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Der Raecher

Titel: Der Raecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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gebrauchen.
Diejenigen, die es taten, waren ruhige, zurückhaltende Typen, unauffällig und selbstbeherrscht, häufig Außenseiter in ihrer eigenen Einheit. Sie benötigten eiserne Nerven, mussten abgebrüht, ja kaltblütig sein und nahezu immun gegen Panik, den eigentlichen Feind unter Tage.
    Die Armeebürokratie, die sich sonst nie scheut, zehn Wörter zu verwenden, wo zwei genügen, nannte sie »Tunnelerkundungspersonal«. Sie selbst nannten sich »Tunnelratten«.
    Zu der Zeit, als Cal Dexter nach Vietnam kam, gab es die Einheit seit drei Jahren, und sie war die einzige, deren Verwundetenquote bei hundert Prozent lag.
    Der Offizier, der sie im Augenblick befehligte, war unter dem Namen Rat Six bekannt. Auch alle anderen hatten eine Nummer. Einmal zusammen, blieben sie unter sich, und jedermann betrachtete sie mit einer Art Ehrfurcht, vergleichbar dem Unbehagen, das Menschen in Gegenwart eines zum Tode Verurteilten empfinden.
    Rat Six hatte einen guten Riecher bewiesen. Der zähe kleine Bursche von den Baustellen in New Jersey mit den flinken Fäusten und Füßen, den Augen eines Paul Newman und den Nerven aus Stahl war ein Naturtalent.
    Er nahm ihn mit in die Tunnel von Cu Chi, und schon nach einer Stunde erkannte er, dass der Neue der bessere Kämpfer war. Dort unten, wo es keinen Dienstgrad und keinen »Sir« gab, wurden sie Partner, und fast zwei Jahre lang kämpften und töteten sie in der Dunkelheit, bis Henry Kissinger sich mit Le Duc Tho an einen Tisch setzte und den amerikanischen Abzug aus Vietnam aushandelte. Danach hatte es keinen Sinn mehr.
    Innerhalb der Big Red One wurde das Paar zu einer Legende, über die man nur im Flüsterton sprach. Der Offizier war »der Dachs« und der frisch beförderte Sergeant »der Maulwurf«.

5
    Die Tunnelratte
    I n der Armee können sechs Jahre Altersunterschied zwischen zwei jungen Männern fast eine Generation ausmachen. Der Ältere stellt eine Art Vaterfigur dar. So war es auch zwischen dem Dachs und dem Maulwurf. Mit seinen fünfundzwanzig Jahren war der Offizier sechs Jahre älter. Zudem kam er aus ganz anderen sozialen Verhältnissen und hatte eine weitaus bessere Ausbildung genossen.
    Seine Eltern waren Akademiker. Nach der High School hatte er ein Jahr lang Europa bereist und sich das antike Rom und Griechenland, das historische Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien angesehen.
    Er war vier Jahre aufs College gegangen und hatte Bauingenieurwesen und Maschinenbau studiert, ehe er einberufen wurde. Auch er hatte sich für drei Jahre verpflichtet und war sofort auf die Offiziersschule in Fort Belvoir im Bundesstaat Washington gekommen.
    Fort Belvoir brachte damals jeden Monat einhundert Nachwuchsoffiziere hervor. Neun Monate nach seiner Verpflichtung ging der Dachs als Leutnant ab und wurde zum Oberleutnant befördert, als man ihn zum Ersten Pionierbataillon der Big Red One nach Vietnam versetzte. Auch er war für die Tunnelratten angeworben worden und aufgrund seines Dienstgrads wenig später zur Rat Six aufgestiegen, als sein Vorgänger Vietnam verließ. Er hatte noch neun Monate der geforderten einjährigen Dienstzeit in diesem Land abzuleisten, zwei Monate weniger als Dexter.

    Doch schon in den ersten vier Wochen, als sie in die Tunnel hinabstiegen, tauschten die beiden Männer die Rollen. Der Dachs beugte sich dem Urteil des Maulwurfs, weil er erkannte, dass der junge Mann, nach Jahren auf den Straßen und Baustellen von New Jersey, eine Art sechsten Sinn für die Gefahren besaß, die lautlos hinter der nächsten Ecke lauerten, und einen besonderen Riecher für Fallen, der mehr wert war als jeder College-Abschluss, denn er konnte ihnen das Leben retten.
    Bevor die beiden Männer nach Vietnam kamen, hatte das amerikanische Oberkommando begriffen, dass der Versuch, das Tunnelsystem zu sprengen, reine Zeitverschwendung war. Der getrocknete Laterit war zu hart, das Labyrinth zu weit verzweigt. Bei den ständigen Richtungswechseln der Gänge reichte die Sprengkraft nur bis zur nächsten Ecke und somit nicht weit genug.
    Man versuchte, die Tunnel zu fluten, doch das Wasser sickerte einfach durch die Etagen. Wegen der Wasserverschlüsse schlug auch der Einsatz von Gas fehl. Folglich blieb nur eine Möglichkeit, den Feind zu bekämpfen: Man musste hinabsteigen und versuchen, die Befehlsstände des Vietcong in der gesamten Kriegszone C aufzuspüren.
    Dieses Netz vermutete man irgendwo da unten, zwischen der Südspitze des Eisernen Dreiecks am

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