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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Schlamm eingesunken waren, und verriegelte sie mit einem starken Querbalken. Sobald dies geschehen war, strich er sein filziges Haar aus dem Gesicht und erprobte den Widerstand seiner Verschanzung. – Stark und fest.
    »Die Umzäunung zwischen dieser Werft und der nächsten ist leicht zu übersteigen«, fuhr der Zwerg fort, nachdem er diese Vorsichtsmaßregeln getroffen hatte. »Von dort aus führt auch eine Hintergasse, die mag meinen Rückzug sichern. Man muß seinen Weg gut kennen, wenn man sich an diesem lieblichen Örtchen heute abend zurechtfinden will. Ich glaube, solange dieser Nebel anhält, habe ich keine unwillkommenen Besuche zu befürchten.«
    Es war jetzt bereits so finster geworden, und der Nebel hatte sich so sehr verdichtet, daß er sich fast genötigt sah, seinen Weg mit den Händen zu tasten, als er in seinen Bau zurückkehrte. Nachdem er ein Weilchen neben dem Feuer gebrütet hatte, traf er seine Vorbereitungen zu einer schleunigen Abreise.
    Während er einiges Notdürftige zusammenraffte und es in seine Taschen packte, hörte er nicht ein einziges Mal auf, leise mit sich selbst zu sprechen oder mit den Zähnen zu knirschen, die er fest zusammengepreßt, als er Miß Braß' Brief gelesen hatte.
    »O Sampson!« murmelte er, »trefflicher Ehrenmann, wenn ich dich nur umarmen könnte! Dürfte ich dich nur einmal
umschlingen und deine Rippen quetschen, wie ich sie quetschen könnte, wenn ich dich einmal umfaßt hätte; welch ein köstliches Wiedersehen würde das sein! Wenn wir uns je wieder begegnen, Sampson, so verlaß dich darauf, daß wir einen Gruß miteinander wechseln, den du nicht so leicht vergessen wirst! Diesen Zeitpunkt, Sampson, diesen Augenblick, da alles so gut abgelaufen war, hast du dir herrlich gewählt. Es war so rücksichtsvoll von dir, so reumütig, so edel. Ha, wenn wir in diesem Gemach wieder Angesicht gegen Angesicht stehen könnten, mein feigherziger Sohn des Gesetzes, wie glücklich würde einer von uns beiden sein!«
    Hier unterbrach er sich, setzte die Punschbowle an seine Lippen und tat einen langen, tiefen Zug, als wäre das Getränk nur klares Wasser, mit dem er seine trockene Zunge kühlen wollte. Dann setzte er sie plötzlich nieder, ging aufs neue an seine Vorbereitungen und fuhr in seinem Selbstgespräch fort.
    »Da ist Sally«, sagte er mit blitzenden Augen; »das Weib hat Mut, Entschlossenheit, Umsicht – schlief sie, oder war sie erstarrt? Sie hätte ihn erdolchen, vergiften können. Sie hätte voraussehen können, daß es so kommen mußte. Warum gibt sie mir erst Nachricht, nachdem es zu spät ist? Als er da saß, dort auf jener Stelle, mit seinem weißen Gesicht, seinem roten Kopf und seinem widerlichen Lächeln, warum wußte ich damals nicht, was in seinem Herzen brütete? Es hätte in jener Nacht zu schlagen aufgehört, wenn ich sein Geheimnis hätte ahnen können, oder es müßte kein Gift geben, um einen Menschen einzuschläfern, kein Feuer, um ihn zu verbrennen!«
    Ein anderer Zug aus der Bowle. Er kauerte mit wutverzerrtem Antlitz neben dem Feuer und fuhr fort zu murmeln:
    »Und diese wie jede andere Sorge und Ungelegenheit, die mir in der letzten Zeit bereitet worden, habe ich nur jenem alten Faseler und seinem Herzkäferlein zu danken; jenen zwei
elenden, gebrechlichen Wanderern! Aber ich will doch noch ihr böser Genius werden! Und du, süßer Kit, ehrlicher Kit, tugendhafter, unschuldiger Kit, sieh dich vor! Wo ich hasse, beiße ich. Ich hasse dich, mein teures Freundchen, mit gutem Grunde; und so stolz du auch heute abend sein magst, die Reihe wird wieder an mich kommen. – Was ist das?«
    Man pochte an das Tor, das er geschlossen hatte. Ein lautes und ungestümes Pochen. Dann eine Pause, als ob diejenigen, die geklopft hatten, innehielten, um zu horchen. Dann begann der Lärm aufs neue, noch lauter und heftiger als zuvor.
    »So bald schon?« sagte der Zwerg. »Und so eifrig? Ich fürchte, ihr werdet enttäuscht sein. Wie gut, daß ich völlig vorbereitet bin. Sally, ich danke dir!«
    Mit diesen Worten löschte er das Licht aus. In seinen ungestümen Versuchen, das Feuer auszulöschen, warf er den Ofen um, der nach vorn und auf die glimmende Asche stürzte, die bereits während des Sturzes herausgeschossen war. Das Gemach war in pechschwarze Nacht gehüllt. Da das Klopfen an dem Tore noch immer andauerte, tastete er sich zur Tür und trat ins Freie.
    In diesem Augenblick hörte das Pochen auf. Es war ungefähr acht Uhr, aber die schwärzeste Nacht

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