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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Poore
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und auf der Haut zu genießen, sogar den Wind in seinen Haaren, genau wie die warme, glatte, hölzerne Textur seiner Haut, als sie seinen Arm nahm und sich bei ihm einhakte.
    Er erstickte fast bei dem Gedanken an Arden. Allein sein Stolz hielt ihn aufrecht.
    ***
    Das gesamte folgende Jahr verbrachte er damit, Phantomen hinterher zu jagen.
    Sie lebten gemeinsam in einem Zelt aus grünen Zweigen und Hirschleder, zwischen dem Wald und einem langsamen, tiefen Strom. Er flocht Körbe und fing Fische, und sie jagten gemeinsam und sangen Jagdlieder, und wenn sie sich liebten, sahen sie tief ineinander mit einer Traurigkeit, über die sie kein Wort verloren.
    Er wusste, dass er sie eigentlich verlassen sollte, doch er brachte es nicht über sich.
    Sie gab sich zufrieden mit dem, was er ihr geben konnte. Sie liebte den Mensch-Dämon, der manchmal imstande war, ihre Liebe zu erwidern. Sie spürte, wie sich die Erde unter ihren Füßen drehte, und auch damit gab sie sich zufrieden und war dankbar.
    So lebten sie vier Jahre miteinander.
    Der Teufel hatte Assyrien erobert und über Ägypten geherrscht und Sumer in die Knie gezwungen, doch er war nicht stark genug, um Pocahontas zu verlassen.
    ***
    Im Nachhinein betrachtet war es dann auch sie gewesen, die ihn verlassen hatte.
    Der Winter kam, und mit ihm setzte langer, anhaltender Schneefall ein, bis die Zweige knackten und der Wald seufzte, als versuchte er sich im Schlaf zu drehen.
    Pocahontas sorgte sich um die weißen Männer in ihrer Festung, die sie Jamestown nannten. Eines Nachts erwachte der Teufel und stellte fest, dass sie aufrecht im Bett saß. Sie hatte die Decke aus Hirschhaut weggeschoben und zitterte.
    »Sie werden verhungern«, sagte sie.
    »Ja«, pflichtete er ihr bei.
    Es stimmte. Er hatte sie von den Bäumen herunter beobachtet, wie sie ihre Lederschuhe und Gürtel gegessen hatten. Ihre Toten. Wie sie sich gegenseitig beäugt hatten wie hungrige Ratten.
    »Lass sie verhungern«, hätte er beinahe gesagt, und beinahe hätte sie geantwortet: »Was wird aus uns, wenn wir so etwas zulassen?«
    ***
    Sie brachten Wild zu den Toren im Palisadenzaun. Gegrillten Mais. Decken. Sie sagten den weißen Männern, welche Bäume sie fällen mussten für Holz, das langsam und heiß brannte, und wo im Winter die Störe schwammen und leicht mit Netzen gefangen werden konnten.
    Der weiße Mann, den sie vom Opferstein gerettet hatten, trat vor. Er war dankbar und behandelte sie mit Respekt. Nun, da er nicht mehr verirrt durch die Wälder streifte und nicht mehr vom Tode bedroht war, hatte er ein gutes und intelligentes Leuchten in den Augen. Ein seltenes Licht. Der Teufel sah, dass er ein komplizierter Mensch war, der komplizierte Dinge wollte.
    Der Mann wollte, dass Pocahontas blieb. Sie konnte von großem Wert sein für sein Volk.
    Sie schüttelte den Kopf, lächelte und berührte die Wange des Weißen. Dann brachen sie gemeinsam auf, Pocahontas und der Teufel, und kehrten in ihr eigenartiges einsames Zuhause zurück.
    ***
    Ihre Brüder kamen vorbei, bemalt für den Krieg, und berichteten Pocahontas und dem Teufel, ihr Vater hätte beschlossen, dass die Weißen mitsamt ihrer Festung in den Fluss zurückgedrängt werden mussten. Dass sie aufgehalten werden mussten, bevor ihre Zahl zu groß wurde.
    Pocahontas sagte: »Nein!«
    Sie hörten nicht auf sie. Sie warnten Pocahontas und den Teufel, drängten sie, ihr Heim zu verlassen, weil es schon bald nicht mehr sicher wäre dort.
    »Kommt mit uns zurück ins Dorf«, sagten sie, doch sie kannten die Antwort ihrer Schwester, ohne sie anhören zu müssen.
    »Mach dir einen Speer und komm mit uns«, sagten sie zum Teufel, der seine Pfeife stopfte und die drei ignorierte.
    Die Brüder brachen auf, und in jener Nacht schlich sich Pocahontas davon und lief zur Festung und warnte die Weißen vor der drohenden Gefahr.
    Sie blieb von da an bei ihnen – sie hatte keine Wahl, wusste nicht, wohin sie sich sonst hätte wenden sollen.
    Schmerz durchbohrte das Herz des Teufels.
    Er hustete und stöhnte, doch es war nicht sein Herz – es war sein ganzes Selbst, das sich anfühlte, als würde seine Liebe von ihm gerissen. Oder schlimmer noch, als wäre sie aufgestanden und einfach weggegangen.
    Er spürte das Gewicht seiner Jahre, ein Gewicht, das zu schwer war selbst für eine unsterbliche Seele. Das einzige Ding, das ein solches Gewicht zu ertragen vermochte, war die Erde selbst.
    Also kehrte der Teufel für einige Zeit zur Erde zurück. Genau wie

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