Der Putzteufel geht um
vom Haken in der Nische neben der Hintertür und eilte über den Hof zu den ehemaligen Stallungen, wo wir die Autos unterstellten. Ben hatte die zuverlässigere der beiden Kisten genommen und das steinalte Kabriolett zurückgelassen, dessen Scharniere schon vor ewigen Zeiten so eingerostet waren, daß das Verdeck nicht mehr zuzuklappen war. Der Wagen hatte zudem die unangenehme Eigenschaft, häufig mitten auf der Straße stehenzubleiben, um die Aussicht zu genießen, vor allem, wenn sich hinter ihm ein paar Lastwagen stauten und hupten. Es regnete nicht, obwohl der Himmel so weinerlich aussah, als ob er bei dem geringsten Anlaß loslegen würde. Ich beschloß, zu Fuß zu Miss Whitcombes Haus zu gehen. Als ich auf der Cliff Road angekommen war, wandte ich mich nach rechts und kam nach wenigen Minuten an der Kirche St. Anselm mit dem normannischen Turm und dem Friedhof mit den halbversunkenen, moosbedeckten Grabsteinen vorbei. Von da aus waren es nur noch ein paar Schritte bis zur Hawthorn Lane, an deren Ende sich das Crabapple-Tree-Häuschen befand. Es war ein entzückendes Anwesen, eins der wenigen reetgedeckten Häuser, die in Chitterton Fells noch standen. Violette und gelbe Stiefmütterchen säumten den Weg zur Eingangstür, und an einem Ast vor dem Fenster mit dem schmiedeeisernen Gitter hing ein Vogelhäuschen. An der Tür gab es keine Klingel sondern nur einen Messingklopfer in Form eines kleinen walisischen Trachtenmädchens. Er brachte ein zartes Pochen zustande, das ich noch einmal wiederholte, nachdem ich eine geschlagene Minute lang draußen auf der Treppe gestanden hatte. Eine zerzauste graue Katze kam um die Hausecke geschlichen und stieß ein klägliches Miau aus, aber drinnen herrschte tiefes Schweigen, bis endlich Schritte näher kamen und ich hörte, wie der Riegel zurückgeschoben wurde. »Mrs. Haskell! Treten Sie ein!« Miss Whitcombe stand in der Diele, überflutet vom Licht einer Deckenlampe, die für den engen Raum viel zu groß war, genau wie der rustikale Tisch neben der Abseite der Treppe und die beiden Bauernstühle, die sich vor der offenen Küchentür gegenüberstanden. Miss Whitcombe selbst paßte jedoch perfekt zu ihrem Haus. Sie hatte sich nett zurechtgemacht, trug die Haare hübsch frisiert und erweckte alles in allem den Eindruck einer Frau, die in ihrem Leben nie etwas anderes als vernünftige Schuhe trägt und Wäsche kauft, deren Farbe nicht färbt. Aber das Schönste an ihr war das Lächeln. Als sie mich zu sich hereinwinkte, leuchtete es über ihr ganzes liebes Gesicht – zusammen mit der Lampe eigentlich sogar über die ganze Diele.
»Ach, war das schön, die Kinder hier zu haben! Da haben Sie aber wirklich ein paar süße Spätzchen! Tarn ist ein richtiger Lausbub, und Abbey dagegen so sanft wie ein Engelchen. Wir waren gerade im Eßzimmer, als ich den Klopfer gehört habe. Die Kinder haben Roastbeef gegessen und Yorkshirepudding mit zwei Gemüsesorten, und anschließend haben sie sich noch über einen großen Teller mit Apfelkuchen und Eis hergemacht. Sie bleiben doch sicher noch ein wenig, Mrs. Haskell, oder?« Sie beugte sich hinunter, um die graue Katze hochzunehmen, die sich hinter mir ins Haus gedrückt hatte. »Ich bin ja noch neu in der Gegend und bekomme nicht viel Besuch, außer von Fräulein Grau, die zwei Häuser weiter wohnt und ab zu hereinschneit, um auf ihre Mahlzeit zu pochen« – sie kraulte den Katzenkopf mit einer ringlosen Hand – »und manchmal, ganz selten, kommt Walter Lester-Smith vorbei, um irgendwelche Angelegenheiten der Salongesellschaft zu besprechen, der ich ja, wie Sie sicher wissen, kürzlich beigetreten bin.«
»Ich habe gehört, daß Sie Mitglied geworden sind«, bestätigte ich. »Obwohl ich es zu der letzten Zusammenkunft nicht geschafft habe. Aber am kommenden Dienstag morgen bin ich dabei, wenn wir uns bei Vienna und Madrid Miller treffen. Es wäre prima, wenn dann so viele wie möglich anwesend wären.« Ich hatte den Eindruck, daß Miss Whitcombe mir nicht zuhörte. Sie ließ die Katze aus den Armen springen, schaute an mir vorbei und sprach dann mit einer Stimme, die weitaus weniger von Vernunft geprägt zu sein schien als beispielsweise ihr Schuhwerk.
»Ich sage natürlich nicht Walter zu ihm, Mrs. Haskell. Bitte glauben Sie mir, daß ich keineswegs irgendwelche Vertraulichkeiten andeuten wollte. Er ist bei all unseren Begegnungen nie etwas anderes als Brigadegeneral LesterSmith, und wenn ich daran denke, was für ein Gentleman er
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