Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
»Spiele.«
Zachary tippte sich mit einem Bleistift gegen die Zähne.
»Wir haben Spiele.«
»Blöde Spiele.«
Zachary widersprach und erklärte, dass Spiele eine lange Entwicklung hinter sich hätten. Dass sie mit Dingen wie Pong und Video-Hockey angefangen hätten, wo man bloß einen kleinen weißen Punkt über den Schirm schob. Heutzutage gäbe es viel bessere Spiele, mit Asteroiden und Autorennen und …
»Aber man muss in eine Spielhalle. Was, wenn man diese Spiele zu Hause spielen könnte?«
»Auf dem Homecomputer?«
»Bingo! Dieser Markt frisst dich auf, Zach-O, wenn du nicht vor der Welle bleibst.«
Wann hatte es aufgehört, Geschichte zu sein, und war stattdessen zu einem Markt geworden?
»Spiele.« Zachary ließ sich die Idee auf der Zunge zergehen, bevor er sie an sein Gehirn weitergab.
***
Er versuchte über Dinge nachzudenken, die lustig waren. Dinge, die ein gutes Spiel ausmachten. Ihm wollte nichts einfallen. Also fuhr er zum Golden Gate Park und setzte sich auf eine Bank, von wo aus er zusah, wie die San Francisco Bay die Farben wechselte.
Irgendwann merkte er, dass er einsam war.
Er war unverheiratet, hatte eine Menge zu tun und war neuerdings ein wenig schüchtern wegen seines Übergewichts, sodass zwischen zwei Verabredungen manchmal ein Jahr verging. Frauen erschienen ihm mehr und mehr wie ein Teil seines Lebens, der sich zunehmend von ihm entfernte. Nichtsdestotrotz hatte er stets geglaubt, dass es ihm bestimmt sei, sich zu verlieben. Seit er ein kleines Kind gewesen war, hatte er eine Vorahnung gehabt, dass er eines Tages das Mädchen, die Frau seines Lebens treffen würde – und sie würde ihn fragen, ob er reiten könne.
Er würde stammeln und »M-manchmal« antworten. »Nicht besonders gut oder so, weißt du.« Und wenn er das sagte, würde sie erkennen, wer er war. Weil sie nämlich auch diesen Traum gehabt hatte, und sie würden einander in die Arme stürzen und zusammen sein.
Es war, als hätte sie ein hellseherisches Herz, dessen Vorhersage bisher bloß noch nicht eingetreten war.
Zugegeben, er war inzwischen ein bisschen alt für diese Art von Fantasie. Er war ein Mann von außergewöhnlich praktischer Veranlagung. Oder etwa nicht?
Und statt dass sein Herz zu schmerzen begann, wie es bei einem gewöhnlichen Mann der Fall gewesen wäre, schaltete sich Zacharys elektrisch gegrilltes Hirn ein.
Einsam zu sein , sagte dieses Hirn, bedeutet eigentlich, sich nach Liebe zu sehnen. Richtig?
Beinahe hätte die Kühnheit seines Gedankens ihm den Atem verschlagen.
»Das ist es!«, flüsterte er in den Park und die Bucht und die untergehende Sonne hinein.
Auf dem Weg zurück in die Firma kassierte er einen Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit. Als er in der Firma angekommen war, zog er seine jungen Genies und Nerds zusammen und setzte sie auf ein neues Projekt an.
Zwei Wochen später sorgte City Park Pick-up – komplett mit einer Grafik, die kaum durch die Zensur gekommen war – in der ersten Stunde nach dem Verkaufsstart für tumultartige Szenen.
»Das ist es!«, krähte der Teufel gut gelaunt. »Du bist der Guru dieser Technologie! Das ist die Sorte von Programm, die die Leute an die Computer holt. Ich meine nicht nur Massen von Leuten, Zachary! Ich meine jeden , einfach jeden! Verstehst du? Das ist es, worum es in Wirklichkeit geht!«
Eine Zeit lang war Zachary mit ihm einer Meinung – bis zu jenem Tag, an dem er sich in einen echten Menschen verliebte.
***
Die Techies von Bullhorse schufen etwas, das sie »Spielsystem« nannten.
Es war ein Haufen Hardware, mit dem man verschiedene Arten von Spielen spielen konnte, einschließlich denen von Mitbewerbern. Es war ein meisterhafter Streich, die totale Marktbeherrschung. Zur Feier des Ereignisses gab Zachary am vierten Juli eine Kostümparty – und mittendrin traf er seine zukünftige Frau.
Sie arbeitete für ihn – eine Verfahrenstechnikerin, die Computerteile aus unterschiedlichen Materialien miteinander verband, Plastik mit Gummi, Gummi mit Metall. Sie hatte einen Master von der CalTech und hieß Clara, und sie kam als Abigail Adams zu Zacharys Party.
Zachary war Benjamin Franklin. Er hatte sich selbst die Aufgabe auferlegt, das Schwein zu grillen, was bedeutete, dass er nicht viel umherschlendern konnte. Clara kaufte ihm ein Bier, fragte ihn, wie es mit dem Schwein voranging – und drei Stunden später redeten sie immer noch (Clara verspürte nicht die Stille gebietende Ehrfurcht in seiner Nähe wie
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