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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
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ausgestoßen, nach denen sie wahrscheinlich nie mehr wieder aufgetaucht wäre, wenn sie sie gehört hätte. Und das wäre schade gewesen, denn sie hatte ihre Arbeit ansonsten ganz tadellos gemacht. Jonas hatte sich endlos über die sieben Jahre Unglück ausgelassen (einschließlich Heuschreckenplagen und Überschwemmungen) und dabei immer wieder von vorn angefangen und gesagt, daß diese Frau Quadratlatschen hätte und keinen Schritt mehr in sein Zimmer setzen dürfe. Er erwähnte jedoch mit keinem Wort, daß der Spiegel ein Geschenk seiner Mutter gewesen war
– und das machte es besonders schlimm für mich.
Ben hatte Jonas eine erste Tasse Tee ans Bett gebracht. Nachdem ich es bis zur Küche geschafft und die frisch gebügelten Vorhänge an den Fenstern bewundert hatte, butterte ich jetzt für ihn ein paar Scheiben Toast und gab einen Löffel Honig auf ein Tellerchen. Jonas aß für sein Leben gern Honig. Seine Mutter hatte selbst Bienen gezüchtet. Ich hatte plötzlich das Bild vor Augen, wie er als kleiner Junge im Matrosenanzug draußen herumgesprungen war. Dann stellte ich den Tee und ein kleines Glas Orangensaft auf ein Holztablett und beschloß, ihm alles hoch in sein Zimmer zu bringen.
Nachdem ich oben ein paarmal mit dem Ellbogen gegen die Tür gepocht und keine Antwort erhalten hatte, stieß ich die Tür auf und machte einen vorsichtigen Schritt über die Holzdielen auf den weinroten Teppich, der sich eigenartigerweise mit den fliederfarbenen Rosen auf der Tapete vertrug – vielleicht weil weder von dem einen noch von dem anderen noch viel zu sehen war. Jonas hatte sein Zimmer mit Krempel vollgestellt, als unterhielte er eine Missionsstelle für obdachlose Möbel – einen altmodischen Kleiderschrank, dann etliche Kommoden, die aus der Zeit der Jahrhundertwende stammten, dahinter schlossen sich mindestens vier kleine Regale an, vollgestopft mit zerlesenen Büchern, und zwischendrin standen noch ein paar Stühle, auf denen sich wiederum Bücherberge, Zeitungsstapel und Schuhkartons mit irgendwelchem Krimskrams türmten. Ich schlängelte mich zu dem massiven Mahagonibett durch, in dem Jonas schlief, und trug dabei das Tablett wie eine Balancierstange vor mir her. So still, wie sich Jonas’ Körper unter der Decke abzeichnete, und so reglos, wie die Hand halb offen auf dem Bettuch lag, befürchtete ich für einem Moment, er wäre schon tot. Doch dann gab er einen Laut von sich, der irgendwo zwischen Seufzen und Schmatzen angesiedelt war, und ich wußte, daß er noch unter den Lebenden weilte.
Ich stellte das Tablett auf einem Stuhl ab und setzte mich vorsichtig auf den Bettrand. Wieder einmal wurde mir bewußt, wie sehr ich Jonas liebte. Natürlich liebte ich vor allem meinen wunderbaren Ehemann und meine zwei süßen kleinen Kinder, aber das Herz des Menschen hat immer noch ein paar Nischen frei für Menschen, um die es sich lohnt. Wenn ich nicht das Kribbeln eines herannahenden Niesens gespürt hätte, hätte ich dort sicher noch weitere Minuten verharrt wie eine Grabfigur. Aber Jonas mit einem Fanfarenstoß aufzuwecken, hätte seine Lebenserwartung sicher nicht gerade verbessert. Ich erhob mich also sachte von der Bettkante, nahm das Tablett wieder auf und ging auf Zehenspitzen in die Küche zurück, wo Ben gerade durch die Hintertür hereintrat. Er sah in seinem schönen, neuen Regenmantel aus, als sei er einem Katalog für Sport- und Freizeitmoden entstiegen.
»Es geht doch nichts über eine brave, aufmerksame Ehefrau«, sagte er mit einem Blick auf das Tablett. Ich lächelte ihn liebenswürdig an. »Tut mir leid, das war das Frühstück für Jonas, aber er hat noch geschlafen, als ich hochkam. Und ich wollte es nicht stehenlassen, damit er später nicht denkt, ich hätte mir die ganze Mühe umsonst gemacht. Wie wäre es also mit einer Tasse lauwarmen Tee und einer Scheibe Toast?« »Vielen Dank, mein Schatz, aber ich habe nach dem Gottesdienst im Gemeindehaus schon Kaffee und Plätzchen bekommen.«
»Wie reizend«, sagte ich. »Wo sind Abbey und Tarn?« »Oh, die!« Ben knöpfte sich den Regenmantel auf, der ziemlich feucht aussah, vor allem auf den Schultern. »Ich habe sie in die Sammelbüchse gesteckt. Die Predigt war ein bißchen langweilig, aber Tarn hat für Abwechslung gesorgt, indem er sich ausgesprochen danebenbenahm. Er ist unter den Bänken herumgekrochen und hat den Frauen in der ersten Reihe unter die Röcke geschielt.«
»Und was hast du tatsächlich mit meinen Kindern gemacht?« Ich

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