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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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kränken und ihn unglücklich zu machen, so würde ich dich noch viel mehr liebhaben!«
    »Schon gut«, sagte der junge Mann, beugte sich gleichgültig über das Kind nieder und schob es, nachdem er es geküßt hatte, von sich. »So – jetzt kannst du gehen; du hast deine Lektion aufgesagt. Du brauchst nicht zu wimmern. Wenn du weiter nichts weißt, so kommen wir gut genug auseinander.«
    Dann schwieg er und folgte ihr mit den Augen, bis sie ihr kleines Zimmer erreicht und die Tür hinter sich abgeschlossen
hatte, worauf er sich an den Zwerg wandte und abgebrochen begann:
    »Hören Sie, Herr …«
    »Meinen Sie mich?« entgegnete der Zwerg. »Quilp ist mein Name. Sie können ihn leicht behalten, da er nicht lang ist – Daniel Quilp.«
    »So hören Sie denn, Herr Quilp«, fuhr der andere fort, »Sie haben einigen Einfluß auf meinen Großvater hier.«
    »Einigen«, entgegnete Herr Quilp mit Nachdruck.
    »Und wissen wohl ein wenig von seinen Geheimnissen?«
    »Ein wenig«, erwiderte Quilp ebenso trocken.
    »So mag er durch Sie ein für allemal erfahren, daß ich an diesem Orte, solange Nell hier ist, ein und aus gehen will, sooft es mir beliebt, und daß er zuerst sie entfernen muß, wenn er mich loswerden will. Was habe ich getan, daß man mich zu einem Popanz macht und mich scheut und fürchtet, als ob ich die Pest hätte? Er wird Ihnen sagen, daß mir das Gemüt fehle und daß ich mich um Nell, um ihrer selbst willen, ebensowenig als um ihn kümmere. Doch sei es drum. Ich leide nun eben einmal an der Grille, hier kommen und gehen zu können, wie ich will, um sie wenigstens an mein Vorhandensein zu erinnern. Ich will sie sehen, sooft es mir beliebt – darauf habe ich es jetzt abgesehen. Ich kam heute her, um meine Absicht durchzusetzen, und will noch fünfzigmal zu dem gleichen Zwecke und stets mit demselben Erfolg wiederkommen. Ich sagte, daß ich nicht von der Stelle gehe, ohne mein Vorhaben erreicht zu haben. Das ist jetzt geschehen, und mein Besuch ist zu Ende. Komm, Dick.«
    »Halt!« rief Herr Swiveller, als sich sein Kamerad der Tür zuwandte; »Sir!«
    »Gehorsamer Diener, Sir«, versetzte Herr Quilp, an den dieses einsilbige Wort gerichtet war.
    »Ehe ich diesen heiteren und festlichen Schauplatz, diese Hallen voll blendenden Lichts mit dem Rücken ansehe, Sir«, sagte Herr Swiveller, »will ich mit Dero gütiger Erlaubnis mir eine kleine Bemerkung gestatten. Ich kam heute in der Meinung hierher, daß der alte Mann freundlich sei.«
    »Weiter, Sir«, sprach Daniel Quilp; denn der Redner hatte plötzlich haltgemacht.
    »Inspiriert von diesem Gedanken und den dadurch geweckten Gefühlen, Sir, und zugleich als wechselseitiger Freund empfindend, daß Quälen, Hetzen und Renommieren nicht geeignet sind, die Seelen zu erweitern und die gesellige Harmonie der streitenden Parteien zu fördern, nahm ich es auf mich, einen Weg anzudeuten, welcher einzig und allein in dem gegenwärtigen Falle eingeschlagen werden kann. Wollen Sie mir erlauben, Ihnen eine halbe Silbe ins Ohr zu flüstern, Sir?«
    Ohne die nachgesuchte Erlaubnis abzuwarten, trat Herr Swiveller auf den Zwerg zu, lehnte sich an seine Schulter, beugte sich zu seinem Ohr herunter und sagte mit einer Stimme, welche allen Anwesenden vollkommen vernehmlich war:
    »Das Losungswort für den alten Mann heißt – blechen.«
    »Wie?« fragte Quilp.
    »Heißt blechen, Sir, blechen«, wiederholte Herr Swiveller, auf seine Tasche klopfend.
    Der Zwerg nickte. Herr Swiveller zog sich zurück und nickte gleichfalls, trat abermals einen Schritt nach der Tür und nickte nochmals und so fort, bis er endlich die Tür erreicht hatte, wo er durch einen kräftigen Hustenstoß die Aufmerksamkeit des Zwerges auf sich zu lenken und eine Gelegenheit zu gewinnen suchte, durch eine stumme Pantomime sein Vertrauen an den Tag zu legen und die unverbrüchlichste Zufriedenheit auszudrücken. Nachdem er dieses ernste Gebärdenspiel, welches zu geeigneter Erläuterung seiner Ideen nötig ge
wesen, beendigt hatte, folgte er den Fußtapfen seines Freundes und verschwand.
    »Hum!« sagte der Zwerg mit saurer Miene und einem Achselzucken, »das ist ja eine recht liebe Verwandtschaft. Gott sei Dank! Ich will von keiner etwas wissen. Und auch Sie hättens nicht nötig«, fügte er gegen den alten Mann gewendet hinzu, »wenn Sie nicht so schwach wären wie ein Rohr und fast ebenso unverständig.«
    »Und was sollte ich denn eigentlich tun?« versetzte dieser in einer Art hilfloser

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