Der Raritätenladen
Verzweiflung. »Es ist leicht, zu schwatzen und einen zu verhöhnen. Was hätte ich tun sollen?«
»Das nämliche, das ich in Ihrem Falle getan hätte«, entgegnete der Zwerg.
»Ohne Zweifel ein Gewaltstreich?«
»Erraten!« erwiderte der kleine Mann, höchlich über dieses Kompliment vergnügt – denn als ein solches betrachtete er es augenfällig –, indem er wie ein Teufel grinste und zugleich seine schmutzigen Hände rieb. »Fragen Sie die Frau Quilp, die hübsche Frau Quilp, die gehorsame, schüchterne, liebevolle Frau Quilp. Doch das erinnert mich … ich habe sie allein zu Hause gelassen, sie wird besorgt sein und keinen Augenblick Ruhe haben, bis ich wieder daheim bin. Ich weiß, es geht ihr immer so, wenn ich meine Wohnung verlasse, obgleich sie es nicht zu gestehen wagt, wenn ich sie nicht selbst dazu veranlasse und sie auffordere, frei heraus zu sprechen, unter Garantie meines Wohlwollens! Ach, die Frau Quilp ist eine gar wohlgezogene Frau!«
Das kleine Ungetüm sah mit seinem monströsen Kopfe auf dem verkrüppelten Rumpfe ganz entsetzlich aus, während es die Ballen seiner Hände langsam aufeinander hin und her drehte – es lag sogar in dieser unbedeutenden Bewegung etwas Phantastisches – und, die buschigen Brauen senkend und
das spitzige Kinn in die Luft schiebend, mit einem heimlichen Blick des Entzückens, um den ihn ein Kobold hätte beneiden können, in die Höhe schaute.
»Da«, fuhr er fort, indem er die Hand in seine Brusttasche steckte und, während er sprach, den alten Mann beiseite nahm, »ich habe es aus Furcht vor einem Unfall selbst mitgebracht; denn es ist Gold und dürfte daher für Nells Beutel etwas zu schwer und zu groß sein. Man sollte sie übrigens doch hin und wieder an solche Lasten gewöhnen, Nachbar, denn sie wird schwer daran zu schleppen haben, wenn Sie einmal tot sind.«
»Gebe es Gott – ich hoffe es«, sagte der alte Mann, und ich glaube, er seufzte dabei.
»Hoffe es?« wiederholte der Zwerg, indem er dicht an das Ohr des Alten trat. »Nachbar, ich wollte, ich wüßte, auf was für gute Hypotheken all diese Vorräte angelegt sind. Aber Sie sind ein verschwiegener Mann und wissen Ihr Geheimnis zu bewahren.«
»Mein Geheimnis?« rief der andere mit einem hohlen Blicke. »Ja, Sie haben recht – ich – ich – bewahre es sorgfältig – sehr sorgfältig.«
Er sprach nicht weiter, nahm das Geld und entfernte sich mit langsamen, unsicheren Schritten, während er mit der Miene der Ermattung und Trostlosigkeit die Hand auf die Stirn drückte. Der Zwerg sah ihm mit scharfen Blicken nach, als er in das kleine Hinterstübchen ging und das eben Erhaltene in eine eiserne Schatulle über dem Kamingesims verschloß. Nachdem er nachdenklich eine Weile auf und ab gegangen war, schickte er sich an, fortzugehen, indem er bemerkte, Frau Quilp werde bei seiner Rückkunft gewiß Krämpfe kriegen, wenn er sich nicht sehr beeile.
»Ich will daher«, fügte er bei, »mein Gesicht heimwärts drehen, Nachbar. Einen schönen Gruß an Nelly, und ich hoffe,
sie wird ihren Weg nicht wieder verlieren, obgleich ich diesem Umstande eine unerwartete Ehre verdanke.«
Mit diesen Worten verbeugte er sich mit einem Schielblicke gegen mich und ging seines Weges, wobei er mit seinem Falkenauge jeden, auch den unbedeutendsten Gegenstand, den es erreichen konnte, zu erfassen schien.
Ich hatte schon zu wiederholten Malen im Sinne gehabt, mich gleichfalls zu entfernen; aber der alte Mann hatte immer etwas einzuwenden und bat mich, zu bleiben. Da er, als wir allein waren, seine Bitten erneuerte und mit vielen Dankesworten auf den früheren Anlaß unseres Zusammentreffens zurückkam, gab ich bereitwillig seinem Zureden nach und nahm Platz, indem ich tat, als interessierten mich einige wunderliche Miniaturbilder und ein paar alte Medaillen, die er mir vorlegte. Es bedurfte keines sonderlichen Drängens, um mich zum Bleiben zu veranlassen; denn wenn meine Neugierde schon bei Gelegenheit meines ersten Besuches erregt worden war, so diente gewiß der zweite nicht dazu, sie zu vermindern.
Nell war wieder ins Zimmer getreten und hatte sich mit einer Handarbeit an der Seite des alten Mannes niedergesetzt. Es war ein Genuß, die frischen Blumen im Gemache und den Lieblingsvogel, dessen kleiner Käfig mit einem Zweig beschattet war, zu sehen und die jugendliche Frische zu atmen, welche das öde, alte Haus zu durchdringen und das Kind zu umschweben schien. Weniger angenehm, aber doch auch interessant war es,
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