sie zur Freundschaft… erblüht.« »Da machen Sie sich bestimmt ganz unnötig Gedanken«, versicherte ich ihr. Sie hatte ihr besorgtes Gesicht von mir abgewandt, aber es wurde von dem eichengerahmten Wandspiegel erfaßt, der, wie all die anderen Möbel, offenbar in der Annahme gekauft worden war, daß die Diele in absehbarer Zeit etliche Nummern wachsen würde. Doch als sie sich straffte und mir wieder ins Gesicht sah, war ihr Lächeln zurückgekehrt. »Das Dumme, wenn man allein lebt, ist, daß man drauflosplaudert, sobald sich die Gelegenheit ergibt. Aber meine Mutter war genauso. Vielleicht ist es erblich. Obwohl ich nie geredet habe, als meine Eltern noch da waren. Wann denn auch? Als ich mit der Schule fertig war, mußte ich den Haushalt übernehmen. Meine Mutter konnte sich nie damit anfreunden. Und meine Eltern hätten ebensogut auf einer einsamen Insel leben können, denn sie hatten immer nur Augen für sich selbst. Die reinsten Turteltauben – bis zum Ende.« »Sie sind noch nicht lange tot?« wollte ich wissen. »Seit sechs Monaten.« Miss Whitcombe stand steif vor mir, Hände an der Rocknaht. »Meine Mutter war leidend und mit Schmerzen hat sie nicht gut umgehen können. Eines Abends haben sie und Daddy eine Überdosis Schlaftabletten genommen – nach einem trauten Nachtmahl im Kerzenschein. Es war für beide der beste Ausweg. Er hätte ohne sie gar nicht existieren können.« »Haben Sie sie gefunden?« »Am Morgen danach.«
»Das muß ein fürchterlicher Schock gewesen sein!« »Oh ja«, sagte sie und rührte sich. »Aber das Leben geht weiter. Am Anfang habe ich mich wie eine Verräterin gefühlt – das Haus verkauft und das meiste der Möbel, aber ich wußte, wenn ich nicht sofort neu anfange, dann schaffe ich es nie mehr. Über kurz oder lang wäre ich eine dieser exzentrischen alten Frauen geworden, die nur für ihre Katzen lebt.«
»Ich bin sicher, daß Sie eine sehr gute Tochter waren«, sagte ich lahm.
Clarice Whitcombe ließ ihren Blick an sich hinabwandern. »Nun«, begann sie, »es war ja nicht so, als hätte ich besondere Talente gehabt. Keine großen Geistesgaben, keine künstlerischen Fähigkeiten, wie bei so manch anderem Menschen.« »Wie ich sehe, besitzen Sie aber ein Klavier.« Durch die offene Wohnzimmertür hatte ich einen Flügel erspäht. »Haben Sie das von zu Hause mitgebracht?« »Oh ja, meine Mutter konnte sehr schön spielen.« »Und Sie – spielen Sie auch?«
»Ja schon – aber mir hat es immer an der Zeit gefehlt… richtig zu üben.« Ihre Wangen überzogen sich wieder mit einem rosigen Hauch. »Und seit kurzem ist es auch wieder nicht möglich.« Sie umklammerte ihr Handgelenk. »Eine Sehnenscheidenentzündung, nicht sehr schmerzhaft, doch der Arzt sagt, jede Anstrengung könne den Zustand verschlimmern.« Sie wich meinem Blick aus, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum man bei einem so harmlosen Thema lügen sollte. »Die Kinder!« rief sie plötzlich. »Ich glaube, wir gehen besser mal zu ihnen.« »Ich habe auch nie lange Ruhe, wenn sie allein sind«, stimmte ich zu und folgte ihr durch die Diele. »Vor allem Tarn fallen immer die aberwitzigsten Sachen ein. Ich hoffe, daß sie sich nicht gerade mit Messer und Gabel ein Duell liefern.« »Möchten Sie vielleicht auch eine Kleinigkeit essen? Wenn ich etwas wirklich gut kann, dann ist es kochen.« Clarice Whitcombe stieß bei diesen Worten die Tür zum Eßzimmer auf. »Es gibt so vieles, was ich Sie gern fragen möchte in bezug auf die Einrichtung. Wie schon gesagt, ich habe keinerlei

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