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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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wenn Sie gut gießen, werden sie schon noch kommen.«
    »Ich werde nicht mehr da sein«, sagte Michael.
    »Wir haben so was reden gehört«, sagte McNeil. »Na, vielleicht wird's genug regnen. « Er verstaute Spaten und Samen wieder im Kofferraum. »Wissen Sie, was«, sagte er, »ich werde hin und wieder vorbeikommen, ihnen an Ihrer Statt was zu trinken geben.«
    »Das wäre nett«, sagte Michael und fühlte sich plötzlich sehr wohl.
    »Vielleicht könnten wir das einführen: Wo ein Kreuz verbrannt wurde, werden Blumen gepflanzt.«
    »Wäre gut für's Geschäft«, sagte McNeil. »Weil wir grad von Trinken reden - hätten Sie was? Die Arbeit macht meine Kehle trocken wie ein Beet ohne Wasser.«
    »Kommen Sie«, sagte Michael.
    Im Eisschrank in der Küche fand er nichts als eine halbvolle Flasche Orangensoda, die von einer bar-mizwe vor sechs Wochen übriggeblieben war, und auch das war schal geworden.
    »Ich fürchte, wir werden uns mit Wasser zufriedengeben müssen«, sagte er und schüttete die abgestandene Limonade in den Ausguß.
     
    »Ich trinke nichts Moussierendes, außer einer Flasche Bier jeden Abend nach der Arbeit, zum Staubwegschwemmen«, sagte McNeil.
    Sie ließen das Wasser rinnen, bis es kalt war, und dann trank Michael zwei Glas davon und McNeil deren vier.
    »Warten Sie einen Augenblick«, sagte Michael. Er ging zur be ma, schob den schwarzen Samtvorhang hinter dem Pult zur Seite und holte eine halbvolle Flasche Portwein hervor.
    Davon schüttete er etwas in die beiden Gläser, und sie stießen an und lachten einander zu. »L'chajem«, sagte Michael.
    »Was immer das heißen mag - dasselbe von mir«, sagte McNeil. Sie stießen nochmals an und schütteten drei Finger hoch warmen Manischewitz , pur, hinunter.
    Als die Zeit zur Abreise gekommen war, rief Leslie Sally Levitt an.
    Sally kam herüber, und die beiden Frauen umarmten einander, weinten und versprachen, einander zu schreiben. Ronny kam nicht, und auch sonst niemand von der Gemeinde. Michael wußte niemanden, den er noch zu sehen wünschte, außer Dick Kramer, und so fuhren sie, als sie die Stadt verließen, an seinem Haus vorbei. Tür und Fenster waren verschlossen. Ein Zettel am Eingang teilte mit, daß Post an die Adresse von Myron Kramer, 29 Laurel Street, Emmetsburgh, Ga., nachzusenden sei.
    Leslie saß am Steuer, während sie vorbei an General Thomas Mott Lainbridges von Tauben besudeltem Denkmal fuhren, durch das Negerviertel, auf die Autobahn, vorbei an Billy Joe Rayes Zelt und hinaus über die Stadtgrenze.
     
    Michael lehnte sich zurück und schlief. Als er erwachte, hatten sie Georgia schon hinter sich gelassen, und er schaute lange Zeit schweigend hinaus in die Landschaft von Alabama, die langsam vorüberzog.
    »Ich hab es falsch angepackt«, sagte er schließlich. »Denk nicht mehr dran. Es ist vorüber«, sagte sie.
    »Ich hätte die Sache nie so direkt angehen dürfen. Hätte ich es mit mehr Takt angefangen, dann hätte ich dort bleiben und langsam im Lauf der Jahre eine Bresche schlagen können.«
    »Es hat keinen Sinn, darüber nachzudenken, was gewesen wäre, wenn«, sagte sie. »Es ist vorüber. Du bist ein guter Rabbiner, und ich bin stolz auf dich.«
    Ein paar Kilometer lang fuhren sie schweigend, dann begann sie zu lachen. »Ich bin froh, daß wir nicht geblieben sind«, sagte sie und erzählte ihm, wie sich Dave Schoenfeld am Abend des Wolkenbruchs ihr gegenüber benommen hatte.
    Michael schlug mit der flachen Hand auf das Armaturenbrett. »Dieser schlechte Kerl von einem mamser «, sagte er. »Nie hätte er das bei der Gattin des Rabbiners versucht, wenn du eine jüdische Frau wärest.«
    »Ich bin eine jüdische Frau.«
    »Du weißt, was ich meine«, sagte er nach einer Weile.
    »Nur zu gut«, gab sie kurz zur Antwort.
    Aber die Verstimmung blieb zwischen ihnen, ein ungeladener und widerwärtiger Mitreisender, und fast zwei Stunden lang sprachen sie wenig und nur das Nötigste miteinander. Dann hielten sie an einer Tankstelle außerhalb von Anniston, um Leslie die Gelegenheit zu geben, die Toilette aufzusuchen, und nun setzte sich Michael ans Steuer. Als sie wieder auf der Straße waren, legte er den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich.
    Nach einer Weile sagte sie ihm, daß sie ein Kind erwarte, und die nächsten dreißig Kilometer fuhren sie wieder schweigend dahin. Aber diesmal war es ein anderes Schweigen, das sie einhüllte: Michael spürte, wie sein Arm schwer wurde, aber noch immer hielt er Leslies

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