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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Poore
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ein bisschen warten, entschied er.
    ***
    In den ersten paar Wochen änderten sich einige Dinge im Weißen Haus grundlegend. Zum einen widmete JFK seiner Frau plötzlich eine ganze Menge mehr Aufmerksamkeit. Die Ärmste wusste gar nicht, wie ihr geschah.
    »Was ist nur in dich gefahren?«, japste sie an einem Dienstagmorgen nach dem fünften Mal.
    JFK hatte einen Bruder mit Namen RFK , den er zum Justizminister gemacht hatte. Er hörte nicht genug auf ihn. Auch das änderte sich, und das war gut, denn RFK war schlau und konnte ziemlich gemein sein. Der Teufel schickte RFK zu Leuten, die sich nicht genügend Sorgen machten wegen der Wasserstoffbomben. Damit er gemein zu ihnen war.
    ***
    Es gab neben den Bomben noch weitere Probleme.
    Mehrere schwarze Bürgerrechtler kamen zu JFK . Es waren Führer von Gemeinden im Süden, wo schwarze Leute nicht die gleichen Rechte hatten wie weiße Leute. Sie erklärten dem Präsidenten, dass nicht alle schwarzen Leute so unverschämt glücklich waren über die Masse an neuen Konsumprodukten. Hauptsächlich, weil sie sich sorgten, gelyncht zu werden.
    Der Teufel wusste das alles natürlich längst. In den letzten Jahren hatten schwarze Leute angefangen, etwas sehr Interessantes und Beeindruckendes zu tun. Sie hatten angefangen, Dinge zu boykottieren, die weiße Leute ihnen für Geld verkaufen wollten. Geld, das die weißen Leute brauchten.
    Selbst der letzte Hinterwäldler ist nicht so dämlich, dass es ihm egal ist, wenn er kein Geld verdient.
    Die schwarzen Führer hatten neue Pläne. Sie sagten JFK , dass sie in Trailways-Bussen nach Alabama fahren und dort Dinge tun würden, die schwarze Leute in Alabama nicht tun durften. Beispielsweise in den Busbahnhöfen an weißen Esstheken essen oder in den weißen Wartesälen warten.
    Der Teufel dachte nur: Endlich! Sie erhoben sich wieder, und diesmal würden sie hart genug zuschlagen, um die Sklaverei endgültig zu beenden. Manchmal, so wusste der Teufel, bedurfte es ein wenig Gewalt, um die Mühlen der Gerechtigkeit ans Mahlen zu bringen.
    »Wir sind entschiedene Gegner der Gewalt«, fügten die Anführer hinzu.
    Hätte der Teufel genau hingehört, wären die Worte seiner Aufmerksamkeit nicht entgangen. Doch er war zu sehr damit beschäftigt, sich selbst zu beglückwünschen, dass er Amerika an diesen Punkt gebracht hatte.
    Die Freedom Riders würden Hilfe brauchen, so viel stand fest. Der Teufel nahm den Hörer auf. »Miss Lincoln«, sagte er. »Äh, verbinden Sie mich mit RFK , bitte.«
    ***
    Es war absolut furchtbar. Einfach schrecklich.
    Die Leute dachten, bei den Freedom Riders ging es nur darum, an Orte zu fahren, wo sie nicht hindurften, doch in Wirklichkeit ging es darum, dass schwarze Leute halbtot geprügelt wurden, während weiße Cops in die andere Richtung schauten.
    Und genau das geschah in Alabama.
    Leute vom Klan setzten einen der Trailways-Busse in Brand, während die Hälfte der Leute noch darin war. Die Leute kamen heraus, manche mit schlimmen Verbrennungen, und der Teufel glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als sie sich nicht wehrten. Er sank in seinen Bürosessel und zuckte zusammen. JFK hatte einen schlimmen Rücken und schluckte Pillen gegen die Schmerzen.
    Er nahm das Telefon zur Hand.
    » RFK «, sagte er.
    RFK ging nicht ans Telefon. Stattdessen kam er persönlich ins Weiße Haus.
    Er kam in einer Limousine, zusammen mit einem berühmten schwarzen Prediger namens MLK . JFK und RFK und MLK gingen zusammen eine Runde hinter dem Weißen Haus spazieren, und MLK sagte zu JFK : »Liebe deine Feinde, Jack.«
    Seine Stimme war schwer und heiß. MLK war kein großer Mann, doch jeder, der ihm begegnete, dachte hinterher, dass er einer war.
    Es war ein milder Tag draußen auf dem Rasen hinter dem Weißen Haus. Zwei gelbe Vögel kamen vorbei, einander jagend.
    »›Liebe deine Feinde‹, Martin, das ergibt keinen Sinn«, sagte JFK . »An so etwas zu glauben, können sich nur Prediger leisten.«
    »Man kann kein Haus mit Feuer bauen«, sagte MLK .
    Er nahm sich Zeit und erklärte JFK auf seine bedächtige Sonntagmorgenpredigtweise, dass es zwar wichtig war, etwas zu machen, aber genauso wichtig war es auch, wie man es machte. Und wenn man etwas mit Gewalt schuf, dann war das, was man schuf, etwas Gewalttätiges. Welch eine Tragödie, wenn die Schwarzen versuchten, sich ihre Freiheit mit Gewalt zu verschaffen und sich damit schon wieder versklavten, diesmal an eine gewalttätige Freiheit.
    »Ich, äh«, antwortete JFK .

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