Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
Newark. Dann zogen sie weiter Richtung Norden zu dem Musikfestival, an dem ihr Herz so hing.
»Sie lassen uns weitermachen, richtig?«, sagte Zachary, der vorne neben dem Teufel auf dem Beifahrersitz saß.
Von einem Münztelefon in der Lobby eines Holiday Inn rief der Teufel beim Promoter des Festivals an, einem smarten Hippie-King mit Namen Michael. Er informierte ihn mit wohlgesetzten Worten, er könne eine Menge Leute zum Festival bringen, falls die Dan Paul Overfield Band auftreten dürfe.
»Das ist ja irre«, sagte Michael erfreut. »Also gut. Wir sehen uns, sobald ihr hier seid.«
***
Am Eröffnungstag des Festivals geriet die Dan Paul Overfield Band in einen meilenlangen Stau. Fahrzeuge verstopften die Straße.
»Es gibt viel mehr Besucher als erwartet«, informierte sie ein Cop. »Der beste Platz zum Parken ist wahrscheinlich ein Stück zurück hinter Bethel. Von da aus müsst ihr zu Fuß weiter.«
Also fuhren sie ein Stück zurück bis hinter Bethel, über Wiesen und Weiden, die vollgeparkt waren. Doch Bethel gefiel ihnen nicht, also fuhren sie weiter an White Lake vorbei, bis sie ein Farmhaus erreichten, von wo aus der Teufel Michael anrief.
»Wir kommen von hier aus nicht durch«, erklärte der Teufel.
»Niemand kommt durch«, antwortete der Promoter. »Die meisten Gruppen sind im Holiday Inn in Monticello abgestiegen.«
»Das sagst du uns erst jetzt?«, sagte der Teufel.
»Ja«, erwiderte Michael. »Es sind `ne Menge Leute gekommen, okay?«
»Wie ich’s versprochen habe«, sagte der Teufel.
Also landeten sie am Ende ebenfalls im Holiday Inn, wo sie die Zeit totschlugen, die Klimaanlage genossen und Fernsehen guckten, während sie darauf warteten, dass das Telefon läutete und man sie informierte, wie es weitergehen sollte. Manchmal landete ein Helikopter auf dem Parkplatz, sammelte andere Musiker ein und flog sie zum Festival.
Die Nachrichten verkündeten, dass das Festivalgelände zum Katastrophengebiet erklärt worden sei. Die interviewten Fans hingegen erklärten ausnahmslos, dass sie glücklich seien, nicht nur wegen der Musik, auch wegen der tollen Leute.
Das Fernsehen zeigte die Straße, die durch Bethel führte. Sie war voller Festivalbesucher. Es schien, als hätte ein riesiger Volksstamm sich auf den Weg gemacht, der nun das Farmland durchstreifte.
»Das ist ja irre!«, rief Zachary.
»Warte ab«, sagte Fish. »Warte erst mal ab, bis wir spielen. Wenn wir dürfen.«
»Hör auf, dir Gedanken zu machen«, sagte Memory.
»Genau. Hör auf damit«, sagte der Teufel.
Sie waren für den späten Samstagvormittag vorgesehen, doch dreimal ging das Telefon. Erst wurde ihr Auftritt auf den Abend verschoben. Dann auf den späten Abend. Dann auf die Nacht.
Die Nacht kam. Der Morgen kam. Niemand konnte schlafen.
Der Teufel sah fern.
Er sah die Leute tanzen. Manche von ihnen nackt. Ihre Welt war voller Wildheit, Zärtlichkeit und Musik, während im fernen Asien ein Krieg tobte und der Mensch sich bereit machte, zum ersten Mal den Fuß auf den Mond zu setzen. Letzten Endes aber war alles Teil der gleichen Sache.
Der Teufel hatte die Samen gesät. Die Ernte war groovy.
Wichtiger noch, sie lieferte gute Fernsehbilder.
***
Das Telefon läutete und brachte Chaos, denn die Organisatoren wollten die Reihenfolge der Auftritte schon wieder ändern. Die Dan Paul Overfield Band sollte schon an diesem Nachmittag auftreten, in wenigen Stunden.
Also stiegen die Musiker mit dem wenigen nötigen Equipment in einen Helikopter. Ein zweiter Helikopter sammelte die Crew ein. Das Holiday Inn blieb unter ihnen zurück. Sie flogen über grüne Felder und Wälder und sommerlichen Dunst. Minuten später passierten sie die ersten Ausläufer des Festivals. Sie flogen über mehr Menschen hinweg, als das Auge erfassen konnte, und landeten hinter der Bühne.
Helfer und Manager scheuchten sie eine Rampe hinauf, vorbei an Bergen von Equipment, Containern und Müll. Die Roadies, von Osgood angeleitet, machten sich daran, das Equipment aus dem zweiten Helikopter zu schleppen.
Der Teufel hob das Gesicht in die Mittagsluft und spürte Dunst und Elektrizität. Würde es Regen geben? Schwer zu sagen. Der Himmel hatte ein finsteres, böses Aussehen, das ihm nicht gefiel. Die Elektrizität hingegen schon, weil sie von der Menge herrührte, die draußen feierte und tanzte.
Sie hatten eine Stunde bis zum Beginn der Show. Der Teufel überließ die Band den Organisatoren und schlenderte auf eigene Faust los, stiefelte über
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