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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Brust eines von Natur so eifersüchtigen und mißtrauischen Wesens zu erwecken, und möglicherweise durfte auch noch die Neugierde, welche durch Dicks unvorsichtiges Benehmen erregt worden war, mit in Betracht kommen. Da er aber jetzt den Plan der beiden Freunde kannte, was mochte ihn veranlassen, diesen zu unterstützen? Die Frage war schwieriger zu lösen. Da jedoch Spitzbuben einander gewöhnlich dadurch überbieten, daß sie ihre eigenen Absichten den andern unterschieben, so lag der Gedanke nahe, daß Streitigkeiten zwischen Quilp und dem alten Mann, die infolge der geheimen Unterhandlungen entstanden waren und gewiß auch etwas mit dem plötzlichen Verschwinden zu tun hatten, nun in Quilp den Wunsch rege werden ließen, sich an seinem alten Freund zu rächen. Und deshalb suchte er das einzige Wesen, für das dieser Liebe und Sorge empfand, in Bande zu verstricken, die ihm verhaßt waren und vor denen er zitterte. Da Friedrich Trent, ohne auf seine Schwester auch nur die mindeste Rücksicht zu nehmen, sein Projekt eigentlich nur in der Hoffnung auf Gewinn eifrig betrieb, so schien ihm nichts wahrscheinlicher, als daß auch Quilps Handlungen auf dieselbe Triebfeder zurückzuführen seien. Und nachdem er nun dem Zwerg eine Absicht für seine Hilfsbereitschaft untergeschoben hatte, eine Absicht, der nichts willkommener sein konnte als das Gelingen ihres Planes, glaubte er gern an die Aufrichtigkeit und Herzlichkeit, mit der Quilp an der Sache teilnähme. Zudem war nicht zu verkennen, daß von einer solchen Seite aus mächtige und wertvolle Beihilfe zu erwarten stände, weshalb Trent beschloß, Quilps Einladung anzunehmen und ihn noch diesen Abend zu besuchen; und wenn der Eindruck, den er von ihm hatte,
noch durch Worte und Taten seitens Quilps bestätigt werden sollte, würde er ihn teilnehmen lassen an der Arbeit ihres Planes, an dem Profit aber gewiß nicht.
    Nachdem sich der edle Bruder die Sachlage in dieser Weise überlegt und zu einem Entschluß gekommen war, teilte er das, was ihm passend dünkte, Herrn Swiveller mit – Dick hätte sich mit weniger vollkommen zufriedengegeben –, ließ ihm einen Tag Zeit, sich von seinem gestrigen Salamander zu erholen, und begleitete ihn am Abend in Herrn Quilps Wohnung.
    Herr Quilp war ungemein erfreut, die beiden Freunde bei sich zu sehen, oder schien es wenigstens zu sein; auch benahm er sich schrecklich höflich Frau Quilp und Frau Jiniwin gegenüber, obgleich er einen sehr scharfen Blick auf seine Frau warf, um zu beobachten, welchen Eindruck es auf sie machen würde, wenn sie den jungen Trent erkannte. Frau Quilp bekundete ebensowenig wie ihre Mutter irgendeine schmerzliche oder angenehme Erregung bei dem Anblick des jungen Mannes; da aber das Auge ihres Gatten sie dermaßen einschüchterte und verwirrte, daß sie durchaus nicht wußte, was sie tun sollte oder was von ihr verlangt wurde, so ermangelte Herr Quilp nicht, ihre Verlegenheit der von ihm geträumten Ursache beizumessen, und während er über seinen Scharfblick entzückt war, raste er im geheimen vor Eifersucht.
    Er ließ sich jedoch gar nichts anmerken. Herr Quilp war im Gegenteil die Leutseligkeit und Gesprächigkeit selbst und präsidierte bei der Rumflasche mit außerordentlicher Liebenswürdigkeit.
    »Lassen Sie mich einmal sehen«, sagte Quilp; »es muß um die zwei Jahre her sein, daß wir zum ersten Male miteinander bekannt wurden?«
    »Nahe an drei, glaube ich«, versetzte Trent.
    »Nahe an drei?« rief Quilp. »Wie schnell doch die Zeit entflieht! Kommt es dir auch schon so lange vor, Frau Quilp?«
    »Ja, ich glaube, es sind volle drei Jahre, Quilp«, lautete die unglückliche Antwort.
    »Aha, Madame«, dachte Quilp; »Sie haben sich seitdem wohl abgehärmt – nicht wahr? Ganz gut, Madame.«
    »Kommt es mir doch fast wie gestern vor, als Sie mit der Mary Anne nach Demerara fuhren«, fügte Herr Quilp laut hinzu; »ich versichere Sie, erst wie gestern. Nun, so ein bißchen Tollheit habe ich sehr gern. Ich habe es selbst einmal toll getrieben.«
    Herr Quilp begleitete dieses Zugeständnis mit einem so entsetzlichen Blinzeln, das von alten losen Streichen und lockeren Liebesabenteuern Kunde geben sollte, daß Frau Jiniwin höchst indigniert war und die leise Bemerkung nicht unterdrücken konnte, »er möchte seine Beichte wenigstens so lange aufschieben, bis seine Frau das Zimmer verlassen hätte«. Diese Kühnheit und offene Rebellion trug ihr einen Blick Quilps ein, der sie ganz aus der Fassung

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