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Der Raecher

Titel: Der Raecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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im ersten Jeep vom Sitz aufstand und mit der Hand das Zeichen zum Anhalten gab. Er winkte uns, die Motoren abzustellen. Die Fahrer gehorchten, Stille trat ein. Dann vernahmen wir Stimmen.
    Ganz leise stiegen wir aus, bewaffneten uns und krochen bis zum Rand der Lichtung. In etwa hundert Metern Entfernung führten zwei erwachsene Männer sechs Kinder aus einer Scheune. Die Männer waren unbewaffnet und trugen keine Uniform. Hinter ihnen ragten die Reste eines abgebrannten Bauernhauses empor, und daneben stand ein neuer schwarzer Toyota
Landcruiser mit der Aufschrift ›Loaves’n’ Fishes an der Tür. Die beiden drehten sich um und starrten uns an. Das Älteste der Kinder, ein etwa zehnjähriges Mädchen, begann zu weinen. Ich erkannte sie an ihrem Kopftuch. Es war Laila.
    Zilić schritt mit erhobener Waffe auf die Gruppe zu, aber keiner der beiden Männer machte Anstalten zu kämpfen. Wir Übrigen schwärmten aus und bildeten einen Halbkreis um die Gefangenen. Der größere der beiden Männer sagte etwas, und ich erkannte, dass er Amerikaner war. Ebenso Zilić. Von den anderen verstand keiner ein Wort Englisch. Der Amerikaner fragte: » Who are you, guys ?«
    Zilić antwortete nicht. Er schlenderte zu dem nagelneuen Landcruiser und nahm ihn in Augenschein. In diesem Augenblick versuchte Laila wegzurennen. Einer der Männer wollte sie festhalten, bekam sie aber nicht zu fassen. Zilić wandte sich von dem Wagen ab, zog seine Pistole, zielte, feuerte und schoss ihr den Hinterkopf weg. Er war sehr stolz auf seine Treffsicherheit mit der Pistole.
    Der Amerikaner stand drei Meter von Zilić entfernt. Mit zwei Sätzen war er bei ihm, holte mit aller Kraft aus und schlug ihm die Faust ins Gesicht. Sofern er überhaupt eine Chance gehabt hatte, mit dem Leben davonzukommen, so war sie jetzt verspielt. Zilić war völlig überrumpelt worden, denn kein Mensch in ganz Jugoslawien hätte so etwas gewagt.
    Zilić ging zu Boden und blutete aus der Lippe. Zwei Sekunden lang waren alle fassungslos. Dann fielen sechs seiner Leute über den Amerikaner her und traktierten ihn mit Stiefeln, Fäusten und Gewehrkolben. Sie schlugen ihn zu einem blutigen Brei. Ich glaube, sie hätten ihm den Rest gegeben, wenn Zilić nicht dazwischengegangen wäre. Er war wieder auf den Beinen und tupfte sich das Blut vom Mund. Er befahl ihnen aufzuhören.
    Der Amerikaner lebte noch. Sein Hemd war zerrissen, der Oberkörper blutig von den Tritten, das Gesicht übel zugerichtet
und angeschwollen. Unter dem offenen Hemd war der breite Geldgürtel an seiner Hüfte zu sehen. Zilić deutete mit einer Hand darauf, und einer seiner Männer riss ihn ab. Er enthielt Hundertdollarscheine, ungefähr zehn, wie sich herausstellte. Zilić musterte den Mann, der es gewagt hatte, gegen ihn die Hand zu erheben.
    »Du liebe Zeit«, sagte er, »so viel Blut! Du brauchst ein kühles Bad, mein Freund, das wird dir gut tun.« Er wandte sich an seine Männer. Sein vermeintliches Mitgefühl mit dem Amerikaner verwirrte sie. Aber Zilić hatte auf der Lichtung noch etwas anderes entdeckt. Die Jauchegrube war randvoll, mit tierischen, aber auch mit menschlichen Exkrementen. Im Lauf der Jahre hatte sich das Gemisch verfestigt, doch nach den jüngsten Regenfällen war es wieder flüssig geworden. Auf Zilićs Befehl wurde der Amerikaner hineingeworfen.
    Der Kälteschock muss ihn wieder zu sich gebracht haben. Er fand Grund unter den Füßen und rappelte sich auf. In der Nähe befand sich eine Viehkoppel. Der Holzzaun war alt und zerfallen, aber ein paar lange Stangen waren noch ganz. Die Männer holten sich welche und drückten den Amerikaner damit in die schlammige Brühe.
    Immer wenn sein Gesicht wieder aus dem Dreck auftauchte, schrie er um Gnade. Er flehte um sein Leben. Beim sechsten oder siebten Mal ergriff Zilić eine Stange, rammte ihm die Spitze in den offenen Mund und schlug ihm die Zähne ein. Dann drückte er ihn so lange nach unten, bis der junge Mann tot war.
    Ich verzog mich unter die Bäume und erbrach das Wurstbrot, das ich zum Frühstück gegessen hatte. Am liebsten hätte ich sie alle umgebracht, aber es waren zu viele, und ich hatte zu große Angst. Während ich würgte, hörte ich mehrere Salven. Sie hatten die übrigen fünf Kinder und den bosnischen Begleiter des Amerikaners erschossen. Alle Leichen wurden in die Grube geworfen. Langsam verschwanden sie unter der Oberfläche. Einer der Männer stellte fest, dass der Schriftzug »Loaves’n’ Fishes«
an den

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