Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
Sohn geboren war, wo er Clara gefunden hatte, wollte er eine neue Vergangenheit für seine neue Zukunft. Und weil er wusste, dass das nicht möglich war, beschloss er, dass die neue Zukunft zumindest perfekt sein sollte, und sauber.
Der Teufel ging davon.
Zachary ließ ihn gehen.
Der Teufel mochte der Teufel sein, doch er war Big Zach, der Mann, der die Welt vernetzen würde.
Er riss sich den Overall herunter, als wäre er Superman, der aus seinem Anzug steigt.
30
Fish
im
Knast
Tall Timbers Minimum Security
Männergefängnis, 1987
Vier Jahre zog sich der Prozess hin. Vier Jahre voll schlafloser Nächte und Übelkeit und Depressionen und Selbstmordgedanken, für nichts und wieder nichts. Am Ende wurde er schuldig gesprochen und in die Sorte von Gefängnis gesteckt, in die man böse Geschäftsleute packt.
Es war nicht allzu schlimm.
»Es ist nicht allzu schlimm«, flüsterte Fish des Nachts seinem Mitinsassen Charles zu, einem ehemaligen Vizepräsidenten der Coca-Cola-Company, der auf der unteren Pritsche schlief.
»Weil es kein richtiges Gefängnis ist«, antwortete Charles.
Charles war Harvard-Absolvent. Das ganze Gefängnis schien speziell für Harvard-Absolventen gebaut zu sein. Die Typen von Yale kamen woanders hin. Wenn man ein Selfmademan war wie Fish und nicht mal das College abgeschlossen hatte, steckte man zwar mit den Jungs von der Ivy League unter dem gleichen Dach, aber das hieß noch lange nicht, dass sie mit einem redeten oder so taten, als hätte man ein Recht, mitten unter ihnen zu sein.
»Wenn es kein richtiges Gefängnis ist«, sagte Fish, »dann steh doch auf und geh morgen früh nach dem Zählappell nach Hause. Jede Wette, du traust dich nicht.«
Schweigen.
Man kann einen Harvard-Mann nicht provozieren, außer, man ist selbst einer.
***
Wer wollte, durfte im Knast arbeiten. Die meisten Insassen wollten. Es vertrieb die Langeweile, und man bekam Geld dafür.
Fish hatte das Glück, einen Job in der Gefängnisbücherei zu ergattern. Die Bücherei war ein guter Job, weil man eine Menge Kontakte nach draußen hatte. Ausleihen zwischen Büchereien, Anfragen wegen Artikeln, Bestellungen von neuem Material, der Umgang mit neuen Technologien.
Eine Woche lang packte Fish Bücher in Regale und schob einen Magazinwagen durch die Korridore mit den Zellen und Tagesräumen. Die Aufgaben, die niemand anders übernehmen wollte. Die anderen Knackis in der Bücherei waren meist Männer über fünfzig. Sie zwinkerten ihm zu und witzelten über »den Neuen«.
In der zweiten Woche kam der Punkt, an dem Fish die Nase voll hatte. Es wurde Zeit, dass die alten Säcke mehr Respekt lernten. Er mochte der Neue sein, aber er war immer noch Mark Fish, verdammt! Er hatte das Versicherungsgeschäft auf eine ganz neue Stufe gehoben! Er war mit dem Teufel persönlich befreundet!
Und so setzte er sich am Montagmorgen an den Empfang und machte sich daran, zurückgegebene Bücher zu stempeln.
Fish war beim zehnten Buch, als ihm jemand von hinten einen Stoß versetzte. »Das ist mein Platz hier, Sohn«, brummte dieser Jemand.
Fish warf einen verärgerten Blick über die Schulter und machte: »Hä?«
Vor ihm stand Harry Truman – beziehungsweise jemand, der dem ehemaligen Präsidenten verdammt ähnlich sah, bis auf den Gefängnisoverall und die massive goldene Rolex am Handgelenk.
»Du sitzt auf meinem Platz, Sohn«, wiederholte Truman.
Fish sagte ihm, er solle seinen Hintern woandershin schaffen, und stempelte weiter.
Der Tag kam und ging, und nichts geschah.
Anscheinend hatte jemand Truman gesteckt, wer Fish war.
***
Die Leute, die mitten in der Nacht kamen und ihn holten, machten sich nicht die Mühe, ihn zu wecken. Sie rissen die Matratze von der oberen Pritsche, und er knallte gegen die Zellenwand.
Er mühte sich auf die Knie, doch er wurde von Füßen in teuren Budapestern zu Boden getreten und von unsichtbaren fetten Händen festgehalten, einige davon mit massiven goldenen Ringen.
Er blinzelte und versuchte zu sehen, wer ihn hielt, doch außer Overalls und Lederschuhen und starken, wenngleich manikürten Händen konnte er nichts erkennen. Er vermochte nicht einmal zu sagen, wie viele es waren. Doch sie lachten – ein dunkles, kollektives Rumpeln. Es war die Art von brüderlichem Lachen, die man über dem Klimpern von Eis in Scotchgläsern hörte. Aber meistens waren sie nur Schatten, starke, gesichtslose Schatten, deren grenzenlose Verachtung für ihn keiner Worte bedurfte.
Die Schatten teilten
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