Der Raecher
»Kopfnussgitter« schützte ihn vor herabfallenden Ästen und eine gepanzerte Kabine vor den Kugeln von Heckenschützen und angreifenden Guerillas.
Das »Rome« im Namen bezog sich nicht auf die Hauptstadt Italiens, sondern auf Rome in Georgia, wo das Monstrum gebaut wurde. Der Zweck des Rome Plow bestand darin, jedes Stück Land, dem es seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmete, als Zufluchtsort für den Vietcong ein für alle Mal unbrauchbar zu machen.
Dexter ging in die Kommandantur des Bataillons, salutierte und stellte sich vor. »Guten Morgen, Sir. Gefreiter Calvin Dexter meldet sich zum Dienst, Sir. Ich bin der neue Fahrer der Schweineschnauze, Sir.«
Der Leutnant hinter dem Schreibtisch seufzte müde. Seine einjährige Dienstzeit neigte sich dem Ende zu. Eine Verlängerung hatte er kategorisch abgelehnt. Er verabscheute dieses Land, den unsichtbaren, aber todbringenden Vietcong, die schwüle Hitze, die Moskitos und den Umstand, dass er wieder einmal an einem juckenden Frieselausschlag am Hintern und an den Geschlechtsteilen litt. Das Letzte, was er bei Temperaturen bis vierzig Grad gebrauchen konnte, war ein Witzbold.
Doch Cal Dexter war ein hartnäckiger junger Mann. Er gab keine Ruhe und bohrte so lange, bis er zwei Wochen nach seinem Dienstantritt seinen Rome Plow bekam. Bei der ersten Fahrt gab ihm ein erfahrener Fahrer Tipps. Er hörte zu, kletterte in die Kabine hinauf und fuhr ihn bei einer Operation mit Infanterieunterstützung, die den ganzen Tag dauerte.
Er bediente die hoch aufragende Maschine auf seine Weise, anders und besser.
Immer häufiger sah ihm dabei ein Leutnant zu, der, ebenfalls Pionier, offenbar keine Pflichten hatte. Ein junger Mann, der wenig sprach, aber umso mehr beobachtete.
»Ein zäher Bursche«, sagte sich der Offizier nach einer Woche. »Von sich überzeugt, ein Einzelgänger, und er hat Talent. Mal sehen, ob er schnell kneift.«
Der groß gewachsene MG-Schütze hatte keinen Grund, den viel kleineren Pflugführer zu schikanieren. Er tat es trotzdem.
Als er den Gefreiten aus New Jersey zum dritten Mal piesackte, setzte es Schläge. Allerdings nicht in der Öffentlichkeit. Das war gegen die Vorschriften. Hinter der Kantine war ein freier Platz. Sie vereinbarten, die Sache dort auszutragen, mit bloßen Fäusten und nach Einbruch der Dunkelheit.
Sie trafen sich im Licht von Scheinwerfern, umringt von hundert Kameraden, die Wetten abschlossen, die meisten gegen den kleineren Mann. Sie erwarteten eine Neuauflage des Boxkampfs zwischen George Kennedy und Paul Newman in Der Unbeugsame . Sie irrten.
Niemand sprach von den Queensberry-Regeln, und so ging der kleinere Mann direkt auf den MG-Schützen zu, tauchte unter seinem ersten harten Schwinger durch und trat ihm fest gegen die Kniescheibe. Der Bulldozerfahrer umkreiste seinen einbeinigen Kontrahenten, verpasste ihm zwei Nierenschläge und rammte ihm das Knie in die Weichteile.
Als der Kopf des großen Manns auf seine Höhe kam, schmetterte er ihm den Knöchel des rechten Mittelfingers gegen die linke Schläfe - und bei dem MG-Schützen gingen die Lichter aus.
»Du kämpfst nicht fair«, protestierte der Verwahrer der Wetteinsätze, als Dexter ihm die Hand hinstreckte, um seinen Gewinn zu kassieren.
»Nein, aber ich verliere auch nicht«, erwiderte er. Außerhalb des Lichtkreises nickte der Offizier den beiden MPs zu, die er mitgebracht hatte. Sie griffen ein und nahmen die Verhaftung vor. Später bekam der humpelnde MG-Schütze die versprochenen zwanzig Dollar.
Dreißig Tage Bau war die Strafe, und sie fiel deshalb so hart aus, weil er den Namen seines Kontrahenten nicht preisgab. Er schlief ausgezeichnet auf der harten Pritsche in der Zelle und tat es noch, als jemand mit einem Löffel aus Metall an den Gitterstäben schrappte. Der Morgen dämmerte bereits.
»Aufstehen, Soldat!«, rief eine Stimme. Dexter erwachte, glitt
von der Pritsche und stand stramm. Der Mann hatte einen silbernen Leutnantsbalken am Kragen. »Dreißig Tage in dem Loch können ganz schön langweilig werden«, sagte der Offizier.
»Ich werd’s überleben, Sir«, erwiderte der erneut zum einfachen Soldaten degradierte Exgefreite.
»Sie könnten auch sofort rausspazieren.«
»Und wo ist der Haken, Sir?«
»Sie vergessen das dämliche große Spielzeug und kommen zu meinem Haufen. Dann wird sich zeigen, ob Sie wirklich so hart sind, wie Sie glauben.«
»Was ist das für ein Haufen, Sir?«
»Man nennt mich Rat Six. Gehen wir?«
Der Offizier
Weitere Kostenlose Bücher