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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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brachte, und dann trank er mit großer Förmlichkeit auf ihre Gesundheit.
    »Ich dachte mirs wohl, daß Sie schnell wieder zurückkommen würden, Herr Fritz, ich dachte mirs immer«, sagte Quilp, sein Glas niedersetzend. »Und als die Mary Anne mit Ihnen an Bord wieder zurückkehrte, statt einen Brief zu bringen, der von der Zerknirschung Ihres Herzens und von Ihrer Zufriedenheit in der neuen Stellung, die man Ihnen verschafft hatte, berichten sollte – ja, ja, da unterhielt ich mich königlich; ich amüsierte mich außerordentlich. Ha ha ha!«
    Der junge Mann lächelte, aber nicht, als ob das Thema das angenehmste wäre, das für seine Unterhaltung hätte ausgewählt werden können; und gerade aus diesem Grunde fuhr Herr Quilp fort:
    »Nein, ich lasse mirs nicht nehmen«, sagte er, »ein reicher Verwandter, der zwei junge von ihm abhängige Leute hat, gleichviel, ob Brüder oder Schwestern oder Bruder und Schwester, tut unrecht, wenn er seine Liebe ausschließlich dem einen zuwendet und den andern verstößt.«
    Der junge Mann machte eine ungeduldige Bewegung; aber Quilp sprach so ruhig fort, als ob sichs um irgendeine ganz abstrakte Frage handle, bei der niemand von den Anwesenden persönlich beteiligt wäre.
    »Es ist allerdings wahr«, sagte Quilp, »daß Ihr Großvater gegen Sie geltend machte, er habe Ihnen zu wiederholten Malen verziehen; er bezichtigte Sie der Undankbarkeit, Schlemmerei, Verschwendung und dergleichen Dinge; ich bedeutete ihm aber, daß dies ganz gewöhnliche Fehler wären. ›Aber er ist ein Schurke!‹ sagte er. ›Angenommen, es wäre der Fall‹, sagte ich, natürlich nur um der Argumentation willen, ›viele junge Edelleute und Gentlemen sind auch Schurken!‹ Aber er wollte sich nicht überzeugen lassen.«
    »Das nimmt mich in der Tat sehr wunder, Herr Quilp«, versetzte der junge Mann sarkastisch.
    »Nun, mir gings damals nicht anders«, entgegnete Quilp; »aber er war immer starrköpfig. Wir standen in freundschaftlichen Beziehungen, aber er erwies sich immer als eigensinnig und querköpfig. Die kleine Nell ist ein hübsches Mädchen, ein bezauberndes Mädchen, aber Sie sind ihr Bruder, Herr Friedrich. Sie sind im Grunde doch ihr Bruder, wie Sie ihm dies auch bei Ihrer letzten Zusammenkunft zu verstehen gegeben haben. Diese Tatsache kann er nicht ändern.«
    »Er würde es, wenn er könnte! Die Pest über ihn für diese wie auch für seine übrigen wohlwollenden Gesinnungen gegen mich!« rief der junge Mann ungeduldig. »Aber wozu das jetzt? Lassen Sie es in Teufels Namen auf sich beruhen!«
    »Zugegeben«, entgegnete Quilp, »von meiner Seite bereitwillig zugegeben. Was hat mich doch auch darauf gebracht? Richtig, Herr Friedrich, sehen Sie, ich wollte Ihnen nur zeigen, daß ich mich immer als Ihr Freund erwiesen habe. Sie wußten freilich wenig, wer Ihr Feind oder wer Ihr Freund war, oder wußten Sie es? Sie hielten mich für Ihren Gegner, und deshalb standen wir uns so kühl gegenüber; aber die Schuld lag ganz an Ihnen, durchaus nur an Ihnen. Geben wir uns wieder die Hand, Herr Friedrich!«
    Mit fast in die Schultern verstecktem Kopfe und einem grauenhaften Grinsen, das sein Gesicht überflog, stand der Zwerg auf und streckte seinen kurzen Arm über den Tisch. Nach einem kurzen Zögern streckte der junge Mann den seinigen gleichfalls aus, und Quilp packte seine Finger so fest, daß der Blutlauf für einen Moment gehemmt war; dann drückte er die andere Hand auf seine Lippen, warf dem ahnungslosen Richard einen finstern Blick zu, ließ dann Trent los und setzte sich nieder.
    Diese Gebärde entging Trent nicht, der, überzeugt davon, daß Richard Swiveller ein bloßes Werkzeug in seinen Händen war und nicht mehr von seinen Plänen wußte, als er ihm mitzuteilen für gut erachtete, nun sah, daß der Zwerg ihre Verbindung wohl verstand und den Charakter seines Freundes durchschaute. Es ist etwas Schönes darum, Anerkennung zu finden, und wäre es auch nur im Schurkenspiel. Diese stumme Huldigung, welche seinen überlegenen Fähigkeiten gezollt wurde, und das Gefühl einer großen Macht, mit der ihn des Zwergs rasche Auffassungsgabe bereits ausgestattet hatte, stimmten den jungen Mann günstig gegen diesen ehrenwerten Kobold und bewogen ihn, aus seiner Hilfe Nutzen zu ziehen.
    Quilps Rolle forderte jetzt, so schnell als tunlich den Gegenstand der Unterhaltung zu wechseln, damit Richard Swiveller
in seiner Kopflosigkeit nicht etwas enthüllte, das die Weiber nicht zu wissen brauchten,

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