Der Raecher
brauchten, hegte ich nicht den geringsten Verdacht.
Ich hatte meinen Militärdienst als Funker abgeleistet, aber weit weg von allen Kampfhandlungen. Ich willigte ein, meine Osterferien zu opfern und meinen serbischen Landsleuten in Bosnien zu helfen.
Als ich zu den zwölf anderen stieß, stellte ich fest, dass sie zu der ganz rauen Sorte gehörten, führte das aber darauf zurück, dass sie abgebrühte Kampfsoldaten waren, und machte mir Vorwürfe, weil ich selbst so verwöhnt und verweichlicht war.
In der Kolonne der vier Geländewagen fuhren zwölf Männer mit, darunter auch der Anführer, der in letzter Minute zu uns gestoßen war. Erst da erfuhr ich, dass er Zoran Zilić war. Ich kannte ihn vom Hörensagen. Er war gefürchtet, aber auch geheimnisumwittert. Wir fuhren zwei Tage lang nach Norden durch die Republik Srbska und nach Mittelbosnien. Als wir in Banja Luka, das unser Stützpunkt wurde, eintrafen, quartierten wir uns im Hotel Bosna ein, wo wir auch aßen und tranken.
Von Banja Luka aus unternahmen wir drei Patrouillen nach Norden, Osten und Westen, fanden aber weder Feinde noch bedrohte serbische Dörfer. Am 14. Mai fuhren wir nach Süden in
die Vlasić-Bergkette. Wir wussten, dass hinter den Bergen die Ortschaften Travnik und Vitez lagen. Beide waren für uns Serben feindliches Gebiet.
Wir fuhren am späten Nachmittag einen Waldweg entlang, als vor uns plötzlich zwei kleine Mädchen auftauchten. Zilić stieg aus und redete mit ihnen. Er lächelte. Ich fand, er war richtig nett zu ihnen. Eine sagte ihm, dass sie Laila heiße. Ich begriff nichts. Es war ein muslimischer Name. Sie hatte ihr eigenes Todesurteil gesprochen und ihr Dorf zum Untergang verurteilt.
Zilić ließ die Mädchen in den Führungsjeep einsteigen, und sie führten uns zu dem Weiler, in dem sie wohnten. Er lag in einem von Wäldern umgebenen Tal. Nicht groß, nur ungefähr zwanzig Erwachsene und ein Dutzend Kinder lebten in sieben Häusern, umgeben von ein paar Scheunen und Koppeln. Als ich den Halbmond auf der kleinen Moschee sah, begriff ich, dass sie Muslime waren, doch sie stellten nicht die geringste Bedrohung dar.
Die anderen sprangen aus den Jeeps und umzingelten den Ort. Ich wurde auch nicht stutzig, als sie die Häuser durchsuchten. Ich hatte von muslimischen Fanatikern gehört, Mudschaheddin aus dem Nahen Osten, dem Iran und Saudi-Arabien, die plündernd durch Bosnien zogen und jeden Serben auf der Stelle töteten. Vielleicht, so dachte ich, hielten sich hier welche versteckt.
Als die Durchsuchung beendet war, kehrte Zilić zum Führungsfahrzeug zurück und stellte sich an das Maschinengewehr, das auf einen Drehzapfen hinter den Vordersitzen montiert war. Er brüllte seinen Männern zu, dass sie sich verteilen sollten, und eröffnete das Feuer auf die Bauern, die zusammengedrängt in einer Koppel standen.
Alles ging so schnell, dass ich gar nicht begriff, was geschah. Die Bauern hüpften und tanzten, als die schweren Geschosse sie trafen. Die anderen Soldaten feuerten mit ihren Maschinenpistolen. Ein paar Bauern versuchten, ihre Kinder zu retten, und
bedeckten sie mit ihrem Körper. Mehrere kleinere Kinder konnten entwischen, rannten zwischen den Erwachsenen durch und verschwanden unter den Bäumen, ehe die Kugeln sie trafen. Später erfuhr ich, dass sechs Kinder entkommen waren.
Ich fühlte mich sterbenselend. Die Luft stank nach Blut und Eingeweiden - in Hollywood-Filmen riecht man das nie. Ich hatte noch nie Menschen sterben sehen, und diese hier waren nicht einmal Soldaten oder Partisanen. Alles, was die anderen gefunden hatten, war eine alte Schrotflinte, möglicherweise, um Kaninchen oder Krähen zu schießen.
Hinterher waren die meisten Schützen enttäuscht. Sie hatten weder Alkohol noch irgendwelche Wertsachen gefunden. Und so steckten sie die Häuser und Scheunen in Brand und ließen sie brennend zurück.
Wir übernachteten im Wald. Die Männer hatten eigenen Sliwowitz dabei, und die meisten betranken sich. Ich versuchte zu trinken, konnte aber nichts bei mir behalten. Als ich im Schlafsack lag, begriff ich, dass ich einen furchtbaren Fehler begangen hatte. Meine Begleiter waren keine Patrioten, sondern Kriminelle, die aus Vergnügen töteten.
Am nächsten Morgen fuhren wir eine Reihe von Bergwegen ab, meist an der Felswand entlang in Richtung des Passes, der über die Berge nach Banja Luka führte. Dabei entdeckten wir das Bauernhaus. Es stand allein in einem kleinen Tal mitten im Wald. Ich sah, wie Zilić
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