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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Quilp zu verstehen gab, die einzige Ursache eines etwaigen Durcheinanders, in seinen Worten sei, dem ausschließlich die mächtige Leidenschaft, keineswegs aber der rosige Wein oder ein anderes geistiges Getränk zugrunde liege. Und dann gingen sie brüderlich Arm in Arm miteinander weiter.
    »Ich bin so scharf«, sagte Quilp beim Scheiden zu seinem Gefährten, »so scharf wie ein Frettchen und so schlau wie ein Wiesel. Bringen Sie Trent zu mir; versichern Sie ihn, daß ich sein Freund bin, obgleich ich fürchte, daß er mir ein bißchen mißtraut – warum weiß ich nicht, denn ich bin mir nicht bewußt, es verdient zu haben; und ihr beide habt euer Glück gemacht – in der Perspektive.«
    »Das ist eben das Schlimme an der Sache«, entgegnete Dick. »Dieses Glück in der Perspektive liegt uns so fern.«
    »Ebendeshalb sieht es kleiner aus, als es wirklich ist«, sagte Quilp, indem er seinen Arm drückte. »Sie können sich gar keinen Begriff von dem Wert Ihrer Beute machen, bis Sie ihr ganz nahe sind. Merken Sie sich das!«
    »Meinen Sie wirklich?« fragte Dick.
    »Freilich; und was noch besser ist, ich bin meiner Sache gewiß«, erwiderte der Zwerg. »Sie werden Trent zu mir bringen. Sagen Sie ihm, ich sei sein Freund und der Ihrige, warum sollte ichs nicht sein?«
    »Es ist natürlich kein Grund vorhanden, warum Sie's nicht sein sollten«, versetzte Dick; »vielleicht gibt es aber recht viele für das Gegenteil – wenigstens läge nichts Sonderbares in Ihrem Wunsche, mein Freund zu sein, wenn Sie ein edler Geist wären; aber Sie wissen ja selbst, daß dies bei Ihnen nicht der Fall ist.«
    »Ich kein edler Geist?« rief Quilp.
    »Zum Teufel – nein, Sir«, erwiderte Dick. »Ein Mann von Ihrem Äußern kann es nie sein. Wenn Sie überhaupt ein Geist sind, so sind Sie ein böser. Edle Geister«, fügte Dick hinzu, indem er sich in die Brust warf, »sehen ganz anders aus, darauf können Sie schwören, Sir!«
    Quilp blickte auf seinen freimütigen Freund mit einem aus List und Ärger gemischten Ausdruck, und indem er ihm beinahe gleichzeitig die Hand drückte, erklärte er, Herr Swiveller sei ein ungewöhnlicher Charakter, der seine größte Hochachtung besäße.
    Und damit trennten sie sich, Herr Swiveller, um auf dem nächsten Wege nach Hause zu gehen und seinen Rausch auszuschlafen, und Quilp, um über die gemachte Entdeckung nachzudenken und in der Aussicht auf das reiche Feld von Genuß und Wiedervergeltung, das sich vor seinen Augen auftat, zu jubilieren.
    Nicht ohne großes Widerstreben und einiges Bedenken verfügte sich am andern Morgen Herr Swiveller, dessen Kopf noch von den Dämpfen des renommierten Schiedamers eingenommen war, in die Wohnung seines Freundes Trent – ein Dachstübchen in einem alten, gespenstigen Wirtshause – und rückte allmählich mit dem, was gestern zwischen ihm und Quilp stattgefunden hatte, heraus. Es fehlte auch nicht an dem berechtigten Erstaunen und an ernstem Nachdenken über Quilps wahre Motive noch an bitteren Bemerkungen über Dicks Torheiten, mit denen sein Freund die Erzählung hinnahm.
    »Ich will nichts zu meiner Entschuldigung sagen, Fritz«, sagte der reuige Richard, »aber der Kerl hat eine so eigene Art an sich und ist ein so verschlagener Schuft, daß er mich zuerst auf den Gedanken brachte, was denn eigentlich Schlimmes daran sei, wenn ich es ihm sagte, und während ich noch hierüber nachsann, zapfte er mich ab. Wenn du ihn hättest trinken und rauchen sehen, wie ich ihn sah, du würdest ihm auch nichts haben verschweigen können. Du mußt wissen, daß er ein Salamander ist – ja, das ist er.«
    Ohne sich auf die Frage einzulassen, ob Salamander auch notwendig gute und zuverlässige Agenten wären, oder ob es in der Natur der Sache liege, daß ein feuerfester Mann um dieses Umstandes willen auch Zutrauen verdiene, warf sich Friedrich Trent in einen Stuhl, begrub den Kopf in seine Hände und mühte sich, die Gründe zu erforschen, die Quilp veranlaßt haben mochten, sich in Richard Swivellers Vertrauen einzuschleichen; denn daß es jenem um einen Aufschluß zu tun war, den Dick nicht freiwillig gegeben haben würde, ließ sich deutlich daraus entnehmen, daß Quilp Herrn Swivellers Gesellschaft aufgesucht und ihn weggelockt hatte.
    Der Zwerg war ihm zweimal begegnet, und zwar jedesmal,
wenn Dick sich bemüht hatte, über die Flüchtlinge Nachricht einzuziehen. Dies genügte vielleicht, da er sich doch früher nicht um sie gekümmert hatte, um Argwohn in der

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