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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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so süß wie das Küssen.« Und schwang die Schaufel.
    »Wurmstichige Radieschen! Ein schwarzkrätziger Matsch.« Und schwang die Schaufel.
    »Schundleder! « sagte sein Vater. »Der reine Zunder! Schau, mein Daumen ist schon ganz grün.«
    »Was, das Zeug frißt sich durch die Handschuhe?« fragte Max. Dabei arbeiteten sie pausenlos weiter, bis all der Dünger aufgebreitet war und Michael sich über den Schaufelstiel lehnte wie der Held jener alten Gewerkschaftscartoons und seinem Sohn bei den letzten paar Schwüngen zusah. Der Bursche hatte einen Haarschnitt dringend nötig, und seine Hände waren aufgesprungen und vom Frost gerötet. Wo hatte er nur seine Handschuhe? Er sah jetzt einem Bauernjungen viel ähnlicher als dem Sohn eines Rabbiners, und Michael dachte ans Frühjahr und wie sie zu zweit alles umstechen und nach der Aussaat wie Kibbuzniks auf die ersten grünen Spitzen warten würden, die durch die gedüngte Erde stießen.
    »Weil du vorhin vom Küssen gesprochen hast - brauchst du zu Neujahr den Wagen?«
    »Ich glaube nicht. Danke schön.« Max streute die letzte Schaufel und richtete sich seufzend auf.
    »Warum nicht?«
    »Wir haben nichts mehr verabredet. Dess und ich gehen nicht mehr miteinander.«
    Max untersuchte angelegentlich die Risse in seinen Händen. »Dieser ältere Bursche hat sie mir ausgespannt. Er geht schon an die Hochschule.« Max zuckte die Achseln. »Tja, so ist das eben.« Er klopfte die Düngerreste von den Schaufeln. »Das Komische daran ist nur, ich bin gar nicht bös darüber. Dabei habe ich immer geglaubt, ganz blödsinnig in sie verliebt zu sein und nicht darüber hinwegzukommen, falls zwischen uns einmal etwas schiefginge.«
    »Und jetzt ist es gar nicht so?«
    »Ich glaube nicht. Weißt du, ich bin ja noch nicht einmal siebzehn, und die Sache mit Dess war ... na ja, sagen wir eher platonisch. Aber später, wenn man älter ist, wie weiß man es da?«
    »Was meinst du damit, Max?«
    »Was ist eigentlich L i e b e, Dad? Wie kannst du wissen, ob du ein Mädchen wirklich liebst?«
     
    Die Frage war echt gestellt, empfand Michael. Sie beschäftigte den Jungen wirklich. »Weißt du, da gibt's keine Gebrauchsanweisung«, sagte er. »Aber wenn's erst soweit ist und du der Frau gegenüberstehst, mit der du dein ganzes weiteres Leben teilen willst, dann fragst du nicht mehr.«
    Sie sammelten die leeren Kartons ein und stellten sie zum leichteren Transport ineinander.
    »Und für eine andere Neujahrsverabredung ist es schon zu spät?« fragte Michael.
    »Ja. Ich habe massenhaft Mädchen angerufen: Roz Coblentz, Betty Lipson, Alice Striar ... Aber die sind alle schon vergeben. Schon seit Wochen.« Er sah den Vater an. »Gestern abend hab ich's noch bei Lisa Patruno versucht, aber auch die ist schon besetzt.«
    Oj. Langsam, Sejde.
    »Ich glaube, die kenne ich gar nicht«, sagte Michael.
    »Die Tochter von Pat Patruno, dem Apotheker. Patrunos Pharmacy, weißt du.«
    »Ach so!«
    »Bist du jetzt böse?« fragte Max.
    »Nicht gerade böse.«
    »Was dann?«
    »Schau, Max, du bist jetzt ein großer Junge, was noch lang nicht heißt, daß du ein Mann bist. Aber von jetzt bis dorthin gibt es gewisse Entscheidungen, die du ganz allein treffen mußt. Und sie werden um so wichtiger, je älter du wirst. Aber wenn du meinen Rat brauchst - er steht dir jederzeit zur Verfügung. Du wirst nicht immer richtig entscheiden - niemand kann das. Aber es müßte schon sehr dick kommen, damit dein Vater böse auf dich ist.«
    »Wie immer dem sei, sie war ohnedies schon verabredet«, sagte Max.
    »Du«, sagte Michael, »da gibt es ein Mädchen, Lois heißt sie, aus New York. Derzeit zu Besuch bei Mr. und Mrs. Gerald Mendelsohn. Wenn du magst, kannst du dort anrufen. Sie stehen aber noch nicht im Telephonbuch. «
    »Ist sie so, daß man nicht wegschauen muß?«
    »Ich habe sie noch nie gesehen. Aber ihre ältere Schwester hätte mir einmal recht gut gefallen.«
    Auf dem Weg ins Haus hieb Max seinen Vater plötzlich auf die Schulter, so daß ihm war, als hätte ihn ein Schlachtbeil getroffen und nähme ihm auf Dauer alles Gefühl. »Du bist gar kein alter Narr, wie man ...«
    »Danke, das hört man gern.«
    »... wie man von einem Rabbiner erwarten müßte, der nur herumsteht und Vogelscheiße in den Schneesturm streut.« Michael ging unter die Brause, danach hatten sie Suppe aus der Dose zum Mittagessen, und dann fragte Max, ob er den Wagen nehmen und zur Bibliothek fahren dürfe. Als der Junge fort war, stellte

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