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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Korb bis auf den letzten Bissen leer gegessen hatte, verlegte er sich aufs Raten.
    »Schwedisch?« fragte er und berührte vorsichtig einen ihrer Zöpfe.
    »Stimmt's?«
    Verwundert sah sie ihn an, dann verstand sie und lachte. »Falsch.
    Schottisch-deutsch von der Mutterseite und englischyankee vom Vater her.« Sie betrachtete ihn. »Und Sie sind Jude, nicht wahr?«
    »Nach allem, was die Soziologen sagen, können Sie das nach dem Augenschein nicht entscheiden. Wie sind Sie draufgekommen?
    Macht es meine Nase? Mein Gesicht? Meine Redeweise?« Sie zuckte die Schultern. »Ich bin eben draufgekommen.«
    Ihre Haut war sehr weiß. »Sie werden sich einen Sonnenbrand holen«, sagte er besorgt.
    »Meine Haut ist die Sonne nicht gewohnt. Wenn ich mit der Arbeit aufhöre, geht die Sonne schon unter.« Sie holte eine Flasche Sonnenschutz-Lotion aus ihrer Tasche.
    »Soll ich Sie einreiben?«
    »Nein, danke«, sagte sie höflich. Ihre Fingernägel waren kurz, sie verwendete farblosen Lack. Als sie die Innenseite ihrer Schenkel einrieb, raubte es ihm fast den Atem.
    »Warum haben Sie gestern gesagt, daß Sie in diesem Sommer keine Verabredungen möchten? Sie haben wohl eine feste Bekanntschaft
    - mit einem Studenten von Harvard?«
     
    »Nein. Ich fange eben erst an in Radcliffe - erstes Semester. Nein -
    es gibt keine feste Bekanntschaft...«
    »Also warum dann?«
    »In der ersten Woche hier bin ich viermal ausgegangen, mit vier verschiedenen Jungen. Wissen Sie, was passiert ist - regelmäßig, kaum daß wir ein paar Schritte in diesen idiotischen Wald gegangen waren?
    Mit vier Burschen, die ich noch keine fünf Minuten gekannt habe?«
    Sie hatte aufgehört, sich einzureiben, ihre Hand war mitten in der Bewegung erstarrt, wie versteinert saß sie da und sah ihm gerade in die Augen. Ihre Augen waren grün. Er wollte den Blick abwenden, aber es gab nichts, wo er hätte hinsehen können.
    Schließlich wandte sie sich ab, schüttete Sonnenschutz-Lotion in ihre hohle Hand. Sie hielt den Kopf gesenkt, aber er konnte ihr Erröten an ihrem weißen Nacken sehen. Es war sehr heiß in der Sonne. Der Strand war voll von Menschen, Kinder lärmten rundum, und nahe dem Ufer heulte ein Motorboot; sie aber saßen auf einer Insel des Schweigens. Offenbar hatte sie zu viel Lotion in ihre Hand geschüttet. Als sie ihre Beine wieder einzureiben begann, verursachte der Überschuß an Flüssigkeit einen erregenden Laut auf ihrer nackten Haut. Michael verlangte es danach, sie mit der Hand zu berühren, gleichgültig wo, nur um eine Beziehung herzustellen. Ihre Beine waren lang und schlank, aber sehr muskulös.
    »Tanzen Sie?« fragte er.
     
    »Ballett. Aber nur aus Liebhaberei.« Sie umspannte ihre Beine mit den Händen. »Ich weiß, sie sehen schrecklich aus - aber das ist der Preis fürs Tanzen.«
    »Sie wissen genau, daß sie nicht schrecklich aussehen. Warum haben Sie sich's überlegt und sind heute doch mit mir gekommen?«
    »Ich hab gewußt, daß Sie anders sind als die andern.«
    Seine Knie zitterten vor Verlangen. »Ich bin nicht anders«, sagte er heftig.
    Überrascht blickte sie auf, dann begann sie schallend zu lachen.
    Einen Augenblick lang fühlte er sich beschämt und wütend, aber ihre Heiterkeit war ansteckend. Unwillkürlich verzog sich sein Gesicht zu einem Grinsen, und bald lachten sie beide und die Spannung löste sich; mit ihr schwand, zu Michaels Bedauern, auch die Schwüle des Augenblicks.
    »Es war einfach so«, sagte sie, nach Atem ringend, »daß ich fand, Sie sehen nett aus und sind allein wie ich, und daß ich es für nicht allzu riskant hielt, mit Ihnen an diesen einsamen Strand zu gehen.«
    Sie erhob sich und reichte ihm die Hand, und er ergriff sie im Aufstehen. Ihre Finger waren kräftig, aber weich und warm. Sie suchten sich ihren Weg zwischen ausgebreiteten Decken und sich rekelnden Menschenhaufen.
    Gleichzeitig mit ihnen ging eine fette, braungebrannte Frau ins Wasser, die sie mit Seitenblicken beobachteten. Sie ging mit vorsichtigen Schritten, und als ihr das Wasser bis an die hängenden Brüste reichte, schöpfte sie eine Handvoll und noch eine Handvoll Meer und ließ es in den Ausschnitt ihres Badetrikots tröpfeln. Als ihre Brust naß war, richtete sie sich auf und tauchte unter, streckte sich und tauchte wieder ins Wasser, mit jedem Mal tiefer, bis all ihre Fülle unter Wasser war und man nichts mehr von ihr sah als ihren runden Kopf.
    »Kommen Sie ein Stück weiter strandabwärts«, sagte er. »Das müssen wir

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